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Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Titel: Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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begann plötzlich wie blind, fast panisch nach einem Halt zu tasten, tat einen Schritt vorwärts, doch Frederik hielt sie zurück.
    „Pass auf, da sind Stufen.“ Und er nahm sie bei der Hand wie ein großer Bruder die ängstliche kleine Schwester an die Hand nahm. „Komm hier entlang. Ich bringe dich zum Gartenhaus.“
    „Nein, danke“, wehrte Sarah hastig ab. „Ich finde den Weg alleine.“
    „Dann warte wenigstens, bis ich die Außenbeleuchtung ringsum eingeschaltet habe.“ Und er, der auch bei Finsternis mit dem Haus und der Umgebung vertraut war, verschwand in der Diele, wo er auf mehrere Schalter drückte, woraufhin in Sekundenschnelle das gesamte Grundstück in grelles Scheinwerferlicht getaucht dalag.
    Als Frederik danach auf die Veranda zurückkehrte, war Sarah nicht mehr da. Er hatte allerdings auch nichts anderes erwartet.
    Während er auf der Veranda stand und sich noch einmal umschaute, entdeckte er einen einzelnen Schuh, der auf einer der Treppenstufen lag.
    Es war eine Sandalette.
    Sarah hatte sie bei ihrem überstürzten Abgang verloren.
    Frederik lächelte leicht.
    Sie war vor ihm geflüchtet und hatte dabei einen Schuh verloren. Wie Aschenputtel.
    Und wenn man wie er während des Psychologiestudiums schon gelernt hatte, welche versteckten Botschaften jedes Märchen in sich trug, dann hatte Sarah Niehusen ihm soeben unbewusst eine ganz klare Nachricht hinterlassen.

20. Kapitel
    „ Sie schreibt Gedichte.“
    „Ach, tatsächlich?“
    „Sie hat es mir selbst gesagt.“
    „Die halbe Welt schreibt Gedichte, Rebecca. Das will heutzutage nichts mehr heißen.“
    „Ich nicht. Ich bin keine Dichterin. Worüber sollte ich auch schreiben?“
    „Keine Ahnung. Vielleicht über die Blumen in deinem Garten. Den Himmel über `Blue Horizon`. Oder deine Kinder.“
    „Aber so entstehen doch keine richtigen Gedichte.“
    „Was sind denn richtige Gedichte?“
    „Ich denke, etwas, das sich hinten immer reimt, oder? Und das einen zu Tränen rührt, wenn man es liest.“
    „Es muss sich nicht zwangsläufig reimen, Rebecca. Und die meisten Gedichte versteht man gar nicht mehr. Das nennt man moderne Lyrik.“
    „Ah ja“, machte Rebecca, aber in Wirklichkeit konnte sie Frederiks Ausführungen nicht so recht folgen.
    Er aß sein Frühstück im Stehen. Das tat er meistens, wenn es am Abend vorher spät geworden war. Für Rebecca gab es angesichts des schmutzigen Geschirrs und der Weingläser in der Küche gar keinen Zweifel daran, dass es für Frederik und Sarah gestern Abend ziemlich spät geworden war.
    Frederik war morgens normalerweise nicht so gesprächig, doch Rebeccas Bemerkung, dass Sarah drüben im Gartenhaus am PC saß und Gedichte verfasste, hatte ihn erst aufhorchen und dann hellwach werden lassen.
    Rebecca reichte ihm einen weiteren Becher mit sehr starkem Kaffee, dann suchte sie in der Tasche ihres schlichten Hauskleides nach einem Stück Papier, das sie, nachdem sie es gefunden hatte, sorgfältig glatt strich, ehe sie es Frederik hin hielt.
    „Das ist eins von den Gedichten. Ich hab´s im Papierkorb gefunden.“
    „Aber du verstehst es doch gar nicht.“
    „Ich dachte, du kannst es mir vielleicht übersetzen. Würdest du das tun?“
    Frederik zögerte einen Moment lang. „Rebecca, wenn Sarah es in den Papierkorb geworfen hat, dann war es höchstwahrscheinlich noch nicht fertig. Und wir sollten es nicht lesen. Das würde ihr möglicherweise nicht gefallen, denn ein Gedicht ist etwas sehr Persönliches, verstehst du?“
    „Sie muss es ja nicht wissen“, erwiderte Rebecca mit einem listigen Lächeln, und dann klingelte das Telefon in der Diele, woraufhin Frederik ihr ein Zeichen gab, dass er für niemand mehr zu erreichen war. Sie nickte, schob aber im Vorbeigehen das Blatt Papier mit dem Gedicht in seine Jackentasche.
    Er las es unterwegs, während er den Schotterweg zur Hauptstraße hinunter brauste. Nach den ersten zwei Zeilen fuhr er langsamer, dann hielt er am Straßenrand an und begann, Sarahs Gedicht noch einmal von vorne zu lesen:
    „es hatte lange vorher angefangen
    war längst schon eingezeichnet
    hier und da und dort
    trieb immer weiter wurzeln
    aus staub und schweigen
    aber keiner von ihnen stand auf
    gegen lähmung und leere
    keiner brach auf das eis
    keiner kehrte um
    bis sie irgendwann nur noch
    trauer fühlte
    und blindlings in einen Fluss sprang
    den sie gar nicht kannte
    doch dessen Wasser trägt sie
    vielleicht sogar bis zum ende
    und wird ihr so zum neuen

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