Liebeskuenste
Abend kann ich meinen ersten Erfolg verbuchen.«
»Ja, du machst das wirklich gut! Ich hab dich bei der Präsentation beobachtet, du und Xenia, ihr seid ein gutes Team. Zwei starke, selbstbewusste Frauen!« Ich höre das Lächeln in seiner Stimme.
»Danke auch, dass du mich an deine Freundin Xenia weiterempfohlen hast. Auf diese Weise hast du ebenfalls ein wenig Anteil an diesem gelungenen Abend.«
»Gina …« Abrupt bleibt er stehen und greift nach meiner Hand. »Hören wir doch auf mit diesem dummen Geplänkel! Eigentlich sind es ganz andere Dinge, die ich dir sagen möchte. Natürlich freut es mich, dass du dich beruflich auf der Überholspur befindest, aber …« Er bricht ab.
Obwohl ich gespannt seinen nächsten Worten entgegenfiebere, halte ich den Mund und warte.
Dieses Mal dauert das Schweigen lange. Der sonst so eloquente Roman kämpft mit sich und den richtigen Worten.
Als er schließlich weiterspricht, muss ich mich zu ihm beugen und anstrengen, jedes Wort zu verstehen, so flach klingt seine Stimme:
»Ich weiß, dass ich mich dir gegenüber weder fair noch korrekt verhalten habe. Ich entschuldige mich dafür. Manchmal überkommt es mich, dann bricht sich der Macho in mir Bahn, und ich benehme mich wie die Axt im Walde.«
»Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich dich nicht mehr sehen wollte«, wende ich ein.
Wieder schweigt er, und ich kann förmlich hören, wie er um die passenden Worte ringt.
»Ich weiß, es war die Szene, die Naomi in diesem Lokal gemacht hat. Du hast dich sicher gefragt, warum ich dir nie von ihr erzählt habe.«
»Das hast du durchaus richtig erkannt.« Ohne es zu wollen, klingt meine Stimme kalt. »Deine Lebensgefährtin – von der ich bis dahin nichts wusste – erwartet ein Kind von dir und wählt ausgerechnet ein Münchener Szene-Lokal, um dich – und mich – über ihre Schwangerschaft zu informieren. Da habe ich mir natürlich einige unangenehme Fragen gestellt und mich gewundert, warum du es nie für nötig gefunden hast, mit mir darüber zu sprechen. Wäre nicht jetzt eine gute Gelegenheit dafür? Ich denke, du schuldest mir eine Erklärung.« Obwohl ich schon längst die Wahrheit kenne, bin ich neugierig auf Romans Ausführungen.
Er zögert, doch dann beginnt er zu erzählen:
»Naomi und ich kennen uns schon seit vielen Jahren. Es war während meiner Studienzeit in Berlin, als wir uns das erste Mal über den Weg liefen. Sie kommt aus einer sehr wohlhabenden Familie, ihr Vater ist ein bedeutender amerikanischer Kunstsammler, ihre Mutter eine japanische Bildhauerin. Ihr Vater stattete meinem damaligen Professor einen Besuch an der Kunstakademie ab, in Begleitung seiner Tochter. Der Professor hat die beiden in dem Atelier empfangen, wo wir, seine Studenten, an unseren Bildern arbeiteten. Naomis Vater sprach mich an; mein Bild gefiel ihm. Er lud mich zu einem Gartenfest in seinem Haus ein, und bei dieser Gelegenheit machte sich Naomi an mich heran. Sie hat mich regelrecht vergewaltigt an diesem Abend; sie ließ mir keine Chance, Nein zu sagen.«
Ungläubig schnalze ich mit der Zunge.
»Ja, ja! Du kannst dir das wahrscheinlich nicht vorstellen, aber ich war damals kaum zwanzig Jahre alt und ziemlich weltfremd. Naomi war siebzehn, und das durchtriebenste Luder, das ich je kennengelernt habe. Sie kannte schon damals jeden Hurentrick und wusste, wie sie jeden einzelnen zu ihrem Vorteil und Vergnügen einsetzen konnte. Sie war ein richtiger Teufel, hemmungslos und verdorben.« Er seufzt bei dieser Erinnerung.
»Der Sex mit ihr war wie eine Droge. Kaum hatte sie mich das erste Mal in ihr Bett gezerrt, da wollte ich mehr, und immer mehr! Jahrelang war ich ihr regelrecht hörig!«
Obwohl mir dieses Geständnis einen Stich versetzt, bin ich gespannt auf die Fortsetzung.
»Das Verhältnis wurde immer verrückter. Sie klebte an mir, hat mich keinen Moment aus den Augen gelassen, war immer in meiner Nähe! Mir blieb kein Raum mehr zu atmen, zu arbeiten und zu leben. Schließlich habe ich diesen Kreis durchbrochen, indem ich ohne ihr Wissen nach München gegangen, ach, was sage ich, geflüchtet bin.« Roman atmet tief durch.
»Doch es hat keine zwei Wochen gedauert, bis sie mich aufgespürt hatte! Sie hat mich belagert, vor meiner Haustür gewartet, bis ich aus der Akademie nach Hause kam, stundenlang in meiner Stammkneipe gesessen, mich pausenlos mit Anrufen verfolgt. Sie hat mich regelrecht gestalkt. Als ich ihr schließlich sagte, dass ich so nicht mehr
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