Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
Schenkeln versunken waren, versuchte mich zu erinnern, ob sie schwarz oder grau waren, ohne daß es mir gelang.
Und dann wurde an die Tür geklopft, ein höfliches, aber entschiedenes Klopfen, und ich hörte meine Tante fragen, Ja’ara, bist du da drin? Bist du in Ordnung? Und ich murmelte, ja, ich komme gleich raus, und versuchte vom Waschbecken hinunterzurutschen, aber sein Kopf lag so schwer auf mir wie ein Bleigewicht, bis ich ihn heftig von mir stieß und er sich schwankend aufrichtete, noch immer stand er nicht gerade, deshalb führte ich ihn mühsam zu dem Rollstuhl mit dem Loch in der Mitte und setzte ihn drauf, und sein Kopf sank nach vorn, und er schnarchte weiter, rauh und rhythmisch.
Ich hatte das Gefühl, als sei etwas Schreckliches geschehen in der Zeit, die wir zusammen verbracht hatten, wie Braut und Bräutigam, die sich während der Hochzeitsfeier heimlich fortstehlen, bestimmt war seine Frau gestorben und alle suchten ihn, um es ihm mitzuteilen, und ich würde sagen müssen, wo er sich befand, eingeschlafen auf dem Rollstuhl, während ihm der Schwanz aus der Hose hing, und mir wurde klar, daß ich ihm den Schwanz in die Unterhose schieben mußte, sonst würde jeder, der nach mir hereinkäme, verstehen, daß sich hier etwas Intimes ereignet hatte. Also ging ich zu ihm und zerrte an seiner Unterhose und versuchte, seinen Schwanz hineinzuquetschen, der glatt und schlüpfrig war wie ein Fisch, als gehöre er überhaupt nicht zu seinem Körper, sondern wechsle unaufhörlich den Platz, und auch die kleine Öffnung an der Spitze kam mir so rund und dumm vor wie ein Fischmaul, und als ich merkte, daß ich es nicht schaffte, zog ich einfach seinen schönen schwarzen Pullover darüber, damit die ganze Sache zugedeckt war. Ich war schon völlig verschwitzt, von der Hitze im Krankenhaus und der Angst und der Verwirrung, und als die Tür nicht aufging, wurde mir klar, daß ich diesmal wirklich nicht so bald rauskommen würde, denn vor lauter Angst vor Schlössern war ich unfähig, sie zu öffnen, und meine verschwitzten Hände rutschten auf dem Schlüssel aus, bis ich ein Klicken hörte und wie von einer Kanone abgefeuert hinausschoß, am ganzen Leib zitternd.
Glücklicherweise wartete niemand vor der Tür auf mich. Ich ging langsam zurück und sah Tante Tirza, die in ihrem Bett lag und zu lesen schien, doch aus der Nähe entdeckte ich, daß es kein Buch war, was sie in der Hand hielt, sondern ihr kleiner Spiegel, und die zweite Frau schlief mit gesenktem Kopf im Rollstuhl, genau wie ihr Mann, und ich dachte, ich könnte seinen Rollstuhl hierherschieben und neben sie stellen, dann würden sie aussehen wie verwaiste, kinderlose Zwillinge, und Tirza legte ihren Spiegel zur Seite und sagte, was ist passiert, ich habe mir Sorgen um dich gemacht, und sofort fügte sie hinzu, und was ist mit ihm? Und ich sagte, er ist nach mir ins Klo gegangen, glaube ich, und Tirza lächelte bitter und sagte, ihr kennt euch, und ich sagte, ja, und fragte sofort, um das Thema zu wechseln, wie es eigentlich um sie stand, und deutete dabei auf seine Frau, und Tirza sagte, das ist schon das Ende, in spätestens einem Monat wird er ein begehrter Witwer sein, und ich fragte, weiß er das? Und sie sagte, natürlich, heute sagen sie einem doch alles, und ich dachte daran, daß er gesagt hatte, sie wird wieder in Ordnung kommen.
Als er ein paar Minuten später hereinkam, hätte ich schwören können, er sei ein böser Geist, so anders sah er plötzlich aus, nichts war mehr zu merken von dem schweren Gang und dem häßlichen Schnarchen. Er sah energisch und fröhlich aus, die Haare zurückgekämmt und die Hose gut geschlossen, und nur ein runder dunkler Fleck deutete darauf hin, daß sich etwas ereignet hatte. Er trat rasch zu seiner Frau und legte ihr die Hand auf die Schulter, und sie erwachte plötzlich unter seiner Berührung und hob den Kopf und lächelte ihn an, ein schönes Lächeln voller Liebe und Dankbarkeit, und dann legte sie ihre kleine mausartige Hand auf seine.
Es ist besser, mitten im Leben in Liebe zu sterben, als bis hundert allein zu leben, flüsterte mir Tirza zu, und ich sah den Neid in ihren Augen. Gibt es nur die zwei Möglichkeiten, fragte ich sie, und sie sagte, zwei ist schon viel, manchmal gibt’s noch nicht mal eine.
Dann hob sie den Blick zu dem großen geschlossenen Fenster und sagte, ich möchte jetzt ein wenig schlafen, Ja’ara, und ich stand auf und sagte, laß es dir gutgehen, und sie seufzte, du dir
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