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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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Himmels, der mich begleitet, und ich weiß, das ist das Zeichen, mit dem sie mich daran erinnert, daß ich so sein soll wie er, weit und voller Erbarmen, niemand wird mich verletzen können, so wie niemand den Himmel verletzen kann.
    Als ich mit schnellen Schritten auf die Tür des Heims zugehe, glaube ich Blicke im Rücken zu spüren und drehe mich schnell um, oft genug hat sich hier ein taubstummer Mann versteckt, dessen Freundin bei uns Schutz sucht, er verfolgt sie, droht, sie zu töten, wenn sie das Baby weggibt, und es hat auch schon Eltern gegeben, die hier auf ihre Tochter gelauert haben, doch heute ist niemand zwischen den Büschen zu entdecken, nur etwas weiter überquert ein Mädchen die Straße. Sofort betrachte ich ihre Taille, ob sich dort ein Geheimnis verbirgt, ich sehe nichts, aber das will noch nichts heißen, der Körper versteht es, zu lügen, begeistert schließt er mit der Seele einen Pakt. Ich möchte sie ignorieren, sie treibt sich einfach in der Gegend herum, aber ihr Blick wendet sich an mich, läßt nicht locker, und ich mache einen Fehler und lächle ihr zu, mir ist sofort klar, daß das ein Fehler ist, denn jede, die zu uns kommt, muß diesen Weg aus eigener Kraft gehen, außerdem habe ich es wirklich eilig, ich muß zur Mitarbeitersitzung, aber die göttliche Gnade umhüllt mich, und da kommt sie schon mit schnellen Schritten auf mich zu. Sie ist schwanger, man sieht es an der Vorsicht, mit der ihre Füße die Straße berühren, an dem weinerlichen Lächeln, dem Lächeln einer unglücklichen Schwangerschaft, ganz anders als das fette Lächeln einer herbeigesehnten Schwangerschaft, ich schaue auf die Uhr, schon halb neun, jetzt fängt die Sitzung an und Chawa betrachtet sicher bereits vorwurfsvoll meinen leeren Stuhl, ich aber betrachte die Schritte des Mädchens, die sich auf mich zu bewegen, und mein Herz öffnet sich ihr, sie ist nicht ganz so jung wie die meisten, die zu uns kommen, sie sieht aus, als sei sie mindestens Mitte zwanzig, sie ist gut angezogen, trägt ein kurzes schwarzes Kleid und dazu passende Sandalen mit Absätzen, ihre roten Haare sind sehr kurz geschnitten, fast abrasiert, die vollen Lippen glänzend rot angemalt, im gleichen Farbton wie ihre Haare, was sucht sie bei uns, das ist nichts für sie, sie kommt aus einer anderen Sphäre, ich gehe ihr so natürlich entgegen, als wären wir verabredet, und treffe sie auf halbem Weg, kann ich Ihnen helfen?
    Sie sind von dort, nicht wahr, fragt sie drängend und blickt mit sanften Bambiaugen zu unserer Tür hinüber, ja, sage ich, ich arbeite im Heim, und sie atmet schwer, schon seit zwei Tagen treibe ich mich hier herum und kann mich einfach nicht entscheiden, ob ich hineingehe oder nicht, ich habe Angst, daß Sie mich dann, wenn ich das Haus betrete, nicht mehr gehen lassen, und ich protestiere, wieso denn, niemand wird gezwungen, bei uns zu bleiben, das ist doch kein Gefängnis. Und was machen Sie mit den Babys, fragt sie mit einer vor Anstrengung verzerrten Stimme, und ich sage, in den meisten Fällen werden sie zur Adoption freigegeben, aber auch das ist kein Zwang, und sie fragt, und wenn eine Frau das Kind behalten will, darf sie das, zwingt man sie dann nicht, darauf zu verzichten? Ich bin gewöhnt an solche Fragen, aber heute kommen sie mir so neu vor wie die Fragen, die mir Sohara am frühen Morgen gestellt hat, was tust du gerne, welches ist deine Lieblingsfarbe, hast du lieber Hitze oder Kälte, und ich sage, wenn Sie das Kind aufziehen wollen und wir den Eindruck haben, daß Sie es schaffen, gibt es kein Problem, wir werden Ihnen helfen.
    Sie weicht zurück, und ihr schönes Gesicht rötet sich, was heißt das, wenn Sie den Eindruck haben, und wenn Sie nicht den Eindruck haben, nehmen Sie mir das Kind dann weg? Ich erkläre es ihr, wir können nur beraten, letztlich entscheidet das Gericht zum Wohle des Kindes, aber soweit kommt es nur in den schlimmen Fällen, und sie sagt, dann ziehe ich es vor, das Haus nicht zu betreten, so bin ich frei, mit welchem Recht werden Sie über mich entscheiden, und ich sage, das hängt von Ihren Möglichkeiten ab, die meisten Mädchen hier haben keine Wahl, sie haben keinen Ort, wo sie während der Schwangerschaft sein können, und sie haben auch keine Möglichkeit, die Kinder selbst aufzuziehen, natürlich ist es besser als alles andere, wenn Sie Ihr Kind selbst aufziehen wollen, wir werden Ihnen dabei bestimmt nicht im Weg stehen, im Gegenteil. Ich werfe einen Blick auf die

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