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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Zerstörerisches.« Und dann stehen sie doch im Mittelpunkt, die Fellers, sogar in der Zeitung: Im Januar 1968 ertrinkt Frank, der behinderte Sohn der Fellers, im Alter von fünf Jahren in einem nicht vollständig zugefrorenen Teich. Sein Bruder Lukas hätte auf ihn aufpassen sollen. Zu viel verlangt von einem Achtjährigen, urteilt die Staatsanwaltschaft und erhebt Klage gegen die fahrlässigen Eltern. Nach dem Tod des Jüngsten zieht sich die Familie noch mehr zurück. Lehrer der Realschule und ehemalige Schulkameraden
beschreiben den Jugendlichen Lukas als ruhig und introvertiert. »Wenn man ihn reizte, holte man sich allerdings rasch eine blutige Nase«, erinnert sich ein ehemaliger Mitschüler. Lukas Feller weiß demnach früh, wie man sich Respekt verschafft. Enge Freunde hat er nicht.
     
    Mathilde mußte an ihre eigene Kindheit denken. Auch sie war eine Einzelgängerin gewesen. Doch sie hatte, soweit sie sich erinnerte, nie darunter gelitten, keiner dieser kichernden Mädchencliquen anzugehören. Sie war eine sehr gute Schülerin gewesen. Das hatte ihr Respekt verschafft. Respekt war ihr stets wichtiger gewesen als Zuneigung und brüchige Freundschaften. Sie las weiter:
Zwei Jahre später ereignet sich erneut ein Todesfall in der Familie Feller. Der Vater verunglückt durch einen Sturz auf der Kellertreppe. Die Restfamilie lebt von da an von der kleinen Rente und den Putzjobs der Mutter. Mit sechzehn beendet Lukas Feller die Realschule mit einem guten Zeugnis und beginnt eine kaufmännische Lehre beim örtlichen Energieversorger. Unterbrochen von achtzehn Monaten Wehrdienst holt er das Abitur in Abendkursen nach. Danach fängt er in Hannover das Studium der Psychologie an. Er bedient in Kneipen und jobbt in den Semesterferien als Animateur. Bis heute weiß niemand, warum der Zweiundzwanzigjährige im Herbst 1981 per Anhalter nach Frankreich reist, die nächstbeste Polizeistation aufsucht und in magerem Französisch sein Anliegen vorträgt. Drei Jahre vergehen, bis seine Mutter eine Karte von ihm aus Beirut erhält. Er ist Légionnaire de 2e classe , ein einfacher Legionär der Französischen Fremdenlegion. Erst zehn Jahre später, am Ende des Golfkriegs, scheidet Lukas Feller als Unteroffizier aus der Legion aus. Hierauf mietet er einen Seminarraum an, obwohl der Jungunternehmer mit seinen Klienten am liebsten im Freien arbeitet: Er unternimmt Zeltwanderungen im Deister und im Harz, jagt müde Manager über Hochseilgärten und durch Steinbrüche. Das Programm des selbsternannten Motivationstrainers Lukas Feller ähnelt der Grundausbildung der
Legion: Befehl und Gehorsam, Drill und Mutproben, Bestrafungen für Kleinigkeiten. So mancher Büromensch findet darin seine Erfüllung. Bei Frauen kommt das Legionärsgebaren erst recht an. Rasch hat sich Feller einen Namen gemacht. Ansässige Firmen wie Conti, Gilde und Bahlsen schicken ihre Mitarbeiter in seine Seminare. Er stellt eine Sekretärin ein, Psychologiestudenten arbeiten stundenweise als freie Mitarbeiter für ihn. Sein Buch Lamm oder Wolf – wie man seine Kräfte weckt und einsetzt hält sich im Frühjahr 1994 etliche Wochen in den Sachbuch-Bestsellerlisten. »Er testete gern Grenzen aus, seine und die der anderen. Er ließ die Leute abartige Sachen machen, vor allem Frauen«, sagt eine ehemalige Mitarbeiterin, die nicht genannt sein möchte, und fügt hinzu: »Manchmal war er mir unheimlich.«
Unter die Kategorie »abartige Sachen« fällt wohl auch jene illegale Schlachtung eines Schafes, zu der er eine Seminaristin treibt. »Ich weiß nicht, wie ich so etwas tun konnte. Er hatte eine seltsame Macht über mich«, sagt die Frau, eine tierliebende Veganerin, rückblikkend. »Ich habe noch heute furchtbare Träume deswegen.« Ein sensibler Klient bringt die Tat zur Anzeige, und Feller erhält eine Geldstrafe. Feller mietet eine großzügige, repräsentative Altbauwohnung im Stadtteil Hannover-List an und läßt sie von einem Innenarchitekten einrichten. An seinen privaten Wohnraum stellt er hingegen keine Ansprüche. Über einen Strohmann kommt er im Frühjahr 1994 in einem Studentenwohnheim in Herrenhausen unter. Anfang September 1994 verschwindet Johanna Gissel, 23, Studentin der Romanistik. Ihr Apartment liegt auf demselben Stockwerk wie das von Lukas Feller. Im Rahmen der polizeilichen Routine wird er als Nachbar befragt. Natürlich kennt er Johanna Gissel, er habe ihr sogar gelegentlich seinen Staubsauger geliehen. Hin und wieder ein Kaffee und ein

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