Liebesmaerchen in New York
Hand, dachte Mitch verärgert, während er auf die andere Seite des Bettes kletterte. »Um was geht es?«
»Sind Sie überhaupt schon aufgestanden?«
Die leichte Missbilligung in ihrer Stimme ärgerte ihn. Das und der Umstand, dass sich seine Zunge unangenehm geschwollen anfühlte. »Ja, ich bin auf. Ich rede doch mit Ihnen, oder nicht?«
»Ich rufe Sie nur an wegen der Telefonnummern und Informationen, die Sie brauchen, wenn Sie auf Radley aufpassen.«
»Ach so.« Er strich sich das Haar aus der Stirn und sah sich um, in der Hoffnung, irgendwo in seiner Nähe ein Glas Wasser oder Ähnliches stehen zu sehen. Aber er hatte kein Glück. »In Ordnung. Warten Sie, ich hole mir nur schnell einen Bleistift.«
»Ja, nur …« Er hörte, dass sie eine Hand über die Muschel hielt und mit jemandem sprach – wahrscheinlich mit Radley, dachte er, der Eindringlichkeit ihrer Stimme nach zu urteilen. »Radley hatte eigentlich gehofft, wir könnten für eine Minute bei Ihnen vorbeikommen, wenn es Ihnen nicht zu viel Mühe macht. Er würde Sie gern seinem Freund vorstellen. Aber wenn Sie sehr beschäftigt sind, kann ich Ihnen die Informationen auch später vorbeibringen.«
Mitch setzte schon dazu an, ihr zu sagen, genau das möge sie tun, denn abgesehen davon, dass er gern weitergeschlafen hätte, mochte sich auf diese Weise vielleicht die Gelegenheit ergeben, ein paar Minuten mit ihr alleine zu sein. Doch dann dachte er an Radley, der wahrscheinlich neben seiner Mutter stand und voller Erwartung zu ihr aufsah. »Geben Sie mir zehn Minuten«, sagte er hastig und legte auf, bevor Hester noch einen Ton erwidern konnte.
Er zog seine Jeans an und ging ins Badezimmer, wo er das Waschbecken mit kaltem Wasser volllaufen ließ. Dann holte er tief Luft und hielt sein Gesicht hinein. Fluchend, aber wach tauchte er wieder auf. Fünf Minuten später zog er sich ein Sweatshirt über und überlegte, ob er daran gedacht hatte, ein paar Socken waschen zu lassen. Die Wäsche, die von der Wäscherei sauber und gebügelt zurückgebracht worden war, hatte er nachlässig auf einen Stuhl in die Ecke gelegt. Er erwog flüchtig, den Haufen zu durchwühlen, als er ein Klopfen hörte. Taz wedelte mit dem Schwanz auf der Matratze, bleckte seine großen weißen Zähne und gab ein Jaulen von sich.
»Mach, dass du aus dem Bett kommst«, schimpfte Mitch. »Weißt du denn nicht, dass es schon nach zwei ist?« Er fuhr sich mit der Hand über sein unrasiertes Kinn und öffnete die Tür.
Sie sah umwerfend aus, einfach umwerfend. Den kleinen Jungen an der Hand, stand Hester an der Tür und lächelte scheu. Er war überrascht. Er hatte sie für kühl und zurückhaltend gehalten. Gab sie sich nur so, um hinter dieser Reserviertheit ihre Schüchternheit zu verstecken, die er ausgesprochen reizvoll fand?
»Hallo, Red.«
»Hallo, Mitch«, gab Red zurück und schien vor Stolz zu wachsen. »Das ist mein Freund, Josh Miller. Er will nicht glauben, dass du Commander Zark bist.«
»Tatsächlich?« Mitch sah auf den ungläubigen Burschen hinunter, einen mageren Jungen mit strohblondem Haar, der nur ein paar Zentimeter größer war als Red. »Kommt rein.«
»Es ist nett von Ihnen, uns hereinzubitten«, fing Hester an. »Red hätte mir keine Ruhe gelassen, bis die Sache mit Josh geregelt gewesen wäre.«
Als Mitch die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, war Hesters erster Eindruck, in seinem Wohnzimmer müsse eine Bombe explodiert sein. Wohin man sah, überall lagen Papier, Kleidungsstücke und Krimskrams herum. Möbel ließen sich nur erahnen, zu sehen waren sie nicht.
»Sag Josh, dass du Commander Zark bist«, drängte Red.
»Das könnte man vielleicht sagen.« Die Formulierung gefiel Mitch. »Jedenfalls habe ich ihn erschaffen.« Er bemerkte, dass Josh ihn misstrauisch ansah. »Geht ihr beide zusammen zur Schule?«
»Früher.« Josh sah Mitch immer noch prüfend an. »Sie sehen aber nicht aus wie Commander Zark.«
Mitch rieb sich wieder das Kinn. »Anstrengender Abend, gestern.«
»Er ist aber auch Zark. He, Mom, sieh doch mal, Mitch hat einen Videorekorder.« Radley hatte keine Mühe, in dem Durcheinander das zu entdecken, was ihn interessierte. »Ich spare schon die ganze Zeit mein Taschengeld, um einen zu kaufen. Siebzehn Dollar hab ich schon.«
»Das läppert sich zusammen.« Mitch nickte und fuhr sich mit dem Finger über die Nase. »Warum gehen wir nicht in mein Arbeitszimmer? Dann kann ich euch zeigen, was ich für die Frühjahrsausgabe ausgebrütet
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