Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
nicht wagen würde, sie zu berühren – so, wie er es einst getan hatte. Sie hatte sich für seinen Vater entschieden – doch reichte das aus, um ihn, den Sohn, nie zu erhören?
Es gab gar keinen Zweifel: Sarah wähnte sich auf der sicheren Seite.
Nun, sagte eine grimmige Stimme irgendwo in Julians Kopf, wir werden sehen.
„Du wirfst einen um, so, wie du aussiehst“, war letztlich alles, was er noch halbwegs beherrscht sagen konnte.
„Das freut mich“, erwiderte sie lächelnd und dachte natürlich dabei an Robert.
Robert machte der Szene, die nur einige Minuten gedauert hatte, ein Ende, indem er die Wohnungstür öffnete, als es läutete. „Das Taxi ist jetzt da“, meldete er, woraufhin Cornelius und Elisabeth zur Tür hinaus stürzten. Letztere machte jedoch noch einmal kehrt, um Sarah zu umarmen. Dann waren sie auf und davon.
Julian umarmte seinen Vater, ohne ihn dabei anzusehen. In der offenen Tür stehend, winkte er Sarah flüchtig einmal zu, dann war auch er fort. Die Tür fiel endgültig ins Schloss.
Nun wurde es sehr still in der Diele.
Robert ließ sich mit einem erleichterten Aufatmen gegen die geschlossene Tür fallen. „Mein Gott, ich hatte ganz vergessen, dass Besuch so anstrengend sein kann. Meine Liebste, du hast noch nichts gegessen. Was möchtest du zum Frühstück?“
Sarah sank kraftlos in einen Korbstuhl. „Bring mir einen Wodka mit Cassis.“
„Es war ein herrlicher Geburtstag“ stellte Paul Cornelius fest, um sogleich hinzu zu fügen: „Sarah sieht seit einiger Zeit umwerfend aus.“
Er saß vorne neben dem Taxifahrer auf dem Beifahrersitz und musste sich jedes Mal zu Elisabeth nach hinten umdrehen, wenn ihm wieder etwas einfiel, von dem er meinte, es unbedingt noch erwähnen zu müssen.
Elisabeth bemühte sich, ihren mütterlichen Stolz angesichts eines solchen Kompliments zu zügeln. Sie erwiderte zurückhaltend:
„Blau ist eine Farbe, die ihr gut steht.“
„Ja, das finde ich auch. Aber sie sieht eigentlich in jeder Farbe gut aus. Und ich hatte das Gefühl, dass sie sehr, sehr glücklich ist.“
„Doch ja, das glaube ich auch. Ich hoffe, es hält an.“
„Ich hatte eigentlich meine Zweifel, als ich hörte, dass sie und Robert zusammenleben wollten“, brummte Cornelius. „Aber es scheint ganz so, als hätte ich mich geirrt.“
„Ich auch“, gestand Elisabeth und wurde etwas rot dabei. „Der Bankrott von Roberts Firma, sein Sohn, der so viele Probleme hatte und dann natürlich seine geschiedene Frau. Also, ich war immerzu darauf gefasst, dass sie zu ihm zurückkehrt.“
„Darauf würde Robert sich nicht mehr einlassen“, wusste Cornelius. „Er hat sich für Sarah entschieden und er ist ein Mann, der zu seinen Entscheidungen steht.“
Elisabeth zögerte etwas, ehe sie sagte: „Trotzdem enttäuscht es mich, dass er Sarah noch immer keinen Antrag gemacht hat.“
„Oh, wir wollen ihn doch nicht hetzen, Elisabeth. Robert braucht noch Zeit“, zeigte Cornelius sich besser informiert, als Elisabeth für möglich gehalten hätte.
„Hat er das gesagt?“ Nun klang ihre Stimme scharf.
„Eh – nun ja, gewissermaßen. Sie müssen wissen, dass Männer manchmal sogar über private Dinge reden. Und ich glaubte aus dem, was Robert über seine Zukunft mit Sarah erzählte, entnehmen zu können, dass eine Heirat nicht vorgesehen ist. Noch nicht.“
„Er sollte sich beeilen, wenn er Kinder mit meiner Tochter möchte“, wurde Elisabeth sachlich. „Sarah ist Vierzig. Worauf will er da noch warten?“
„Ich habe keine Ahnung“, brummte Cornelius und drehte ihr seinen breiten Rücken zu, um den Blick auf die Autobahn zu richten, wo auf drei Spuren der Strom der Autos nicht abriss.
Der Mann, der durch die Empfangshalle des Hotels „Atlantik“ eilte, war bärtig und erinnerte mit seiner dichten dunklen Haarmähne an einen gutmütigen Film-Nero. Seine blauen Augen wirkten freundlich, trotz seiner stattlichen Figur eines römischen Patriziers und den großen kraftvollen Händen. Sein warmes, vergnügtes Lächeln tat ein Übriges, dass den Damen an der Rezeption gar keine andere Wahl blieb, als mit einem Lächeln zu antworten.
„Frau Debus-Hartung?“ wiederholte eine der jungen Frauen. „Sie sitzt in der Lounge beim Fünf-Uhr-Tee. Möchten Sie, dass ich sie ausrufen lasse?“
„Nein, nein, danke, sie erwartet mich ja schon. Ich habe mich leider verspätet. Danke, ich kenne den Weg.“
Verena wartete seit einer Dreiviertelstunde auf Jo Röben, denn,
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