Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
Erfahrung, dass Kitty Cornelius alles Mögliche war, aber ganz bestimmt keine Madonna
„Also?“ fragte er und senkte seinen Blick wieder auf seine Geschäftsunterlagen.
„Also, wir wollen jetzt alle ins `Take Five` zur After-Work-Party. Und da dachte ich, du hättest vielleicht Lust mitzukommen.“
„Ach?“
„Robert, du kannst nicht jeden Abend bis Mitternacht arbeiten. Wie lange willst du das durchhalten? Bis du zusammenbrichst?“
Roberts Lächeln blieb flüchtig. „Du musst dir um mich keine Sorgen machen. Ich habe jahrzehntelang in meiner eigenen Firma nichts anderes getan. Ich kenne es nicht anders, Katharina.“
„Aber es würde dir gut tun, dich mal ein bisschen zu amüsieren“, blieb sie hartnäckig. „Die Mädels aus der Telefonzentrale sind dabei und die Jungs aus der Planungsabteilung und…“
Ihre Worte verloren sich, wurden immer leiser, je länger Robert sie schweigend ansah.
„Danke, Katharina, aber das ist wirklich zuviel Trubel für mich“, meinte er schließlich. „Geht und feiert, das passt viel besser zu euch jungen Leuten.“
Ihre Stimme wurde schrill: „Robert, ich dachte, es könnte unsere Situation eventuell etwas entschärfen, wenn wir mit den anderen zusammen etwas unternehmen. Das, was seit Wochen zwischen uns abläuft, kann doch nicht ewig so weitergehen.“
Ihre Lippen bebten. Oh, mein Gott, dachte Robert, als er sah, wie sich Kittys Mund senkte und ihre dunklen Augen sich in einem stummen Schmerz verschleierten, der keine Antwort forderte und nicht wirklich die Wahrheit wissen wollte. Hoffentlich fing sie jetzt nicht an zu weinen. Er hasste weinende Frauen.
Also log Robert, wie er jedes Mal log. „Ich kann hier nicht weg. Paul erwartet von mir, dass ich seine Geschäfte verantwortungsvoll und zügig abwickle.“
„Ach, das schiebst du doch bloß vor, um mir aus dem Weg zu gehen. Was erwartet dich denn, wenn du hier fertig bist und nach Hause gehst? Da ist niemand. Kannst du nicht endlich die Tatsache akzeptieren, dass Sarah dich verlassen hat und …“
Robert erhob sich. „Das geht dich nichts an. Und ich habe heute Abend keine Zeit, okay?“
„Gleich wirst du noch behaupten, du hättest eine Verabredung mit einer Frau!“ höhnte Kitty.
„Genauso ist es“, sagte daraufhin eine sanfte Frauenstimme von der Tür her. „Ich bin seine Verabredung. Kommt das jetzt sehr überraschend für Sie?“
Kitty fuhr herum. Ihr schwarzes langes Haar wehte bei dieser Bewegung wie eine Flagge, die man in den Wind hielt. Sie erstarrte geradezu, weil sie sich einer Frau gegenüber sah, die sie nicht kannte, von der sie nicht wusste, wie sie zu Robert stand, doch was am schlimmsten für sie war: Sie erkannte schlagartig, dass diese Andere ihr überlegen war und nicht daran dachte, daraus ein Geheimnis zu machen.
„Verena!“ sagte Robert, ehrlich überrascht.
„Hallo, Robert, Lieber“, erwiderte Verena ungewöhnlich liebevoll und ging auf ihn zu, wobei sie an Kitty vorüber musste, diese allerdings auf eine Art ignorierte, dass sie Robert beinahe leid tat.
Er wusste, dass Verena immer an alles dachte, also mit der Möglichkeit dieser Situation gerechnet, sie kühl und sachlich im Voraus durchgespielt hatte. Sie war auf Kittys Reaktion bestens vorbereitet gewesen und konnte sie in ihr eigenes Verhalten einplanen.
Nun, da die Dinge sich genauso darstellten, wie Verena erwartet hatte, würde sie, was jetzt noch folgte, mit kaltblütiger Sachlichkeit handhaben wie einen geplatzten Autoreifen.
Sie würde mit Kitty spielen wie die Katze mit der Maus. Selbst, wenn Verena gar nichts sagte und nichts tat, waren ihr Lächeln, ihr Gesichtsausdruck und alle ihre Bewegungen ein einziger Ausdruck absoluter Überlegenheit, mit der sie Kitty schlichtweg mundtot machte.
Robert war von seinem Stuhl hinter den Schreibtisch aufgestanden und streckte Verena beide Hände entgegen.
„Entschuldige, ich wusste gar nicht, dass du…“
„Ach, du kennst mich doch, Robert, ich bin immer pünktlich, egal, wann, wo und mit wem ich auch immer verabredet bin“, lächelte sie.
Alles, was Kitty indes tun konnte, war, Verena anzustarren, die in ihrem hellbraunen Wildlederkostüm überwältigend aussah. Robert stellte fast gleichzeitig überrascht fest, dass Verena beim Friseur und ebenfalls bei einer Kosmetikerin gewesen war.
Es konnte wohl nicht ausbleiben, dass Kitty neben einer solchen Frau, die so kultiviert und stilsicher daher kam, immer mehr verblasste. Sie ertrank gewissermaßen
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