Liebesnacht im Wuestenpalast
sie in der Stadt ist. Zara könnte es herausfinden …“
„Zara wird nichts merken!“
„Diese Frau könnte jederzeit mit Zara sprechen und Ärger machen.“
Shafir wurde ungeduldig. „Nennt sie nicht immer ‚diese Frau‘. Sie hat einen Namen: Megan.“ Er hielt dem Blick seines Vaters stand. „Sie wird keinen Ärger machen. Das ist nicht ihre Art.“
„Sie ist eine Irre.“
„Das stimmt nicht.“
„Du widersprichst mir, um diese Frau zu verteidigen?“
„Sie hat Jacques nicht nachgestellt – er hat das erfunden.“
„Warum sollte er uns anlügen?“
Shafir warf seinem Vater einen bedeutsamen Blick zu. „Was glaubt Ihr?“
„Du meinst …“
Shafir nickte und führte seinen Vater in die Bibliothek.
„Oh.“ Dem König schienen die Worte zu fehlen. Unruhig lief er auf dem teuren Perserteppich auf und ab und setzte sich schließlich auf einen Stuhl mit einer hohen Rückenlehne. „Aber so eine Frau sollte nicht mit dir in einem Haus leben.“
So eine Antwort hatte Shafir erwartet. Dass es die Idee seines Vaters gewesen war, Megan in seinem Haus unterzubringen, sagte er lieber nicht. Er hatte Shafir befohlen, sie davon abzuhalten, Ärger zu machen – egal, wie. Nichts anderes hatte er getan.
„Die Leute werden denken …“
„Es ist mir egal, was die Leute denken. Sie nennen mich den Ungezähmten. Ich habe mehr Freiheiten als Khalid.“
„Du weißt, dass sie dich so nennen? Glaubst du, das ist etwas Gutes?“ Sein Vater schüttelte den Kopf. „Ich bin mir da nicht so sicher. Ich wünschte, deine Mutter würde noch leben. Ich könnte jetzt gut ihren Rat gebrauchen.“
Plötzlich wurde Shafir klar, dass sein Vater langsam alt wurde. Er bemerkte Falten auf seiner Stirn, die vor ein paar Monaten noch nicht da gewesen waren.
„Wenn deine Mutter hier wäre, wüsste sie, was wir mit dieser Frau machen sollen …“
„Mit Megan!“
„Mit dieser Megan.“ Sein Vater massierte sich den Nasenrücken. „Khalid und du wärt jetzt beide verheiratet. Sie hätte dafür gesorgt.“
Shafir musste sich zusammenreißen, um nicht die Augen zu verdrehen. Stattdessen verschränkte er die Arme und sagte: „Ich kann mir selbst eine Ehefrau suchen.“
„Aber du brauchst lange dafür, mein Sohn. Und solange diese Frau in deinem Haus lebt, wirst du erst recht keine finden.“ Er seufzte zum zweiten Mal. „Und wenn Zara davon erfährt, wird es sie verletzen. Du weißt, wie sehr sie dich liebt.“
„Sie wird Megan nicht mit Jacques Garnier in Verbindung bringen – außer, jemand sagt es ihr. Und ich habe alles dafür getan, sie abzulenken, sodass Zaras Hochzeit nicht in Gefahr ist.“ Er gab nicht zu, wie sehr er noch vor ein paar Minuten erschrocken war, als er dachte, dass sich die beiden Frauen begegnet waren. Auch dass er sich um Jacques kümmern würde, sagte er nicht. Er wollte seinen Vater nicht beunruhigen.
„Aber …“
„Megan ist eine nette Frau, Vater.“
„Ich glaube nicht …“
„Ihr solltet sie kennenlernen.“ Er ignorierte den Protest seines Vaters. „Vielleicht könnten wir alle zusammen zu Abend essen?“
Der König sah entsetzt aus. „Ich will diese Frau, die so viel Ärger gemacht hat, ganz bestimmt nicht kennenlernen.“
„Megan. Sie heißt Megan. Sagt es.“
„Megan“, sagte der König widerwillig.
„Unsere Familie hat ihr Unrecht getan. Es ist das Mindeste, was wir tun können, um es wiedergutzumachen.“
„Ihr Unrecht getan?“ Der König sah noch entsetzter aus. „Oh nein. Du hast das getan, was Rafiq dir geraten hat. Du hast diese Frau verführt, um sie von Jacques abzulenken.“
Shafir hob die Hand. „Es reicht.“
„Oje, oje.“ Der König warf die Hände in die Luft. „Ich will nichts mehr davon hören. Ich hatte dir gesagt, du sollst diese Frau ablenken, bis die Hochzeit vorbei ist. Du hast mir nicht gehorcht.“
Sein Leben lang hatte Shafir sich seinem Vater nie widersetzt. Aber er hatte Megan gegen König Selims Willen in die Stadt gebracht.
Weil er Garnier zur Rede stellen wollte und sie nicht aus den Augen lassen durfte und auch nicht wollte.
„Vater, ich habe sie nicht verführt …“
König Selim stand auf. „Ich sehe es dir doch an. Du kannst mich nicht anlügen, mein Sohn. Sie ist deine Geliebte.“
Shafir zögerte ein wenig zu lange, bevor er es abstritt. „Nein, ich habe sie nicht gebeten, meine Geliebte zu sein.“
Und plötzlich war er heilfroh, es nicht getan zu haben.
Megan verdiente etwas Besseres.
Sein Vater
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