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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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zu dieser Zeit schon nicht mehr ihre Freundin gewesen war. Im Grunde war sie das nie gewesen. Doreen hatte sich nur mit ihr getroffen, weil Elsa ihr leidgetan hatte. Elsa schien so dringend eine Freundin zu brauchen, doch das Zusammensein mit ihr war meist fürchterlich gewesen. Immer musste Elsa bestimmen, bei allem die Beste sein. Und dann ihre Wutausbrüche, ihr ungeheurer Zorn, wenn etwas einmal nicht nach ihrer Vorstellung lief. Kein Wunder, dass sich die anderen Mädchen schnell von ihr abwandten. Außerdem war sie eine penetrante Klette. Elsa wollte Doreen mit Haut und Haar, ganz für sich allein. Wenn Doreen ihrer Mutter Irmgard von ihrem Kummer erzählte, hatte diese sie ermutigt, trotz allem freundlich zu bleiben. Doreen hatte wirklich nicht gemein zu diesem Mädchen sein wollen, das keiner mochte, aber das Freundlichbleiben war ihr von Tag zu Tag schwerer gefallen. Schon hatten die anderen begonnen, Doreen wegen ihres schrecklichen Schattens aufzuziehen. Irgendwann hatte sie es dann nicht mehr ausgehalten und zu einer List gegriffen. Doreen bekniete ihre Eltern so lange mit dem Wunsch, dass sie unbedingt reiten lernen wolle, bis die beiden ihr endlich nachgaben. Von da an verbrachte sie ihre Nachmittage mit anderen Mädchen bei den Pferden und schaffte es auf diese Art, die Klette abzustreifen. Als Elsa zudem auch noch anfing, abscheulich dick zu werden, hatte sich Doreen ihrer umso mehr geschämt. Selbst wenn sie einander zufällig begegneten, versuchte Doreen so zu tun, als hätte es die Nachmittagein ihrem Zimmer nie gegeben. Und später war da außerdem noch diese Sache mit Rainer und Torsten gewesen, die Elsa zugegebenermaßen übel mitgespielt hatten. Trotzdem hatte Doreen am lautesten dabei gelacht, für sie hatte dieses Lachen die endgültige Befreiung bedeutet. Sie hatte sich großartig gefühlt in diesem Augenblick. Nun war das Kleeblatt zu ihr zurückgekommen, und Rainer und Torsten lebten nicht mehr. Hatte Elsa es ihr als Zeichen gesandt? Doreen stand auf und versuchte, diesen Gedanken abzuschütteln. Warum musste sie sich auch immer in alles hineinsteigern? Die Kleeblattgeschichte war nichts weiter als ein seltsamer Zufall. Und wenn sie schlecht geschlafen hatte, dann nur deshalb, weil sie sich damals nicht fair verhalten hatte, das war alles. Wie auch immer, Martha würde in Zukunft keinen Schritt mehr ohne sie tun. Und Arno würde sie alles, was Elsa betraf, erzählen. Ihr Liebster würde schon in der Lage sein, sie zu beschützen, wenn es darauf ankäme.
    Der Winter war schließlich doch noch in den Norden zurückgekehrt. Gestern Abend hatte es zu schneien begonnen, und draußen war nun alles still und weiß wie auf einer Weihnachtspostkarte.
    Anna Greve gähnte und reckte sich ausgiebig. Vor ihr lag ein dienstfreies Wochenende. Mit dieser erfreulichen Aussicht vor Augen sprang sie aus dem Bett und ging in die Küche, um Kaffee zu kochen. Auch Tom war, wie es schien, bester Laune, weshalb Anna sich vornahm, einen neuen Versuch zu wagen. Wenn Tom ihr zeigte, dass er sie begehrte, würde sie schon einen Weg finden, sich mit seinem Verhalten gegenüber Ben und sogar mit Jans Anwesenheit über Weihnachten zu arrangieren. Aber bereits im nächsten Augenblick,als Ben die Treppe heruntergestürmt kam, hatte Anna ihr Vorhaben wieder vergessen. Wie eine Trophäe trug er stolz das blaue Basketballshirt über seiner Schlafanzughose.
    „Wie hast du es denn geschafft, deine Sachen wiederzubekommen?“
    Ben zwinkerte seiner Mutter zu und lächelte, bevor er wieder in sein cooles Gehabe verfiel.
    „Ist doch egal.“
    „Es interessiert mich aber.“
    In diesem Moment kam nun auch Tom nach unten, seine zärtlichen Hände auf ihrer Haut waren damit wieder einmal auf unbestimmte Zeit verschoben.
    „Was interessiert dich, Anna?“
    „Ich möchte wissen, wie Ben wieder an seine Baskettballsachen gekommen ist.“
    „Die Jungs sind ganz in Ordnung“, entgegnete Ben großspurig.
    „Gehört Florian eigentlich auch zu der Clique?“, fragte Anna in dem unguten Gefühl, dass sich bereits eine neue Facette ihres Problems mit Ben auftun könnte, noch bevor die erste gelöst war.
    „Nicht so richtig, aber was liegt heute an, Leute?“
    „Wir wollen nachher auf den Weihnachtsmarkt“, platzte Paul freudig heraus.
    Ben verzog angewidert das Gesicht.
    „Das ist doch was für Babys. Da komme ich sicher nicht mit.“
    Tom kitzelte seinen ältesten Sohn, bis er sich schließlich lachend auf den Boden fallen

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