Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
etwas an seiner Haltung zu verändern und ohne sie dabei anzusehen, weil er nicht wissen wollte, was mit ihr geschah, wenn er ihr jetzt wehtat mit dem, was er sagte.
Sarahs Körper verkrampfte sich auch prompt wieder. Sie schlang schützend ihre Arme um sich, als wäre jedes Wort von Julian ein Pfeil, den sie nicht an sich heran lassen durfte.
„Ich – weiß – nicht – was – du – meinst“, antwortete sie monoton.
Julian seufzte. „Doch, du weißt es. Du hast es gesehen, nicht wahr? Du hast IHN gesehen und dann sie und du wusstest Bescheid. Machen wir uns nichts vor, Sarah. Die Art, wie Robert die ganze Zeit angestrengt vermeidet, dieses Mädchen anzuschauen, verrät genug. Und wie sie sich neben ihrem Vater versteckt, aber gleichzeitig Robert mit ihrem Blick auffrisst…“
„Julian,“ flehte Sarah. „Hör auf. Ich will das nicht hören. Ich…“
„Ich sage es dir trotzdem. Weil es wahr ist. Ich bin ein Mann und weiß, wie ein Mann sich benimmt, wenn er fremd geht oder fremdgegangen ist. Also, wenn du mich fragst…“
„Ich frage dich nicht!“
„Ich sage es dir trotzdem. Entweder hat mein Vater noch immer was mit Pauls Tochter oder aber da war mal irgendwas. Eine Affäre. Ein One-Night-Stand. Das ist die Wahrheit, Sarah, und du wirst dich ihr stellen müssen. Du kannst das nicht einfach ausblenden.“
Sarah stöhnte auf: „Hör auf damit… Ich will das nicht… Ich glaube es nicht… Ich kann es nicht glauben…“
Es brach Julian beinahe das Herz, ihr das antun zu müssen: „Ich will Robert nicht in Schutz nehmen, Sarah, aber kein Mann, verstehst du, KEINER könnte dieser Frau widerstehen. Mit den Beinen und den Hüften, und dann ihre Augen, das sind ja wahre Flammenwerfer – also, die kriegt jeden ins Bett, den sie haben will.“
Er konnte Sarah ganz tief atmen hören.
Mit diesem Atemzug wollte sie den Schmerz in sich bekämpfen, der wie ein scharfes Messer in ihr bohrte, während ihr Herz sich anfühlte, als wollte es brechen wie eine Brücke, die man in allerletzter Sekunde überquert hat und dann doch hinter einem einstürzt.
Vorsichtig atmete sie ein und wieder aus.
Die Stille im Raum war aussichtslos, seitdem Julian schwieg.
Da erhob Sarah sich plötzlich, begann, ihr wunderschönes rotes Kleid auszuziehen, ohne sich darum zu kümmern, ob Julian ihr dabei zusah oder nicht. Sie warf das Kleid achtlos in eine Ecke, schlüpfte in ihre Jeans und einen warmen Kapuzenpullover, schüttelte die Pumps von den Füßen und schlüpfte stattdessen in flache Sportschuhe.
Nachdem sie das alles getan hatte, ging sie hin und zog alle Vorhänge zurück, um das Tageslicht herein fluten zu lassen.
„Es gibt keinen Grund, sich zu verstecken“, hörte Julian sie mit vernünftiger, absolut beherrschter Stimme sagen.
Er richtete sich auf, streckte sich, wartete, bis sie bereit war, das Schlafzimmer zu verlassen, um ihr dann seinen Arm um die Schultern zu legen.
„Was wirst du jetzt machen, Sarah?“ fragte er, nun auch ganz sachlich.
„Nichts“, erwiderte sie kalt. „Es ist an Robert, etwas zu tun, oder? Ich gebe ihm vierundzwanzig Stunden, mit mir zu reden.“
„Und wenn er es nicht tut?“
„Dann werde ich eine Entscheidung treffen müssen. Fakt ist, dass ich nicht abwarten werde, bis Robert mich wegen einer Fünfundzwanzigjährigen verlässt.“
Kitty Cornelius hatte schon als junges Mädchen sehr genaue Vorstellungen von dem Leben gehabt, das nur so und nicht anders für sie infrage kam. Lange bevor sie das Abitur machte, war ihr Weg exakt abgesteckt. Planung, so hatte Kitty von ihrem Vater gelernt, war alles im Leben eines Menschen, der es zu etwas bringen wollte.
In diesen unruhigen und wechselvollen Zeiten durfte man nichts dem Zufall überlassen, lautete Paul Cornelius´ Devise und nach diesem Grundsatz hatte er stets gehandelt.
Kitty war im November 1989 drei Jahre alt gewesen. Sie hatte an die Zeit vor dem Fall der Mauer keinerlei Erinnerungen und vertrat vor allem auch deshalb die Meinung, dass sie eigentlich von Beginn an ein Kind des vereinten Deutschlands war.
KARRIERE – dieses Wort beherrschte sie seit jeher. Dem folgte genauso unangezweifelt und fast ebenso bedeutungsvoll: GELD.
Kitty war von Anfang an entschlossen gewesen, Karriere zu machen. Allerdings nicht, indem sie jahrelang in einem Büro als Vorzimmerdame darauf wartete, dass sie geheiratet wurde oder – immer in der Hoffnung auf Beförderung, die niemals kam – dort zu verkümmern.
Ihr Vater hatte
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