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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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staatlich kontrollierte Schnaps lagerte, und strichen durch die Straßen bis zum Haus des Dorfsowjets, wo sie umkehrten und zum Kirchplatz zurückwanderten. Dort holte einer der Männer, ein kleiner Kerl mit einem Bärenpelz, ein Blatt Papier aus der Tasche, studierte eine Zeichnung und nickte mehrmals.
    »Es stimmt alles, Brüder«, sagte er zu den Gestalten, die ihn umringten. »In einer halben Stunde kann es losgehen.«
    Das alles beobachtete der Posthalter von einem Seitenfenster aus und machte sich Gedanken über den fremden Besuch. Auch die Frauen, die zum Krämer Schamow gingen oder vor den Häusern den Eingang von Schneewehen säuberten, musterten die finsteren Gestalten mit Unbehagen. Ilja Jakowitsch Frolowski, ein Invalide aus dem Großen Vaterländischen Krieg – man hatte ihm ein Auge weggeschossen und einen Teil seiner linken Stirn, was eine ganz merkwürdige Kopfform ausmachte und ihm den Namen ›Der Dreieckige‹ einbrachte –, ging auf die Gruppe der Dunklen zu, grüßte höflich, wie es üblich war, und fragte: »Genossen, woher kommt ihr? Kann ich etwas für euch tun?«
    »Das Maul kannst du halten, du Affe!« antwortete einer der Fremden. Beleidigt wandte sich Frolowski ab, ging zum Posthalter und klagte. »Unhöfliche Menschen sind es, Sascha. Wäre ich nicht Invalide, ich würde sie verprügeln …«
    Wenig später fuhren noch drei unbekannte Schlitten, mit schnellen Renhirschen bespannt, durch die Straßen von Nowo Bulinskij, und als die Männer ausstiegen, zählte der Posthalter zwanzig dichtvermummte, fremde Gestalten, die wie eine schwarze, haarige Kugel auf dem weiten Kirchplatz zusammengeballt standen.
    »Jeder weiß, was er zu tun hat!« sagte in diesem Augenblick der ›Professor‹ zu den finsteren Brodjagi. »Vierzehn Frauen brauchen wir, und nicht eine mehr! Und keiner hält sich auf mit Privatvergnügen, es sei denn, er will dort hängen, wo Illarion hing! Ist das klar?«
    Die neunzehn entsprungenen Sträflinge nickten. Noch einmal sah der ›Professor‹ in die Gegend. Der Pope, Väterchen Alexeij, kam aus der Tür der Sakristei, um sich näher zu betrachten, wer da auf seinem Kirchplatz stand.
    »In zehn Minuten fahren wir wieder zurück«, sagte der ›Professor‹. Er verbeugte sich vor Väterchen Alexeij, der vor dem Portal der Kirche stehenblieb und zurückwinkte. »Los jetzt!« sagte er dabei. »Jeder an seinen Posten!«
    Das haarige Knäuel löste sich auf: Ganz ruhig geschah nun alles, ohne Aufregung und viel Geschrei.
    Drei Männer gingen zum Kaufmann Schamow, zwei betraten das Postgebäude, zwei besuchten den Schuster Landowskij, einer ging in die Schule, drei beehrten den Dorfsowjet, sieben einzelne Männer betraten sieben Privathäuser, und zwei Brodjagi wandten sich dem Haus am Waldrand zu, in dem Semjonow wohnte.
    Beim Kaufmann Schamow standen drei Frauen an der Theke und kauften Salz, Nudeln und Büchsen mit Tomatenmark. »Guten Tag, Brüder!« sagte Schamow höflich, als die drei seinen Laden betraten. »Einen Augenblick, ich stehe gleich zur Verfügung.«
    Aber das brauchte er gar nicht, der Arme. In die drei großen dunklen Gestalten kam unheimliche Bewegung. Eine dicke Faust sauste Schamow ins Gesicht, genau auf die Spitze seines Kinnes, und wer einen solchen Schlag schon einmal bekommen hat, kann verstehen, daß Schamow sich hinter seine Theke legte und das Bewußtsein verlor. Dann griffen die drei nach den erstarrten Frauen, umarmten sie, drückten sie an sich, würgten sie schnell und gründlich, so daß sie keinen Laut von sich geben konnten außer einem erbärmlichen Piepsen, das wie der Notschrei eines flüchtenden Kükens klang. Dann hingen die drei Frauchen schlaff in den mächtigen Armen, und man trug sie hinaus in den Schlitten, der vor der Tür des Krämerladens wartete.
    Das alles geschah schnell und wortlos. Und während zwei der Männer noch Frauen unter die Felldecken legten, warf der dritte Kisten und Eimer und Kartons mit Lebensmitteln aus dem Laden auf die Straße, riß Würste und Speck von den Haken und verließ den Laden Schamows, nicht ohne vorher dem armen Pantaleij noch einmal einen Schlag gegen das Kinn zu geben.
    Zur gleichen Zeit geschah ähnliches in den anderen Häusern. Die Lehrerin Anna Petrowna wurde höflich aus der Klasse gebeten, im Flur von dem Besucher kurz gewürgt und zum Schlitten hinausgetragen. Im Haus des Dorfsowjets kam etwas Widerstand auf … der Genosse wehrte sich zwei Minuten lang und sah noch im Umsinken, wie man

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