Liebesnacht mit einem Mörder
hat Rudy effektiv mehr Ahnung als ich.«
»Und dank dieser Entschuldigung können Sie damit leben? Oder vielleicht konnten Sie ja nicht mehr damit leben. War er in der Nacht, in der Donnie Ray ermordet wurde, mit Ihnen zusammen? Können Sie mir ins Gesicht sehen und schwören, dass er die ganze Nacht bei Ihnen gewesen ist?«
»Rudy könnte keinem Menschen wehtun. Er könnte es ganz einfach nicht.«
»Sind Sie sich da so sicher, dass Sie einen weiteren Tod riskieren würden? Wenn nicht in dieser Nacht, dann vielleicht in der nächsten?«
»Wer auch immer diese Menschen umgebracht hat, ist eindeutig verrückt – bösartig, grausam und verrückt. Wenn ich dächte, dass Rudy diese Taten begangen haben könnte, könnte ich damit nicht leben. Wir sind eine Einheit, sodass dieser Trieb, wenn er ihn hätte, auch in mir vorhanden wäre. Damit könnte ich nicht leben.« Sie verbarg ihr Gesicht hinter den Händen. »Ich ertrage das alles nicht mehr. Ich werde nicht weiter mit Ihnen sprechen. Wenn Sie Rudy eines Mordes bezichtigen, bezichtigen Sie dadurch gleichermaßen mich, und deshalb werde ich jetzt nichts mehr sagen.«
Eve erhob sich, blieb jedoch noch einen Moment neben dem Sessel stehen. »Egal, was er Ihnen erzählt hat, sind Sie nicht die Hälfte eines Ganzen, Piper. Falls Sie einen Ausweg suchen, kenne ich jemanden, der Ihnen helfen kann.«
Obgleich sie die Befürchtung hatte, dass es sinnlos war, zog sie eine ihrer eigenen Visitenkarten aus der Tasche, notierte auf der Rückseite Namen und Telefonnummer von Dr. Mira, legte die Karte auf die Sessellehne und verließ den Raum.
In einem Aufruhr der unterschiedlichsten Gefühle stieg sie in ihren Wagen. Sie brauchte ein paar Minuten, um sich zu beruhigen. Dann sah sie auf ihre Uhr. Die Zeit war knapp, doch sie müsste reichen.
Statt des Links in ihrem Wagen nahm sie ihr eigenes Handy und wählte die Nummer von Nadine.
»Was wollen Sie, Dallas? Ich habe keine Zeit. In einer Stunde beginnt die Pressekonferenz.«
»Seien Sie in fünfzehn Minuten zusammen mit Ihrem Kameramann im D and D.«
»Ich kann nicht – «
»Doch, Sie können.« Eve brach die Übertragung ab und fuhr in Richtung Stadt.
Sie hatte den Down and Dirty Club teils aus Rührseligkeit und teils deshalb ausgewählt, weil dort an einem Nachmittag mitten in der Woche relative Ruhe zu erwarten war. Außerdem war der Besitzer ein Freund, der dafür sorgen würde, dass die Unterhaltung zwischen den beiden Frauen ungestört verlief.
»Was treibt dich denn hierher, weißes Mädchen?« Crack, ein Hüne von einem Meter fünfundneunzig, sah sie grinsend an. Er hatte ein dunkles, freundliches Gesicht, einen frisch rasierten und auf Hochglanz polierten Schädel und wirkte in seiner mit Pfauenfedern besetzten Weste, einer Lederhose, die so eng war, dass sich Eve die Frage stellte, ob er seine Eier nicht darin zerquetschte, und ebenfalls hautengen, kirschroten Stiefeln wie ein Papagei.
»Ich bin hier verabredet«, erklärte sie und sah sich aufmerksam in dem Laden um. Wie erwartet, herrschte nur mäßiger Betrieb. Außer den sechs Tänzerinnen, die auf der Bühne probten, entdeckte sie noch eine Hand voll Kunden, die sie ebenso schnell als Polizistin erkannten, wie man brauchte, um am Times Square einem Touristen den Geldbeutel zu klauen.
Sicher schwammen in ein paar Minuten mehrere Gramm irgendwelcher illegaler Substanzen durch die Abwasserkanäle New Yorks.
»Bringen Sie etwa noch mehr Bullen hierher?« Er schaute zwei spindeldürren Dealern hinterher, die auf direktem Weg in Richtung der Toiletten eilten, und fügte hinzu: »Dadurch verderben Sie ein paar Leuten eindeutig das Geschäft.«
»Ich bin nicht hier, weil ich ein Razzia unter Ihren Gästen veranstalten will, sondern ich habe eine Vertreterin der Presse einbestellt. Haben Sie ein Zimmer, in dem wir ungestört sind?«
»Sie haben Nadine hierher bestellt? Super. Nehmen Sie Zimmer Nummer drei, Schätzchen. Ich werde in der Zwischenzeit die Augen offen halten, kein Problem.«
»Danke.« Als die Tür aufging und etwas Sonnenlicht hereinfiel, lugte sie über ihre Schulter und entdeckte die von ihrem Kameramann gefolgte Nadine. »Es wird nicht lange dauern.«
Eve deutete in Richtung des angewiesenen Raumes und durchquerte, ohne auf Nadines Zustimmung zu warten, die Bar.
»Sie frequentieren echt interessante Orte, Dallas.« Beim Anblick der fleckigen Tapeten und des zerwühlten Betts – das das einzige Möbelstück im ganzen Zimmer war –
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