Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
ausgebrochen sind und sich gegenseitig den Arm um die Schultern gelegt haben.
Ich strecke mich auf dem breiten Fensterbrett aus, wie ein Federbett, das man für den Winter lüftet, und ich habe das Gefühl, als könnte mich der leichteste Wind hinunterwehen, aber kein Windhauch ergreift mich, unter mir spielt sich der Alltag ab, und ich wende den Blick zum Wohnzimmer, zu den leichten Sesseln, den paar Spielsachen auf dem Teppich aus orangefarbenem Baumwollstoff, den wir einmal vom Sinai mitgebracht haben, an der Wand gegenüber das Bild der Pariserin, ein blasses Gesicht mit roten Lippen, die schwarzen Haare zu einer sorgfältigen Frisur gekämmt, mit stolzem Blick und starkem Kinn, eine ferne Frau, eine Adlige, was habe ich mit ihr zu tun, und für einen Moment kommt es mir vor, als würde alles wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehren, wenn ich nur lange genug hier liegen bliebe, am Mittag wird Amnon durch die Tür kommen, er wird Gili von seinen Schultern heben wie einen Ranzen, und ich werde den plappernden Jungen in die Arme nehmen, werde mir gierig seine Geschichten anhören und wieder das Glück empfinden, all seinen Erwartungen zu entsprechen, all seine Wünsche zu erfüllen.
Wir werden den ganzen Nachmittag zusammen spielen, ich werde für ihn neue Vergnügungen erfinden, wir werden gemeinsam Süßigkeiten essen und Amnon wird uns träge zuschauen, du bist selbst noch ein kleines Kind, wird er sagen, du bist noch nicht erwachsen geworden, sei froh, dass ich dir ein Spielzeug gemacht habe, er wird mich auf seine Art verspotten, und ich werde ihn sofort zum Schweigen bringen, damit Gili nicht den Staub der Eifersucht in die Nase bekommt, und erst wenn er das Haus verlässt, um seine Angelegenheiten zu erledigen, werden wir frei atmen können, und so wird dieser Tag in vertrauten Bahnen verlaufen, selbst jetzt steht es nicht in meiner Macht, ihn schöner zu machen. Denn auch wenn wir es mal geschafft haben, bis zum späten Abend nicht zu streiten, bis der Junge nach endlosen Zeremonien der Teufelsvertreibung endlich eingeschlafen war, ging ich gleich ins Bett, und Amnon protestierte, was ist mit dir, komm, bleib noch ein bisschen bei mir sitzen, und ohne eine Antwort abzuwarten, griff er schon an, für Gili hast du genug Kraft, nur wenn es um mich geht, bist du immer müde.
Vermutlich bist du anstrengender als er, antwortete ich sofort, also, was willst du von mir, aber er ließ nicht locker, er folgte mir mit seinen schlurfenden Schritten ins Schlafzimmer, hast du schon vergessen, was zwischen Mann und Frau passiert, sagte er, während ich mich auszog, wundere dich nicht, wenn ich meine Bedürfnisse außerhalb des Hauses stille, du hast diese Wohnung in eine Krabbelstube verwandelt, wir sind eine Familie, und die Basis einer Familie ist ein Paar, weißt du überhaupt noch, was das ist, ein Paar? Ein Mann und eine Frau, die miteinander schlafen, die ganz allein für ein paar Tage wegfahren, die sich für einander interessieren, nicht nur beim Verteilen der täglichen Aufgaben, wann hast du zum letzten Mal echtes Interesse an meinem Leben gezeigt?
Ich wies ihn mit kalter Stimme zurück, hör auf mit deinen Moralpredigten, du erwartest doch nicht, dass ich mir mein ganzes Leben lang deine Vorträge anhöre, wie meine Mutter es bei meinem Vater tut, ich bin an Gegenseitigkeit interessiert, wenn du dich für mich interessierst, interessiere ich mich auch für dich, jahrelang habe ich mich angestrengt, ohne dass etwas dabei herausgekommen ist, und als er sich neben mir auszog, betrachtete ich ihn verwundert, wie ist das passiert, dass sein Körper die starke Anziehungskraft verloren hat, die er einmal für mich ausübte, wie hat er sich in einen Haufen Klagen und Forderungen verwandelt, und ich zog mir die Decke bis zum Hals, damit es ihm ja nicht einfiel, mich zu berühren, und neben mir lag auch die Frage, die wuchs und wuchs wie ein gut genährtes Tier, ob mein Leben wirklich so aussehen sollte, ob ich das wirklich gewollt hatte, eine Liebesgeschichte mit einem kleinen Jungen, neben einem verbitterten, selbstsüchtigen Mann, ob ich jeden Tag zusehen wollte, wie er unsere Freude zerstörte, mit einem nachlässigen Tritt machte er sie zunichte, fast ohne es zu merken.
Am Morgen war er mürrisch, seine Augen sahen mit Hass auf den neuen Tag, er machte das Radio an und hörte bei voller Lautstärke Nachrichten, schlimme Nachrichten, erschreckende Nachrichten, obwohl ich ihn immer wieder bat, er
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