Liebeslist und Leidenschaft
Mr Hunter. „Er leitet Jackson Importers. Ich arbeite übrigens auch für ihn.“
Ihre Mutter erbleichte. „Jackson Importers – hat die Firma etwas mit Thomas Jackson zu tun?“
„Ja, es war sein Unternehmen“, gab Nicole zu. „Inzwischen ist er verstorben.“
Cynthia runzelte die Stirn. „Hunter? War Nates Mutter zufällig Deborah Hunter?“
Nicole zuckte zusammen. Hatte Cynthia die richtigen Schlüsse gezogen? „Ich glaube schon, ja.“
„Dann hat es damals also doch gestimmt. Seinerzeit gab es Gerüchte, dass Thomas und Deborah etwas miteinander hätten, aber wie gesagt, es waren nur Gerüchte. Charles hat es damals nicht geglaubt. Er meinte, wenn Thomas etwas mit ihr hätte, müsste er es wissen.“ Sie lachte auf. „Dabei war er immer so auf die Firma fixiert, dass er gar nicht mitbekommen hat, was um ihn herum so abging. Na ja, auf jeden Fall habe ich damals gehört, sie hätte ein uneheliches Kind bekommen, aber wir standen uns nicht sehr nahe, deshalb habe ich die Sache nicht weiterverfolgt.“
Nicole war sprachlos. Sie hatte das alles nicht offenbaren wollen, aber Cynthia hatte ganz einfach eins und eins zusammengezählt. Wenn das so einfach war – warum war ihr Vater nie zu diesem Schluss gekommen?
Plötzlich ergriff Cynthia die Hand von Nicole und hielt sie fest.
„Du musst da weg, meine Kleine. Einem Mann, der von Thomas Jackson abstammt, kann man nicht trauen. Was meinst du denn, wer deinem Vater diese Lügen über mich erzählt und damit unsere Ehe ruiniert hat? Denk an den Schaden, den die Lügereien dieses Mannes unserer Familie angetan haben. Die beiden waren so etwas wie Todfeinde. Wenn Thomas Jacksons Sohn jetzt mit dir zusammen ist, kann es dafür eigentlich nur einen Grund geben – er will Rache an deinem Vater nehmen.“
Wie recht du hast, dachte Nicole. Und das Schlimme ist, dass ich das Spiel sogar ein Stück weit mitgespielt habe, weil ich so sauer auf Dad war.
„Hand aufs Herz, Nicole. Hat Nate Hunter dich irgendwie in der Hand? Zwingt er dich, bei ihm zu bleiben?“
Nicole war erstaunt, wie scharfsinnig ihre Mutter die Situation analysierte. Aber so leicht wollte sie sich nicht durchschauen lassen. „Ist es denn so unwahrscheinlich, dass ich mit ihm zusammen bin, weil er mich gut behandelt und zu schätzen weiß?“, gab sie zurück. Doch im selben Moment wurde ihr klar, dass ihre Mutter das als Lüge erkennen würde.
Mitleidig schüttelte Cynthia den Kopf. „Du liebst ihn, stimmt’s?“
„Nein!“, stieß Nicole erregt hervor. Dabei war sie sich da nicht so sicher. Liebte sie ihn? Wie könnte sie denn? Sie war seine Bettgefährtin, seine Gefangene, seine Arbeitskollegin. Sein Werkzeug für die Rache an ihrem Vater. Ihre Gefühle für ihn waren zu kompliziert, als dass sie sie mit ihrer Mutter hätte ausdiskutieren wollen. Stattdessen fügte sie hinzu: „Unsere Beziehung … bietet uns beiden gewisse Vorteile.“
„Na, wollen wir’s hoffen. Denn wenn er nur ein bisschen nach seinem Vater kommt, führt er was im Schilde. Rachepläne.“
„Können wir bitte das Thema wechseln? Ich habe wirklich keine Lust, meine Beziehung zu Nate mit dir durchzukauen. Außerdem hatte ich gedacht, wir beide wollten uns besser kennenlernen.“
„Du hast ja recht. Es tut mir leid.“ Cynthia lächelte sie entschuldigend an, und die beiden wandten sich anderen Themen zu.
Als Nicole auf dem Rückweg zum Apartment war, hatte sie zwiespältige Gefühle. Solange sie sich nicht gerade über Nate oder ihren Vater unterhalten hatten, war das Treffen wirklich nett gewesen. Cynthia hatte viel über ihr Heim erzählt – das Anwesen „The Masters“ am Rand von Adelaide, das gleichzeitig Weingut und Hotel war – und auch über Nicoles Cousins, die dort wohnten. Cousins! Ihre Familie war größer, als sie gedacht hatte, und sie hatte nie Gelegenheit gehabt, die Verwandtschaft kennenzulernen. Ganz im Gegensatz zu Judd, der ihr obendrein noch die Zuneigung ihres Vaters, ihr Zuhause und ihren geliebten Job weggenommen hatte. Und sie hatte jetzt nichts mehr. Absolut nichts.
10. KAPITEL
Als Nate das Apartment betrat, merkte er sofort, dass etwas nicht stimmte. Nicole hielt ein Weinglas in der Hand und sah aus dem Fenster. Sie wirkte angespannt. Heute Morgen, als er sie verlassen hatte, um zu Raouls Hochzeit zu gehen, war sie noch ganz anders gewesen.
Er wusste, dass sie sein Spiegelbild im Fenster sehen konnte, dennoch machte sie keine Anstalten, ihn zu begrüßen.
„Was ist
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