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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Eingangsdiagnostik stand: Lukas Feller ist intelligent und manipulativ, aber auch eitel. Er besitzt ein ausgeprägtes Selbstvertrauen, das gelegentlich in Selbstüberschätzung umkippt. Es mangelt ihm deutlich an Empathie, wodurch die Hemmschwelle für Gewalttaten herabgesetzt wird. Der Grund hierfür liegt vermutlich im Aufwachsen in einer deprimierenden Umgebung, in der Verrohung und Gewalt als Konfliktlösung vorgelebt wurden. Inwieweit sich sein zehnjähriger Aufenthalt bei der Fremdenlegion verstärkend darauf auswirkte, kann nur spekulativ beantwortet werden, da Herr Feller über diese Zeit nicht spricht. Aufgrund seiner Unfähigkeit, innere Anteilnahme zu empfinden, lebt er in einer permanenten inneren Isolation. Er ist jedoch in der Lage, aus dem Verhalten seiner Mitmenschen zu lernen, um Gemütsbewegungen vorzutäuschen. Er studiert bevorzugt Menschen in Extremsituationen. Dazu bot ihm vor seiner Haft der Beruf des Kommunikationstrainers die besten Gelegenheiten … Ihr Blick schweifte ab, sie kannte den Inhalt. Befunde wie diesen bekam sie hier öfter zu lesen. Aber Männer wie Lukas Feller gab es nicht viele, weder hier drinnen, noch draußen. Man würde diese Klosa im Auge behalten müssen. Es wäre nicht das erstemal, daß sich weibliches Personal in einen Häftling verguckte.
    Jemand klopfte.
    »Ja, bitte!«
    Die Tür wurde geöffnet, draußen standen Marion Klosa und Lukas Feller.
    Wieso jetzt schon?
    »Ich dachte, ich bringe ihn besser gleich, weil meine Schicht bald zu Ende ist«, entschuldigte Klosa ihre eigenmächtige Planänderung.
    Treeske drückte ihre Zigarette aus. »Meinetwegen«, sagte sie mit unterdrückter Wut. Sie hatte sich auf die Begegnung in Ruhe vorbereiten wollen. Beiläufig klappte sie den Ordner zu und legte ihn hinter sich auf die Ablage neben die Kaffeemaschine und den Umschlag mit dem Zopf.
    »Lassen Sie Herrn Feller und mich bitte allein.«
    Klosa runzelte irritiert die Stirn. »Soll ich nicht lieber …? Oder wenigstens Handschellen?«
    »Nein.«
    »Auf Ihre Verantwortung.« Marion Klosa wandte sich um und schloß ohne Gruß die Tür hinter sich.
    Lukas Feller setzte sich auf den Besucherstuhl, einen schwarzledernen Freischwinger, faltete die Hände im Nacken und wippte verspielt, während er sich eingehend umschaute.
    »Nettes Büro, Treeske.«
    Der Umschlag, den Franziska für Mathilde abgegeben hatte, enthielt eine Ausgabe des Spiegel vom Oktober 1996.
    Bin ich dämlich, durchfuhr es Mathilde. Wozu im Internet forschen, wenn man eine Mutter hat, die nichts wegwerfen kann.
    Obwohl Mathilde um diese Zeit nie Alkohol trank, goß sie sich nun ein Glas Chardonnay ein und setzte sich damit an den Küchentisch. Die Seiten des Magazins waren an den oberen Rändern stark vergilbt. Typisch für Papier, das in Raucherwohnungen lagerte.
    Sie betrachtete zunächst die Bilder. Eines der schwarzweißen Fotos stammte aus dem Jahr 1963: Im Hintergrund ein schmales Reihenhäuschen aus den Fünfzigern. Davor hatte sich die Familie formiert. Die Mutter hatte ihr blondes Haar zu einer modischen Helmfrisur toupiert. Sie wirkte dünn, ihr Lächeln müde. Ihre rechte Hand ruhte auf dem Griff eines Kinderwagens, mit der anderen hielt sie ein Baby mit einer weißen Mütze über ihre Schulter. Es drängte sich die Frage auf, warum die Mutter ihr Kind nicht mit dem Gesicht in die Kamera hielt, wie es Mütter bei solchen Gelegenheiten normalerweise zu tun pflegen. Sie war einen Kopf kleiner als ihr schnauzbärtiger Mann, der breit grinste. Sein feistes Gesicht wurde von Koteletten eingerahmt. Er hatte die Daumen in den Gürtelschlaufen, war etwas übergewichtig und strotzte vor Selbstbewußtsein. Der blonde Junge am rechten Bildrand war etwa drei. Halb versteckt hinter dem Kinderwagen schaute er gleichgültig in die Kamera.
Manchmal war er mir unheimlich …
Versuch einer Annäherung an einen verurteilten Mörder
Nein, über die Familie Feller wissen nicht einmal die viel zu sagen, die seit über vierzig Jahren in der Siedlung in Celle wohnen. »Die gingen einem nach Möglichkeit aus dem Weg«, sagt einer der Nachbarn, ein Mann im Rentenalter, und seine Frau nickt dazu.
Der Vater ein Maurer, die Mutter Hausfrau, zwei Söhne. Die damalige Praktikantin des Kindergartens erinnert sich vage an Lukas, den Vierjährigen. »Ein knappes halbes Jahr haben wir es mit ihm versucht. Dann war Schluß. Er kam einfach nicht gut aus mit den anderen«, sagt sie und zuckt hilflos die Schultern. »Er hatte etwas

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