Liebesnacht mit einem Mörder
musterte die Empfangsdame stirnrunzelnd. »Aber ich will immer noch den Duft, von dem wir vorhin gesprochen haben.«
»Selbstverständlich.« Um ein Haar hätte die Rezeptionistin einen Kniefall vor ihr gemacht. »Ist er für Sie selbst?«
»Nein, es ist ein Geschenk.«
»Ein sehr persönliches Geschenk.« Yvette zog einen Handcomputer aus der Tasche. »Für einen Mann oder für eine Frau?«
»Eine Frau.«
»Könnten Sie mir drei hervorstechende Eigenschaften von ihr nennen? Wie kühn, schüchtern oder romantisch?«
»Intelligent«, erklärte Eve in Gedanken an Dr. Mira. »Mitfühlend. Gründlich.«
»Sehr gut. Und wie sieht die Dame aus?«
»Mittelgroß, schlank, braune Haare, blaue Augen, heller Teint. «
»Sehr gut«, meinte Yvette und dachte angewidert, die Beschreibung wäre bestens für einen Polizeibericht geeignet. »Was für ein Braun haben die Haare? Was hat sie für eine Frisur?«
Eve atmete zischend aus. Weihnachtseinkäufe waren echt ein mühseliges Geschäft. Trotzdem gab sie sich weiter die größte Mühe mit ihrer Beschreibung der besten Profilerin und Psychologin der New Yorker Polizei.
Als Peabody hereinkam, wählte sie gerade die passende Flasche und wartete darauf, dass Simon endlich mit dem Ausdruck und der Diskette kam.
»Sie haben schon wieder geshoppt.«
»Nein, ich habe wieder lediglich etwas gekauft.«
»Wollen Sie es nach Hause oder ins Büro geliefert haben, Lieutenant?«
»Nach Hause.«
»Sollen wir es als Geschenk verpacken?«
»Verdammt, ja, meinetwegen, packen Sie es ein. Simon, sind Sie vielleicht bald fertig?«
»Alles erledigt, liebster Lieutenant.« Er hob den Kopf und sah sie strahlend an. »Ich bin so froh, dass wir Ihnen in dieser Sache helfen konnten.« Er schob die Diskette und den Ausdruck in eine kleine goldene Tüte. »Ich habe Ihnen auch noch ein paar natürlich perfekt auf Sie abgestimmte Proben eingesteckt.« Stolz auf diesen kleinen Scherz, hielt er ihr die Tüte hin. »Außerdem hoffe ich natürlich, dass Sie mich auf dem Laufenden halten werden. Und bitte kommen Sie doch bald noch mal zurück. Es wäre mir eine Ehre und vor allem ein Vergnügen, mich künstlerisch an Ihnen verwirklichen zu dürfen.«
6
W ahre Menschenströme wälzten sich durch die Fifth Avenue. Fußgänger schwärmten über die Bürgersteige, drängten sich auf Gleitbändern, verstopften die Kreuzungen und drückten sich, begierig darauf, die Geschäfte zu betreten und zu kaufen, die Nasen an den Auslagen der Läden platt.
Einige bereits wie Maulesel mit Tüten beladene Wesen teilten die Massen in dem hoffnungslosen Kampf um eines der Taxis unsanft mit den Ellenbogen, während über ihren Köpfen Werbeflieger mit schrillen Sprüchen Rabatte und Produkte priesen, ohne die das Leben jeden Wert verlor.
»Sie sind alle verrückt«, erklärte Eve, während sie beobachtete, wie die Massen in Richtung eines Maxibusses drängten, der Richtung Zentrum flog. »Hoffnungslos verrückt. «
»Sie selbst haben vor zwanzig Minuten ebenfalls etwas gekauft. «
»Auf eine zivilisierte und würdevolle Art.«
Peabody zuckte mit den Schultern. »Ich mag das vorweihnachtliche Treiben.«
»Dann bin ich im Begriff, Sie glücklich zu machen. Wir steigen nämlich aus.«
»Hier?«
»Weiter werden wir im Wagen nicht kommen.« Ihr Fahrzeug glitt im Schneckentempo durch den dichten Strom von Menschen und schob sich Stück für Stück an die Kreuzung zwischen Fünfzigster und Einundfünfzigster heran. »Das Juweliergeschäft ist ein paar Blöcke weiter unten. Zu Fuß sind wir bestimmt schneller.«
Peabody bahnte sich einen Weg nach draußen und holte ihre Vorgesetzte, die wie stets ein flottes Tempo hatte, an der Ecke ein. Der Wind rauschte durch die Straße wie ein Fluss durch einen Canyon, und bereits nach fünfzig Metern leuchteten ihrer beider Nasen vor Kälte in einem unheilvollen Pink.
»Echt ätzend«, schimpfte Eve. »Die Hälfte dieser Leute lebt noch nicht mal hier. Jeden verdammten Dezember strömen sie herbei und verstopfen unsere Straßen.«
»Und pumpen jede Menge Geld in unsere Wirtschaft.«
»Wenn sie nicht gerade sämtliche Verkehrsmittel besetzen, Unfälle verursachen oder Diebstähle begehen. Versuchen Sie mal abends um sechs aus dem Zentrum rauszukommen. Das raubt einem den letzten Nerv.« Stirnrunzelnd marschierte sie durch den von einem Schwebegrill ausgehenden nach Fleisch duftenden Qualm, hörte einen Schrei und wandte gerade rechtzeitig den Kopf, um zu entdecken, dass linker
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