Liebeskuenste
Gina« vor, und als wir endlich an unserem Tisch Platz nehmen, habe ich bereits unzählige Hände geschüttelt, und meine Gesichtsmuskeln schmerzen vom unentwegten Lächeln.
Allen Befürchtungen zum Trotz entpuppt sich mein sonst eher tollpatschiger Begleiter als fähiger Tänzer. Auf der Tanzfläche führt er mich mit leichter Hand und sicheren Bewegungen durch die Menge. Beim dritten Tanz zieht er mich zaghaft an sich und sein Mund streift wie unbeabsichtigt meine Schläfe. Vergebens versuche ich, ein wenig Abstand zu gewinnen; seine Arme halten mich umschlungen.
»Max, bitte drück mich nicht so fest an dich. Das ist mir unangenehm«, flüstere ich ihm ins Ohr. Sofort lockert sich sein Griff, betroffen sieht er auf mich herab.
»Entschuldige. Das wollte ich nicht.« Nun hält er mich mit steifen Armen von sich, immer auf den nötigen Abstand bedacht.
Ich spüre, dass ich ihn mit meiner unbedachten Bemerkung verletzt habe. An diesem Abend wird mir klar, wie sehr er sich mehr von mir wünscht als eine platonische Freundschaft.
Da ich Max auf keinen Fall wehtun möchte, muss ich ihm noch heute die Wahrheit sagen. Es ist unmöglich, ihn unter diesen Umständen weiterhin zu treffen. Ich bin nicht bereit für eine Partnerschaft, denn mein Herz hängt noch immer an Roman, von dem ich seit Wochen nichts mehr gehört habe. Schon der Gedanke an ihn stimmt mich traurig.
»Lass uns an die Bar gehen!«, wispere ich Max ins Ohr. Sofort lässt er mich los, und wir steigen nebeneinander her die Treppe nach oben, wo für diesen Abend eine »Dschungelbar« eröffnet hat.
Als Max sich mit den Getränken durch die Menge zu mir geschoben hat, stellen wir uns ein wenig abseits von der Menge.
Um mir Mut für das bevorstehende Gespräch zu machen, nehme ich erst einmal einen großen Schluck.
»Sex on the Beach!«, sagt Max neben mir.
»Wie bitte?« Mir bleibt das Getränk vor Schreck im Hals stecken.
»Der Cocktail heißt so.« Sein Ton klingt ironisch. »Oder hast du befürchtet, ich würde dich zu Liebesspielen am Strand auffordern?«
»So ein Quatsch!« Ich atme erleichtert auf. Genau das hatte ich für einen Moment gedacht. »Max, ich glaube, ich muss dir etwas erklären …«
»Du musst nichts erklären«, unterbricht er mich. »Meinst du, ich merke nicht, dass ich für dich nur ein Kumpel bin, mit dem man ab und zu einmal einen netten Abend verbringt? Als Mann bin ich für dich doch völlig uninteressant!« Diese Erkenntnis klingt bitter. »Das wusste ich vom ersten Tag an, aber hoffen darf man ja …«
»Ach, Max.« Am liebsten würde ich ihn in den Arm nehmen und an mich drücken, aber das wage ich nicht. »Es tut mir so leid! Aber man kann seine Gefühle nicht steuern. Wenn ich dazu fähig wäre, wärst du meine erste Wahl.«
»Aber so, wie die Dinge liegen, bin ich deine letzte.« Er stellt sein Glas ab und wendet sich zum Gehen. Seine Augen haben ihr Strahlen verloren, seine Miene ist finster. »Okay, das war ein netter Abend, bisher jedenfalls. Danke, dass du mich begleitet hast. Aber mir ist die Lust zu feiern gründlich vergangen. Komm.« Er fasst mich am Ellbogen. »Ich bringe dich zu deinem Auto.«
Bekümmert schleiche ich neben ihm her zum Ausgang. Wir schütteln uns die Hand wie Fremde. Bevor ich in meinen VW-Käfer steige, drehe ich mich zu ihm um und will ihm noch etwas sagen, doch er geht schnell davon, wortlos und ohne einen Blick zurück.
Wie schaffst du es nur, einen Mann nach dem anderen zu vergraulen?, frage ich mich. Hättest du dir nicht einen anderen Zeitpunkt für dein Geständnis wählen können?
Mein schlechtes Gewissen meldet sich lautstark, und es tut mir unendlich leid, damit ausgerechnet beim Examensball herausgeplatzt zu sein. Am meisten aber habe ich Mitleid mit Max, dessen Hoffnungen ich mit wenigen Sätzen zerstört habe.
In dieser Nacht finde ich keinen Schlaf. Immer wieder greife ich zum Telefon, um Max anzurufen, immer wieder schrecke ich davor zurück. Was soll ich ihm bloß sagen? Wie konnte ich ihn nur so verletzen! Auch der Streit mit meinen Eltern liegt mir schwer auf der Seele, und ich nehme mir vor, mich bei nächster Gelegenheit bei ihnen zu entschuldigen.
Um fünf Uhr morgens hole ich meinen Laptop ins Bett, lege ihn mir auf die Knie und schreibe eine lange Entschuldigungsmail an Max, in der ich versuche, ihm meine Empfindungen zu erklären. Noch während ich sie abschicke, hoffe ich, damit die Sache nicht verschlimmert zu haben.
Ich bin schon seit Stunden in
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