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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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füllte, und ich beschloß, ihn auszuwaschen, wenn ich nach Hause kam, damit man seine ursprüngliche Farbe sah, die ich, weil er so dreckig war, vergessen hatte, und ich versuchte mich zu erinnern, wann und wo ich ihn gekauft hatte und was ich in dem Moment empfunden hatte, als ich ihn kaufte, ob es mich glücklich gemacht hatte oder ob es Joni glücklich gemacht hatte, und wie lange dieses Glück angehalten und wie es aufgehört hatte.
    Und dann legte Arie seine Hand auf meine, nur einen Moment lang, denn er brauchte sofort die nächste Zigarette, und er fragte, warum habt ihr geheiratet? Und da fiel mir ein, daß wir ihn gekauft hatten, als wir beschlossen hatten zu heiraten, und zwar in einem Laden, der genau an diesem Tag eröffnet und fast am Tag darauf wieder geschlossen worden war. Wir waren auf dem Heimweg daran vorbeigegangen, und alles hatte so neu und überraschend ausgesehen, sogar die Mülleimer, und ich hatte Lust auf Weiß, das Weiß einer Braut, er kam mir vor wie ein Schwan, der, egal, wie schmutzig das Wasser war, auf dem er dahinglitt, immer sein strahlendes Weiß behalten würde.
    Weil er versprochen hat, mich immer zu lieben, sagte ich schließlich, und weil ich wußte, daß er zu den Leuten gehört, die ihre Versprechen halten.
    Er lachte, so geht es, wenn man zuläßt, daß das eigene Leben von Ängsten beherrscht wird, du erinnerst mich sehr an deine Mutter, er warf mir einen prüfenden Blick zu, und ich sagte, an meine Mutter? Wodurch erinnere ich dich an meine Mutter? Meinst du das, was ich gesagt habe, oder mein Aussehen? Aber da bremste er schon und floh vor mir, fast als habe er Angst, daß ich ihn weiter mit Fragen bedrängen würde, und ich folgte ihm ins Haus, das unter so viel Grün zu ersticken drohte, und lief hinter ihm die Treppe hinauf, und als die Tür aufging, hatte ich das Gefühl, in mein richtiges Zuhause einzutreten, endlich hatte ich mein richtiges Zuhause gefunden, wo mein richtiges Leben beginnen würde, nirgendwo anders.
    Also betrachtete ich die Wohnung auf eine langsame, behutsame Art, prüfte die Möbel und die Teppiche und die Bilder, als sähe ich sie zum ersten Mal, bisher hatte ich ja nur ihn gesehen, und versuchte herauszufinden, was ich mochte und was nicht und wo meine eigenen Sachen Platz finden würden, und dann dachte ich, daß ich meine Sachen bei Joni lassen würde, und mir fiel ein, daß ich ihn anrufen mußte, um ihm zu sagen, wo ich war, aber ich genierte mich, in Aries Beisein mit ihm zu sprechen, also dachte ich, mir wird schon etwas einfallen, was ich ihm sagen kann, wenn ich nach Hause komme.
    Die Wohnung war kalt, als wäre sie unbewohnt, als wäre sie mitten im Leben erstarrt, und sie war auch auf eine endgültige und nicht alltägliche Art sauber, als wäre sie desinfiziert worden. Wer macht hier sauber, fragte ich ihn, und er antwortete ziemlich stolz, ich selbst, ich mag es nicht, wenn jemand in meinen Sachen herumstöbert. Ich fuhr mit dem Finger über das große Klavier, er blieb ganz sauber, und ich sagte, alle Achtung, wer hat dir das Putzen beigebracht, und er sagte, wir haben uns doch schon geeinigt, daß ich nicht so verwöhnt bin, ich habe früher meiner Mutter geholfen, fremde Wohnungen zu putzen, während dein Vater sich im Gymnasium vergnügte, und mir schien, als hörte ich Bitterkeit in seiner Stimme, und ich dachte, wenn er bitter ist, stimmt die Geschichte vielleicht wirklich, aber noch immer hielt ich sie eher für eine Erfindung.
    Ich lief die ganze Zeit hinter ihm her, noch im Mantel, folgte jeder seiner Bewegungen, versuchte herauszufinden, wie er lebte, als ob ich dadurch, daß ich sah, wie er die Heizung anmachte, etwas Wichtiges über ihn erfahren würde, ich sah, wie er den Kühlschrank aufmachte und ernsthaft hineinschaute, obwohl er vollkommen leer war, dann machte er den Gefrierschrank auf, der ebenfalls fast leer war, und nahm eine Packung Speiseeis heraus, schnitt sie mit einem Messer in zwei Teile und legte diese auf Teller. Wir setzten uns, die Teller vor uns auf dem Tisch, und ich betrachtete das Eis, bei dieser Kälte hatte ich wirklich keine Lust darauf, und außerdem sah es aus, als stamme es noch vom vergangenen Sommer, die Verpackung klebte fest am Inhalt, und ich wollte fragen, ob sie im Sommer schon krank gewesen war, Joséphine, aber er war so in sein Eis vertieft, und außerdem dachte ich, was spielt das schon für eine Rolle, und ich schob ihm meinen Teller mit dem rosafarbenen Eisblock zu, der

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