Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
werden uns nicht wiedersehen, flüstere ich, und er sagt, warum nicht, es hängt nur von dir ab, und ich schüttle den Kopf, Tränen fließen mir aus den Augen, ich schaue ihn an, ich muß weitergehen, allein, kein Mann wird die Leere ausfüllen, es ist nicht die Leere, die Udi zurückgelassen hat, sondern die Leere, die ich selbst in mein Leben gebracht habe, ich, die ich ihn gewählt habe und nicht mich, als wir beide sehr jung waren, ich habe ihn gewählt, um ihm meine eigenen Kräfte überzustülpen, um mich von meinen eigenen Erlebnissen abzulenken, von allem, was ich an Lebendigem und Flehendem in mir vergraben habe. Es ist kein Wunder, daß er mich verlassen hat, denn ich habe mich ja selbst aufgegeben, vor vielen Jahren schon, eine nicht weniger grausame Handlung, die eigentlich die Ursache für seine eigene war. Ich betrachte den offenen Mund vor mir, die weißen Zähne, die Falten zwischen den Augen, schräg eingeritzt, präzise wie alte hebräische Schriftzeichen, nie werde ich versuchen, mein Schicksal in diesem Gesicht zu entziffern, die Bewegungen meines Lebens in den Wellen der Lust, die es überfluten, diese Falle ist nicht für mich bestimmt. Er lacht und versucht, mich von sich abzuschütteln, ich muß dich hungrig lassen, damit du wiederkommst, sagt er, aber ich lasse ihn nicht los, ich reiße ihm das Hemd herunter, die Zufälligkeit des Augenblicks weckt klebrige, laute Lust in mir, seine Schokoladenschultern zerfallen zu lauter Würfeln, es lohnt sich nicht, einen Turm zu bauen, jeder Turm zerfällt letztlich, je höher er ist, um so bedrohlicher wird sein Sturz, ich bin froh, daß ich mich mit süßen Würfeln zufriedengeben kann, schon das ist mehr, als mir zusteht, nichts steht mir zu, und das ist gut so, wie angenehm ist es doch, die bedrückende Sehnsucht nach Gerechtigkeit aufzugeben, wie angenehm ist es, die Hände zu heben, in völligem Einklang mit dem Zerfall der Realität.
Mit plötzlichem Appetit lecke ich seinen Bauch, sein Fleisch ist warm und brünstig, unsere Zähne treffen sich in einem langen Biß, ein Zahn unter dem anderen, warum soll man sich verstellen, nur der Schmerz tröstet, seine Zähne wandern über meinen Körper, über den schmalen Knöchel, da habe ich mir eingebildet, den Biß des Hundes zu spüren, jetzt spüre ich den Wonneschauer, der mir über den Rücken läuft. Seine Hände drängen zwischen meine Oberschenkel, machen Platz für seine Finger, für seine Zunge, es ist, als wollte er meinen Körper in zwei Hälften spalten, warum schläfst du mit mir, fragt er plötzlich, seine Hand zögert, bringt das Tier der Unzucht zum Schweigen, rede schon, er drängt mich, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, ich habe ein neues Baby, ich habe eine Frau und Kinder, und ich flüstere, einfach so, ich schlafe einfach so mit dir, ohne Grund, und er lächelt zufrieden, stopft mir mit seinem Schwanz den Mund, der vor Vergnügen stöhnt, ich habe das Gefühl, ich müßte in Weinen ausbrechen, aber ein wildes Lachen erfüllt mich, noch nie im Leben habe ich mir erlaubt, etwas einfach so zu tun, immer hatte ich ein Ziel vor Augen, und er keucht über mir, das Gesicht zu den nackten Hügeln gewendet, und sie werfen ein seltsames Licht zurück, das schwache und irritierende Licht eines Mondes am Mittag, einfach so, flüstert er mir in den Mund, ich liebe diesen Ausdruck, und dann erstarrt er plötzlich, Blässe breitet sich auf seinem Gesicht aus, wie Udis Blässe in den Tagen seiner Krankheit, und dann sinkt er mit einem erleichterten Seufzer auf meine Brüste. Nicht schlecht, keucht er, du lernst schnell, Na’ama, du hast noch Chancen.
Gleich werden wir aufstehen und unsere Knochen sammeln, wie man Gegenstände einsammelt, die in einer Wohnung herumliegen, wir werden das Musterlaken vom Bett ziehen und es mit vier Händen ausschütteln, wir werden unsere Kleidungsstücke entwirren, die sich zu einem bunten Haufen vermischt haben, und dann werden wir das neue Viertel der Gnade der Planierraupen und dem Schlagen der Hämmer und den langen Schatten der Baukräne überlassen, und an der Tür wird er zu mir sagen, wenn dein Mann zurückkommt, solltet ihr in eine neue Wohnung ziehen, ich werde sie gerne für euch planen, schau nur, was für ein Schlafzimmer ich dir herrichten werde, und ich werde sagen, er kommt nicht zurück, warum sollte er zurückkommen?
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20
Entweder wartet sie auf mich, oder sie steht nur zufällig in der Tür zum Heim, ich weiß es nicht, eine mütterliche
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