Liebeslied für einen Prinzen
strich sich das Haar aus dem Gesicht und sagte: „In ungefähr einer Viertelstunde gibt es Frühstück im Garten. Wenn Sie hungrig sind, dürfen Sie gern mitessen.“
„Prima“, erwiderte er nun. „Kann ich vorher noch duschen?“
„Natürlich, lassen Sie sich nicht aufhalten. Frische Handtücher finden Sie im Eckschrank.“
„Danke.“
Lächelnd lauschte Elena auf seine Schritte, während er durch den Korridor und ins Badezimmer ging. Weshalb ertappte sie sich ständig dabei, dass sie lächelte, wenn Adam in der Nähe war? Die Antwort lag auf der Hand. Elena wusste genau, warum sie so reagierte.
„Eine kleine Schwärmerei“, flüsterte sie. „Mehr ist es nicht.“
Hoffentlich konnte sie es einfach eine Weile genießen. Von mehr zu träumen wäre verrückt. Aber ich leide schließlich nicht unter geistiger Verwirrung, sagte Elena sich.
Doch wenn sie sich daran erinnerte, wie sich sein Körper in der vergangenen Nacht im Garten angefühlt hatte, verschlug es ihr den Atem, und ein erregendes Prickeln durchlief ihren Körper. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Und es war unbeschreiblich schön.
Es war fast wie eine Romanze. Eine feste Beziehung oder nur eine flüchtige Affäre hatte Elena bisher noch nie gehabt. Allmählich erkannte sie, wie beschützt und abgeschirmt sie gelebt hatte. Darum wollte sie dieses Liebesabenteuer genießen, auch wenn es sich bloß in ihren Gedanken abspielte. Es durfte nur nicht ernst werden. Dann blieb es eine schöne Erfahrung, an die sie sich gern erinnern würde.
Natürlich war sie im Nachteil, weil sie nicht sehen konnte. Sie musste Adams Reaktion erraten, weil sie nicht in seinem Gesicht oder in seinen Augen lesen konnte. Ob es ihm gefallen hatte, wie sie ihn berührt hatte? Sie glaubte es, sicher war sie sich jedoch nicht. Manchmal konnte sie sich nur auf ihren Instinkt verlassen.
Zumindest musste sie nicht befürchten, dass es für Adam schrecklich gewesen war. Er hatte sich nicht zurückgezogen, und wenn sie sich nicht täuschte, hatte er sogar schneller geatmet. Allerdings hatte ihr Herz so heftig geschlagen, dass es ihr schwergefallen war, überhaupt etwas zu hören.
Ja, alles in allem war sie froh, dem Instinkt nachgegeben und es gewagt zu haben. Jetzt konnte sie nur noch daran denken, wann sie wohl wieder eine Gelegenheit bekommen würde, Adam zu berühren.
Während er noch unter der Dusche stand, ging Elena in den Garten und ließ Jeremy frühstücken. Sie erlaubte ihm, aufzustehen und mit Fabio zu spielen, bevor sie Platzdeckchen auf den zierlichen schmiedeeisernen Gartentisch legte. Als der Tisch fertig gedeckt war, kam Adam nach draußen. Er duftete nach Seife und Shampoo.
„Wow“, sagte er fest. „Das sieht großartig aus. Ich habe einen Bärenhunger.“
Sie goss ihm Orangensaft und Kaffee ein. Obwohl Adam alles probierte, erkannte Elena schnell, dass ihm die Zimtbrötchen am besten schmeckten.
„Davon könnte ich glatt ein Dutzend verschlingen“, gestand er. „Die sind wirklich großartig, und Sie haben sie selbst gebacken. Gibt es eigentlich etwas, das Sie nicht können?“
Sie antwortete nicht, weil sie solche Komplimente hasste. Denn darin schwang immer mit, wie wenig die Leute einer blinden Frau zutrauten. Nachdem Elena sich davon überzeugt hatte, das alles Nötige auf dem Tisch stand, setzte sie sich Adam gegenüber und stützte das Kinn auf die verschränkten Hände.
„Adam, etwas lässt mir keine Ruhe.“
Hörbar stellte er die Kaffeetasse ab. „Und das wäre?“
„Als ich Sie gestern Abend kritisiert habe, ging es mir nur darum, dass Sie die Thronfolge ausschlagen. Darum habe ich zwar gehört, was Sie sagten, es aber nicht gleich begriffen. Erst später habe ich mich daran erinnert, und ich finde es wichtig, viel wichtiger als die Frage, ob Sie König werden.“
Nachdem er sekundenlang geschwiegen hatte, fragte er: „Wovon sprechen Sie?“
Sie presste die Lippen aufeinander und lauschte, um sicher zu sein, dass Jeremy mit Fabio weit genug entfernt war und nicht zuhörte. „Es geht darum, was Sie gestern über Jeremy gesagt haben. Sie glauben, dass er sich nichts aus Ihnen macht.“
Adam seufzte. „Ach so, mein Moment der Wahrheit.“
Der bittere Unterton in seinen Worten bestärkte Elena in ihrer Annahme. „Nein, das war nicht die Wahrheit. Vielleicht Unmut, aber garantiert Kummer. Sie sind schrecklich starrsinnig!“
„Ich glaube wirklich, dass ich meinen Sohn besser kenne als Sie“, wehrte er entschieden ab.
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