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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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allen, die Musik mögen. Man kann das Spiel leicht erlernen, und wenn's auch manchmal schaurig klingt für einen Gebildeten, der sich stur an Noten hält, an Rhythmus, Pausen, Kontrapunkt oder gar an Harmonielehre. Ach, Brüderchen … was tut das alles zur Sache? Schön ist's, wenn draußen der Schneesturm heult, im Holzhaus das Feuer prasselt, die Wärme durch die Knochen streicht, man satt und faul ist, sich sicher fühlt unter dem Dach, ein Frauchen neben sich hat, und dann spielt man auf der Bajan … heiohei und hoihoihoi … spielt von den Kosaken und den mongolischen Reitern, von dem traurigen Eskimo oder dem verliebten Dorfschullehrer, von Fekla, dem Helden, der einen Tiger mit seinem Blick betäubte, und von Rossija, dem wilden Mädchen, das jeden, den es liebte, nach der Liebesnacht enthauptete.
    Und so spielte Jurij Fjodorowitsch auf seiner Bajan und sang mit dröhnender Stimme, daß die Balken wackelten, wenn man ein bißchen Phantasie zu Hilfe nahm. Ja, sogar das Urmütterchen Marussja sang mit … Welche Fröhlichkeit herrschte im Hause Jesseij!
    In der Nacht schliefen Semjonow und Ludmilla auf einem Lager aus duftenden getrockneten Farnen. Jesseij und das Urmütterchen schnarchten auf dem Ofen, wie's sich gehörte. Jurij hatte seine Urahne an beiden Armen auf die Ofenplattform gezogen. Dort plumpste sie seufzend auf die Decke, streckte sich und schlief ein.
    »Wollen wir hier leben?« flüsterte Semjonow in das Ohr Ludmillas. Sie lagen wieder eng beieinander unter den warmen Decken und atmeten den betörenden Geruch des Farnes. Wie eine heiße Sommernacht ist es, dachten sie. Wir liegen im Wald zwischen den Farnen, und die Erde atmet die Hitze des Tages aus.
    »Wollen wir hier bleiben?« fragte Semjonow noch einmal und küßte ihre Ohrmuschel.
    »Ich bleibe, wo du bist, Pawluscha«, flüsterte sie zurück. »Ich habe keine Wünsche mehr … nur dich!«
    »Wir werden hier ein Haus für uns bauen, und ich werde mit ihnen auf die Jagd gehen, die Felle verkaufen wie sie, die Rubel mit ihnen teilen, und wir werden sein wie Jurij und Marussja und alle die anderen, die wir noch nicht kennen: Menschen am Uranfang der Erde.« Semjonow legte seinen Kopf zwischen ihre Brüste. Es war eine demütige, völlig hingebende Lage, wie die Suche nach Mütterlichkeit und Wärme, wie das Hinkriechen eines jungen Tieres in den Schutz des Mutterleibes. »Wir werden nie mehr durch eine Straße gehen, gemauerte Häuser sehen, ein Theater besuchen, Omnibusse fahren sehen, flimmernde Leuchtreklamen an den Wänden betrachten, eine Zeitung lesen, vor einem Radio sitzen und Musik hören … Prokofieff, Tschaikowskij, Borodin, Wagner, Mozart, Beethoven … alles, alles wird es nicht mehr geben. Es wird nur noch die Taiga dasein. Die Hirsche werden wir abrichten lernen, Pelztiere jagen, im Sommer Beeren sammeln und Holz schlagen, und die Krähen am Himmel werden die einzige Musik sein und die Jagd der Wölfe unser einziges Theater.«
    »Ist das nicht herrlich, Pawluscha?« Ludmilla legte beide Arme um seinen Nacken. »Und unsere Kinder werden lernen, wie man Füchse mit dem Gezirpe auf Grashalmen anlockt, und ich werde sie das Schreiben und Lesen lehren, das Rechnen und klare Denken und werde immer und jeden Tag zu ihnen sagen, und sie werden es vor dem Schlafen wie ein Gebet sprechen: Mein Vater Semjonow ist der beste Mensch, den Gott geschaffen hat …«
    »Ludmilla …« Semjonow schloß die Augen. Der Geruch des getrockneten Farnes und der Duft, der aus Ludmillas Poren stieg, betäubten ihn fast. »Wir bleiben hier …«
    »Ja, wir bleiben, Liebster. Wir haben unser Paradies gefunden …«
    Wer halbwegs die Bibel kennt, der weiß, daß im Paradies neben friedlichen Tieren auch eine Schlange lebte. Und von dieser Schlange her kommt es, daß bis heute noch kein Paradies ohne Fehler ist … sei es auf Samoa oder den Osterinseln, auf Sylt oder in einer Dachkammer von St.-Germain-des- Prés , auf einem Paddelboot im Schilf oder in einem Blockhüttendorf in der Taiga der Sredne-Sibirskoje.
    Bei Jesseij war die Schlange das Urmütterchen Marussja.
    Zwei Monate ging es gut. Semjonow und seine schöne junge Frau wurden den anderen Jägern vorgestellt, die nicht anders aussahen als Jurij Fjodorowitsch. Sogar die Frauen waren urweltlich riesig mit mächtigen Brüsten, mit Hüften wie Kaltblutpferde und stämmigen Beinen, die Brückenpfeilern gleich in die Erde gerammt wurden. Vor ihnen wirkte Ludmilla wirklich wie ein verängstigtes

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