Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
stecken.“
Sarah lachte. Ihr war alles recht. Sie freute sich wie ein Kind auf die Fahrt nach Auckland, gerade so, als wäre es ihre allererste große Reise.
Myriaden von Sternen tanzten zu einer ureigenen, seltsamen Musik rund um den Himmel. Vielleicht waren das die Sphärenklänge, die so oft von den Poeten in Gedichten erwähnt wurden, überlegte Sarah, während sie in Frederiks großem amerikanischem Geländewagen los brausten und „Blue Horizon“ hinter sich zurück ließen. Rebecca und deren gesamte kleine Familie winkten ihnen hinterher, nur die Ridgebackhündin Lola bellte empört angesichts der Tatsache, dass Frederik ohne sie weg fuhr.
Es war Vollmond.
Wenn irgendwann einmal für Sarah die Zeit kommen würde, in ihrem Gedächtnis zu suchen und sich die Frage zu stellen, welches der schönste Tag ihres Lebens gewesen war, dann würden unweigerlich dieser Freitag und der Sonnabend, der darauf folgte, mit ihrem ganzen Zauber aus der Tiefe ihrer Erinnerung auftauchen und jede einzelne, mit Glück prall gefüllte Stunde.
Es gab nur ein einziges Mal einen flüchtigen Augenblick, da sich ihr Gewissen noch einmal meldete, während der Geländewagen über den Asphalt summte und Sarah plötzlich dachte:
„Ich bin in eine Falle gegangen. Während ich mich von Gregor befreien und mir über meine Beziehung zu Robert klar werden wollte, verstricke ich mich mehr und mehr in etwas, das sich nicht benennen lässt, aber in jedem Fall so nicht vorgesehen war…“
Womit zweifellos das gemeint war, was sie mit Frederik verband. Doch gab es denn überhaupt etwas, das sie verband?
Sie wusste es nicht.
Zedern und Pappeln flogen am Straßenrand vorüber, in Obstgärten leuchteten die ersten Früchte, und weit in der Ferne konnte man die Lichter von Raglan und die Tasmanische See erkennen. Hier und da sah Sarah alte Farmhäuser zwischen Wiesen und Feldern – eine friedliche, idyllische Szene reihte sich an die andere.
Frederik hatte das Autoradio eingeschaltet, irgendein Sender, wie weit er auch immer entfernt sein mochte, spielte alten Ragtime-Jazz, während ringsum die Rufe der Nachtvögel zu hören waren.
Sie fuhren weiter, fuhren hinein in eine menschenleere, geheimnisvolle Welt, Dörfer und Farmhäuser wurden seltener, Schafe und Rinder tauchten hin und wieder aus der
Nacht heraus auf.
Am zeitlosen Himmelsgewölbe funkelten Sternbilder, die Frederik alle mit Namen kannte, die kleinen Sterne der Milchstraße ebenso wie das Kreuz des Südens, das mit ausgebreiteten Adlerflügeln wie träumend am Himmel hing.
Je länger sie fuhren, desto mehr fühlte Sarah sich immer stärker von dieser Straße hypnotisiert, die wie ein gewundenes Band unter ihnen dahin glitt, sich drehte und schlängelte – und von Frederik, der schnell und sicher den Bewegungen der Straße folgte, als ob er mit ihr und dem Geländewagen verwachsen wäre.
Hamilton und Huntley hatten sie hinter sich gelassen, da ließ Frederik den Wagen plötzlich am Straßenrand ausrollen und wandte sich Sarah zu: „Würdest du gerne fahren?“
„Eh – lieber nicht. Ich habe noch nie so einen großen Wagen gefahren.“
„Dann ist es höchste Zeit, dass du es versuchst.“ Er stieg aus, ging um den Geländewagen herum und öffnete die Tür zur Beifahrerseite. „Setz dich ans Steuer.“
Sie schluckte. „Aber der Linksverkehr, Frederik. Wir werden auf dem nächsten Acker landen.“
Frederik schob sie sacht auf den Fahrersitz, stieg ein, ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und schloss die Wagentür hinter sich.
„Die Straße ist tadellos“, erklärte er, nachdem er es sich bequem gemacht hatte. „Wenn die Kurven zu unübersichtlich sind, kannst du vorher kurz hupen, weil man nie weiß, ob dahinter nicht irgendwelche Tiere unterwegs sind. Entgegenkommende Fahrzeuge erkennt man ja lange vorher am Scheinwerferlicht. Das ist alles, was du wissen musst. Der Rest erledigt sich von selbst.“
„Aber dieses Auto hat doch Linkssteuerung, und ich bin nie etwas anderes gefahren als Rechtssteuerung! Außerdem bin ich keine begnadete Autofahrerin“, zweifelte Sarah verzagt an ihren eigenen Fähigkeiten.
Frederik sah sie in geradezu provozierender Herausforderung an. „Fahr los. Zeig, was du kannst.“
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Linksverkehr sie nicht gestört. Die Straße war einwandfrei, da hatte Frederik recht. Sie waren ja förmlich in dem schweren Geländewagen dahin geflogen.
Doch nun, da sie selbst am Lenkrad saß, glaubte Sarah, jede
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