Liebeslied für einen Prinzen
lag ein wenig abseits der Touristenpfade, aber nah genug, um die allgemeine Betriebsamkeit in Santa Fiera mitzuerleben.
„Sie sind dabei, mich zu bekehren“, gestand Adam, als sie mit einem Glas landestypischen Weines auf ihr gemeinsames Abenteuer anstießen. „San Rinaldi ist wirklich einer der schönsten Orte, an denen ich jemals gewesen bin.“
„Natürlich“, versicherte Elena und beugte sich zu ihm. „Aber spüren Sie auch schon eine Bindung an die Insel? Fühlen Sie die Schwingungen?“
Darüber musste er erst einmal nachdenken. „Ich glaube schon“, meinte er schließlich. „Fragen Sie mich das heute Abend noch einmal, wenn ich alles gesehen und verarbeitet habe.“
„Sie werden es fühlen“, behauptete sie zuversichtlich. „In Ihren Adern fließt das Blut unserer Königsfamilie. Dafür sollten Sie Ihrem Vater dankbar sein.“ Sie zögerte, weil sie nicht sicher war, wie Adam die Frage aufnehmen würde. Trotzdem musste Elena sie stellen. „Haben Sie eigentlich jemals Ihren Vater kennengelernt?“
Er holte tief Luft, als würde ihn das Thema überrumpeln, antwortete jedoch sofort. „Nein. Ich habe ihn nur ein einziges Mal gesehen.“
„Ach, tatsächlich?“
„Ja. Ich war damals sechzehn. Meine Mutter kam auf die Idee, ihren heranwachsenden Sohn im Frühling zur beginnenden Party-Saison nach Rom mitzunehmen. Zwar hat sie mich sehr schnell in ein Flugzeug nach Hause gesetzt, aber es war trotzdem toll. In der kurzen Zeit dort war ich mit einer Freundin meiner Mutter beim Shoppen, als plötzlich eine große schwarze Limousine, flankiert von Polizisten auf Motorrädern, vor uns hielt. Meine Begleiterin zeigte auf den Mann, der aus dem Font ausstieg. ‚Das ist dein Vater‘, sagte sie, ‚der Kronprinz von San Rinaldi.‘“
„Hatten Sie vorher mal ein Foto von ihm gesehen?“
„Ja, sicher. Meine Mutter hatte Bilder von ihm, aber irgendwie kam er mir immer wie ein Filmstar vor. Wissen Sie, er war unerreichbar, er gehörte zu einer anderen Welt. Als ich ihn dann persönlich sah …“ Er stockte und räusperte sich. „Ich folgte ihm fast wie besessen. Ich konnte nicht anders. Darum ging ich ihm in ein Kaufhaus nach, Stockwerk für Stockwerk. Allerdings bemerkten mich bald seine Sicherheitsleute und wollten mich gerade nach draußen bringen. Da drehte mein Vater sich um, und einen Moment standen wir uns von Angesicht zu Angesicht gegenüber.“
„Haben Sie etwas zu ihm gesagt?“, fragte Elena leise.
„Nein. Aber ich glaube, dass er wusste, wer ich war. Da war etwas zwischen uns – eine unsichtbare Verbindung. Er starrte mich an, und sein Gesicht …“ Bei der Erinnerung schnürte es Adam die Kehle zu. Er musste husten, um das Gefühl abzuschütteln. „Mit achtzehn schrieb ich ihm einen Brief, bekam aber nur einen Vordruck zurück. ‚Vielen Dank für Ihren Brief, doch der Prinz beantwortet keine privaten Schreiben.‘ Das war alles.“
Sie spürte seinen Schmerz, tastete nach seiner Hand und drückte sie. Sie hätte gern mehr für ihn getan.
„Deshalb war ich fest entschlossen, mich um Jeremy zu kümmern“, fuhr er fort. „Bevor Melissa uns im Stich ließ, sagte sie …“ Adam unterbrach sich und lachte zornig. „Sie wollte, dass ich ihn zur Adoption freigebe. Ich sollte ihn einfach so weggeben, als wäre er ein lästiges Haustier. Jeremy war damals so klein und hilflos, er brauchte doch … jemanden. Ich dachte, dass ich das sein könnte. Heute bin ich mir da nicht mehr sicher.“
Er atmete tief ein. „Vielleicht habe ich selbstsüchtig gehandelt. Wäre er von einem netten Paar adoptiert worden, wäre es für ihn womöglich besser gewesen.“
Dass Adam so etwas überhaupt nur dachte, brach Elena regelrecht das Herz. Sie erkannte aber, wie schwer es ihm fiel, über all das zu sprechen, und war froh, dass er sich ihr anvertraute.
„Adoption kann etwas Wunderbares sein“, murmelte sie. „Vater zu sein allerdings auch.“
Erst jetzt merkte Adam, dass das Gespräch eine Wendung genommen hatte, die die fröhliche Stimmung dämpfte. „Was ist mit Ihnen, Elena?“, erkundigte er sich, um das Thema zu wechseln. „Bisher haben Sie kein Wort über Ihren Vater verloren.“
Sein Interesse schien sie zu überraschen, aber nicht zu stören.
„Mein Vater verschwand, als ich noch ein kleines Mädchen war“, erwiderte sie wie nebenbei, als würde der Verlust des Vaters sie nicht weiter berühren. „Es passierte kurz nachdem ich erblindete. Wahrscheinlich wurde er damit nicht
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