Liebesnacht mit einem Mörder
Stuhl ihr gegenüber Platz nahm.
Er nahm einen kleinen Schluck, zog eine der immer seltener von ihm gerauchten Zigaretten aus dem schmalen Silberetui und zündete sie an. »Tja«, sagte er, mehr nicht.
»Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«
Er sog den Rauch in seine Lungen ein und blies ihn in einer dünnen, aromatischen Wolke wieder aus. »Wobei?«
»Spiel ja nicht das Unschuldslamm.«
»Aber genau das bin ich, Lieutenant.« Als sie leise knurrte, prostete er ihr freundlich zu. »Ich habe mich in keiner Weise in eurer Ermittlungsarbeit eingemischt.«
»Du hattest im Lokal nichts verloren.«
»Ich bitte um Verzeihung, aber ich bin der Eigentümer dieser Bar«, erklärte er in arrogantem, herausforderndem Ton. »Und ich schaue regelmäßig in meinen Unternehmen rein, um dafür zu sorgen, dass die Angestellten nicht einschlafen.«
»Roarke – «
»Eve, dieser Fall erstickt dich. Glaubst du, dass ich das nicht sehe?« Er verlor weit genug die Fassung, als dass er sich erhob und begann, vor ihrem Schreibtisch auf und ab zu gehen.
Feeney hatte Recht, dachte sie flüchtig. Wenn er sauer war, verfiel er tatsächlich in seinen angeborenen irischen Akzent.
»Er raubt dir noch das bisschen Schlaf, das du dir hin und wieder gönnst. Er verleiht dir einen schmerzerfüllten Blick. Ich weiß, was du zurzeit durchmachst. « Mit zornblitzenden blauen Augen wandte er sich ihr zu. »Himmel, ich bewundere dich, aber du kannst nicht erwarten, dass ich tue, als würde ich nichts merken, nichts verstehen und nicht alles in meiner Macht Stehende unternehmen, um das Elend zu mildern, das dich derart quält.«
»Hier geht es nicht um mich. Es darf nicht um mich gehen. Es geht um drei tote Menschen.«
»Die dich ebenfalls bis in den Schlaf hinein verfolgen.« Er kam zurück an ihren Schreibtisch und hockte sich in ihrer Nähe auf die Kante. »Das ist der Grund, weshalb du die beste Polizistin bist, die ich je getroffen habe. Die Opfer sind für dich mehr als bloße Namen. Sie sind Menschen. Und du hast die Gabe – und leidest gleichzeitig darunter –, dir deutlich vorzustellen, was sie in den letzten Minuten ihres Lebens gesehen, gefühlt und vielleicht in einem Gebet gedacht oder gesprochen haben. Aber inzwischen gehöre ich zu deinem Leben.«
Er beugte sich nach vorn und umfasste so plötzlich, dass sie sich ihm nicht entziehen konnte, mit einer Hand ihr Kinn. »Verdammt. Ich gehöre zu allem, was du bist und tust, und ich erwarte, dass du mich, genau wie andersrum ich dich, als Teil deines Lebens akzeptierst.«
Sie sah ihm in die Augen und konnte sich den Dingen, die sie darin entdeckte, unmöglich entziehen. »Letzten Winter«, setzte sie nachdenklich zu einer Antwort an, »hast du dich in mein Leben gedrängt, ohne dass ich darum gebeten hätte oder es tatsächlich wollte.«
Er zog herausfordernd die Brauen in die Höhe.
»Zum Glück hat dich das, worum ich dich gebeten hatte oder was ich, wie ich dachte, wollte, nicht im Geringsten interessiert«, fuhr sie leise fort, und sein herausfordernder Blick wich einem breiten Lächeln.
»Ich hatte das ebenfalls absolut nicht geplant. A gbra.«
Meine Liebe. Sie wusste, was dieser Ausdruck in seiner Muttersprache hieß, und konnte nicht verhindern, dass die abgöttische Liebe, die sie für ihn empfand, erneut die Oberhand über alles andere gewann. »Seither hatte ich kaum einen Fall, in den du nicht verwickelt warst. Das habe ich ganz sicher nicht gewollt. Ich habe dich immer, wenn es mir genützt hat, schamlos ausgenutzt, und das macht mir zu schaffen.«
»Mir bereitet es Vergnügen.«
»Ich weiß.« Seufzend hob sie eine Hand, schlang ihre Finger um sein Handgelenk und spürte seinen starken, gleichmäßigen Puls. »Du kommst Teilen von mir nahe, die ich lieber verdränge, und dann bleibt mir keine Wahl mehr, als sie mir anzusehen.«
»Du würdest sie dir auch ohne mich früher oder später ansehen. Aber vielleicht tut es mit mir zusammen etwas weniger weh«, erklärte er. Überrascht hob sie ihren Kopf und blickte ihm in die Augen, während er mit ruhiger Stimme fortfuhr. »Ich denke, es ist leichter, diese Momente zu durchleben, wenn du nicht allein bist. Und du kannst nicht von mir verlangen, nicht für dich da zu sein, wenn diese Situationen auftauchen.«
Sie stand auf, nahm ihren Wein und ging ein paar Schritte von ihm fort. Er hatte Recht. Statt sich abhängig zu fühlen, sollte sie endlich beginnen, sich als Teil einer Einheit, einem Zweierbund zu
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