Liebesnacht im Wuestenpalast
Sie strich über das marmorne Waschbecken. Es sah jedenfalls nicht danach aus. Nicht, wenn seiner Familie tatsächlich dieses prächtige Anwesen gehörte.
Wer um alles in der Welt war dieser Shafir?
Shafir blickte auf, als Megan Saxon in den holzgetäfelten Salon kam, den er gern als sein eigenes Reich betrachtete.
Sie hatte ihre Haare gebürstet, bis sie glänzten. Aber sie trug immer noch den grauen Hosenanzug.
Vielleicht dachte sie, dass sie klein beigab, wenn sie sich erst einmal umzog. Wahrscheinlich verlangte sie gleich wieder, dass er sie zu Jacques brachte. Oder es war das einzig dezente Kleidungsstück, das sie dabeihatte. In ihrem Koffer waren wahrscheinlich lauter knappe Fähnchen, mit denen sie Garnier verführen wollte.
Der Gedanke gefiel ihm nicht, und er musterte sie finster. Sie trug keinerlei Make-up. Ihre Haut strahlte dadurch noch mehr.
Und sie sah noch unschuldiger aus.
Sie erwiderte seinen Blick, als sie vor dem Diwan stehen blieb, auf dem er saß. Sein Jackett lag neben ihm, die Beine hatte er weit von sich gestreckt und die Füße überkreuzt.
„Also, wer sind Sie, Shafir? Sie sehen nicht aus wie ein Bandit“, sagte Megan. „Ein Bandit?“ Shafir spürte Ärger in sich aufsteigen. Aber seine gute Erziehung hinderte ihn daran, unbeherrscht aufzuspringen. „Sie glauben, dass ich ein Bandit bin?“
Sie legte den Kopf schräg und betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Ich bin mir nicht sicher.“
Normalerweise kleidete er sich bequem – er trug dann die Thobe, das traditionelle Gewand arabischer Männer. Den Anzug trug er nur ihretwegen. Er wusste, dass sie einem Mann in einem europäischen Designeranzug eher vertrauen würde. Und so war es auch. Er wusste, wie er aussah. Reich. Vornehm. Mächtig.
Nicht wie ein Bandit.
„Natürlich weiß ich nicht genau, wie Banditen aussehen. Manche ziehen sich vielleicht sehr gut an.“
Sie sah ihn von oben bis unten an. Das ärgerte ihn maßlos.
„Und warum denken Sie, dass ich ein Bandit bin?“ Shafirs leise Stimme verriet, dass er nicht zu Scherzen aufgelegt war.
Aber Megan schien davon nichts zu bemerken, denn sie drehte sich weg und musterte die Sammlung antiker Säbel, die an der Wand hingen. Mit dem Rücken zu ihm sagte sie: „Sie verhalten sich wie ein Bandit. Auch wenn ich nicht weiß, was es Ihnen bringt, mich zu entführen.“
„Was es mir bringt?“ Verblüfft wiederholte er ihre anmaßenden Worte. Er war der Prinz von Dhahara. Sicherlich gab es nichts, was er von ihr brauchte. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Dann sagte er: „Was also glauben Sie, bringt es mir?“
Sie drehte sich zu ihm um. Ihr Blick war wachsam. „Geld. Ich glaube, Sie wollen durch mich Lösegeld erpressen.“
Fast hätte er gelacht. Aber er merkte, dass sie es ernst meinte. Sie hatte mehr Angst, als sie sich anmerken ließ. Er bekam ein schlechtes Gewissen.
„Aber das wäre ein großer Fehler. Ich bin eine ganz normale Touristin.“
Jetzt lachte Shafir tatsächlich. Auch wenn er es nicht lustig fand. Sein schlechtes Gewissen war wie weggeblasen. Hielt sie ihn für so einen harmlosen Trottel?
„Vielleicht nicht ganz normal“, sagte er ironisch. Er war ihr jetzt so nah, dass er ihren Atem spürte. Er roch ganz leicht nach Pfefferminze. „Sie sind Garniers Freundin, und seine Familie ist millionenschwer.“
„Also geht es doch um Lösegeld.“ Sie sah enttäuscht aus. „Er wird nichts zahlen, das kann ich Ihnen versichern. Ich bedeute ihm nichts. Ich bin nicht einmal seine Freundin.“
Jetzt wurde es interessant. „Das sollten Sie mir nicht erzählen.“ Hatte diese Frau denn keinerlei Selbsterhaltungstrieb? „Sie sollten so tun, als seien sie sehr wichtig für Jacques, damit Ihr Erpresser Sie am Leben hält.“
„Danke für den Tipp. Wollen Sie nun Lösegeld oder nicht?“
„Natürlich nicht. Wie ich schon sagte – ich bin ein Freund von Jacques.“
„Das könnte auch eine Lüge gewesen sein, damit ich mit Ihnen komme.“
Sie sah ihn wieder an. Bis auf den schicken Anzug war er Jacques überhaupt nicht ähnlich. „Und woher kennen Sie Jacques? Gemeinsame Geschäfte?“
Er nickte. „Und über die Familie.“
„Sie sind verwandt?“ Sie war überrascht. „Jacques hat nie gesagt, dass er Verwandte in Dhahara hat.“
„Jacques und ich werden bald zur gleichen Familie gehören. Es wird eine Hochzeit geben“, sagte er und sah sie durchdringend an.
Megan tat Shafirs zukünftige Braut leid. Die arme Frau würde ihr
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