Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
Rivalität, ja, offene Herausforderung sprach.
Julian unterdrückte ein kleines Unbehagen, während er dachte: Schau an, Sarah kann ein richtiges arrogantes Biest sein… Sie machte kein Geheimnis aus ihrer Verachtung für Kitty Cornelius, egal, wie kurz deren knallroter Lederrock auch sein und ihre Beine lang sein mochten.
Und dann schlenderte er weiter, als hätte es diese kurze Begegnung mit Sarah gar nicht gegeben und als hätte sie ihn nicht mit einem wichtigen Auftrag weg geschickt.
Dennoch blieb Sarah nicht alleine, denn inzwischen war Robert aus seiner Erstarrung erwacht und kam nun auf sie zu.
„Sarah,“ sagte er rau und sah sie nur an. Sie antwortete ihm nicht, erwiderte auch seinen Blick nicht, sondern hielt den Kopf noch immer abgewandt, um Julian hinterher zu sehen, denn es genügte ihr völlig, wenn Robert sie anschaute.
„Wie schön du bist“, murmelte Robert, um dann noch leiser hinzu zu fügen: „Und ich bin so dumm.“
Sie antwortete ihm nicht, drehte jedoch langsam den Kopf, bot ihm ihr Gesicht und den Nacken dar, und als er seine Finger um ihr linkes Handgelenk legte, erschauerte ihr ganzer Körper unter dieser Berührung.
Sie hatte gewusst, dass das passieren würde und sich gefürchtet vor diesem Überfall des Begehrens, den ein Blick oder eine Berührung von Robert auch nach zwei Jahren immer noch mühelos in ihr auslösen konnten.
„Sarah, du siehst umwerfend aus“, sagte er an ihrer Wange. „Dich nur anzugucken, macht mich wahnsinnig.“
In diesem Augenblick erklang Musik von irgendwoher. Peter
Gabriel sang „The Book of Love“. Sarah legte ihre Hände gegen Roberts Gesicht:
„Unser Lieblingslied, Robert. Wollen wir tanzen?“
Er zog sie eng an sich, hielt sie so fest, als hätte er Angst, irgendjemand könnte sie ihm entreißen, und Kitty Cornelius beobachtete dies alles und verstand.
Sie sah, wie sich Sarah und Robert bewegten, scheinbar ohne Ziel, doch in Wirklichkeit von einer einmaligen Harmonie zur Musik geleitet wurden, die man nicht lernen konnte.
Nicht in tausend Jahren, dachte Kitty zynisch, und begriff gleichzeitig, dass Sarah und Robert – ohne es zu wissen – mit diesem Tanz demonstrierten, wie einer des anderen Drehpunkt, Zentrum und Knotenpunkt war und sich beide wie von einer unsichtbaren Kraft geleitet wie Pol und Gegenpol anzogen…
Feuer im Eis, dachte Kitty, die sich angesichts dieser Erkenntnis wie von einem Pfeil getroffen fühlte.
Sarah.
Sarah war Feuer im Eis.
Und ihr Auftritt war eine einzige Kampfansage an Kitty.
„Ich möchte nach Hause“, hörte sie sich irgendwann sagen, als Roberts Tanz mit Sarah gar nicht aufhören wollte.
Paul Cornelius warf ihr einen raschen Blick zu. „Schon?“
„Mir ist langweilig“, wurde Kitty schroff.
Ihr Vater musste ein kleines, wissendes Lächeln unterdrücken, während er scheinbar gleichmütig antwortete:
„Dann nimm du den Wagen. Ich komme später nach. Jetzt will ich erst einmal mit Sarahs Mutter tanzen. Wir sehen uns morgen in der Firma, Katharina.“
Kitty wartete das Ende des Tanzes nicht ab, sondern stahl sich auf Zehenspitzen davon. Warum sie wie ein Dieb in der Nacht schlich, wusste sie nicht. Es gab gar keinen Grund dafür, denn um Sarah und Robert hatten die Gäste inzwischen einen Kreis gebildet, der Kitty unwillkürlich an einen Schutzwall erinnerte. Man feierte das Paar mit rhythmischem Klatschen.
Es würde später niemand nach Kitty fragen. Keiner vermisste sie, als sie fort war. Nicht einmal ihr Vater.
Der Regen war auf einmal da.
Robert hörte die ersten schweren Tropfen gegen das Fenster fallen. Es war das einzige Geräusch in dieser Nacht voller Regen, denn nachdem sie kurz vor Mitternacht die letzten Geburtstagsgäste verabschiedet hatten, war es still geworden.
Jetzt konnte Robert es auf das Fenstersims prasseln hören, während der Regen auf dem Dach klopfte, als müsste er unbedingt in dieser Nacht noch eine wichtige Nachricht weiter sagen.
„Bist du wach, meine Allerliebste?“
„Ja…“
„Hörst du den Regen?“
Sarah gähnte leise. „J-ja.“
„Wir haben großes Glück gehabt mit dem Wetter…“
„Wir haben überhaupt großes Glück“, fand Sarah.
Sie war in Roberts Armen eingeschlafen, während er wach lag und sie die ganze Zeit nur ansah.
Ihr helles Haar hatte sich wie ein Fächer auf dem Kopfkissen ausgebreitet, mit geschlossenen Augen lauschte sie hinaus, während Robert noch immer ganz still lag, als wollte er dieses faszinierende Bild
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