Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
inzwischen die notwendigen Beziehungen und vermittelte seiner Tochter einen Job in einer international erfolgreichen Werbeagentur im Westen Berlins, wo der junge, dynamische Chef der Firma nach zwei Wochen schon Kitty restlos und rettungslos verfallen war, obwohl sie ihn niemals ermutigt hatte. Ehe sie recht wusste, wie ihr geschah, befand sie sich plötzlich mitten in einer heftigen Affäre, ein halbes Jahr später war sie verheiratet, gerade mal einundzwanzig Jahre alt, jedoch absolut davon überzeugt, dass sie nicht mehr suchen musste, sondern die Liebe ihres Lebens bereits gefunden hatte.
Ein Jahr später war Kitty schon wieder geschieden, ohne dass sie hätte sagen können, wann ihre Ehe eigentlich aus dem Ruder gelaufen war. Seine Gefühle für sie hätten sich eben schneller verbraucht als vorgesehen, meinte der junge Mann, den sie für die ganz große Liebe gehalten hatte.
Die Trennung tat weh, doch erstaunlicherweise verschmerzte sie diese Erfahrung rasch und ohne blaue Flecken auf der Seele davon zu tragen. Möglicherweise half ihr dabei auch die stattliche Abfindung, die ihr Ex-Ehemann an sie zahlte. Er hatte es eilig, die „Sache“ zu erledigen, wie er es nannte, als ginge es um ein Geschäft, das man möglichst rasch abwickeln musste.
Seine Ungeduld war allerdings besser nachzuvollziehen, wenn man wusste, dass auf ihn schon die nächste Frau wartete, während Kitty, um einige Illusionen ärmer, nach Rostock zurückkehrte.
Dort hatten sich ihre Eltern inzwischen getrennt, ihre Mutter lebte jetzt in Wismar, sodass Kitty fortan zwischen Rostock und Wismar hin und her pendelte – ein Zustand, der ihr endgültig dazu verhalf, erwachsen zu werden.
Wenige Woche nach ihrer Scheidung begegnete sie dem Mann, der nun aber wirklich die große Liebe sein sollte. Einer, der wie für sie geschaffen zu sein schien – ein junger Assistenzarzt, der in Rostock lebte und arbeitete und es unerwartet eilig hatte, sich mit ihr zu verloben. Kitty war selig.
Ab jetzt wollte sie alles richtig machen. Sie sah sich bereits als Arztgattin in jene gesellschaftliche Klasse aufsteigen, von der ihr Vater immer nur geträumt, die ihm aber nie Einlass gewährt hatte.
Der Absturz kam kaum drei Monate später, als der junge Assistenzarzt die Verlobung mit ihr löste, den Ring immerhin nicht zurück verlangte. Kitty versenkte das Schmuckstück, während sie sich weinend ins Badezimmer verkroch, in der Toilette.
Angesichts dieser Situation riet Paul Cornelius seiner Tochter für die Zukunft, nicht immer alles, was die Männer, die behaupteten, sie zu lieben, für bare Münze zu nehmen.
Männer redeten viel, wenn sie Sex mit einer jungen, schönen Frau haben wollten und Kitty war zweifellos die Schönste aller Frauen in ganz Rostock, fügte er hinzu.
Das nützte ihr allerdings auch bei der nächsten Beziehung nicht viel.
Nachdem sie etwas verwirrt während eines ausgiebigen Zuges um die Häuser in die Arme eines attraktiven Vierzigjährigen gestolpert war, wurde sie buchstäblich über Nacht zur Geliebten eines Mannes, der Frau und Kinder hatte und überhaupt nicht beabsichtigte, alle Brücken hinter sich abzubrechen, um mit Kitty alt zu werden.
Sie brauchte lange, um das zu begreifen, und als er es ihr in wenigen, aber deutlichen Worten sagte, stand sie auf und ging. Es sollte das letzte Mal sein, dass sie wegen eines Mannes Tränen vergoss.
Es genügten einige schlaflose Nächte, um Kitty erkennen zu lassen, welche Rolle sie in dem ewigen Spiel zwischen Mann und Frau übernommen hatte, nämlich die des Opfers. Damit sollte nun endgültig Schluss sein. Sie würde sich diese Rolle nicht länger von den Männern aufdrängen lassen, sondern ihrerseits aktiv werden, indem sie sich jeden Mann nahm, der ihr gefiel, mit ihm Sex haben und danach weg werfen würde wie etwas Wertloses, das sich nicht aufzubewahren lohnte.
Als sie eines Morgens beim Frühstück zu ihrem Vater sagte, dass sie nach Amerika wolle, genau gesagt, nach Seattle, da sah Paul Cornelius seine Tochter an, als hätte sie gerade verkündet, sie beabsichtige, den Reichstag in Berlin in die Luft zu sprengen.
„Nach Seattle?“ wiederholte er fassungslos. „Was, zum Teufel, willst du da? Weißt du eigentlich, wo das liegt? Seattle ist am Ende der Welt.“
„Eben deshalb muss ich da hin“, erklärte Kitty, ohne mit der Wimper zu zucken. “Wo sonst könnte ich mich selbst finden? Ich will endlich die werden, die ich tatsächlich bin.“
„Das ehrt dich“,
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