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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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glaube, ich habe mich infiziert«, stöhnte sie und hielt den Leib fest. »Der Typhus, Doktor Pluchin, nun habe ich ihn auch …«
    Dr. Pluchin untersuchte Ludmilla sehr gründlich. Sie mußte sich ganz ausziehen. Er legte sie auf den breiten Eßtisch, tastete ihren Leib ab und griff dann nach einem Paar Gummihandschuhen.
    »Stehen Sie auf, Ludmilla Semjonow«, sagte er, als er auch die innere Untersuchung beendet hatte. »Ziehen Sie sich an. Es ist nichts Ernstes. Im Gegenteil, wir werden heute abend zusammen ein Glas Wein trinken. Selbstgemachten Waldbeerwein, mein Schwänchen …«
    Ludmilla rutschte vom Tisch und zog ihre Unterkleidung vor ihre Blöße. Ihre großen dunklen Augen glühten.
    »Warum lächeln Sie, Dr. Pluchin?« stotterte sie. »Ich habe keinen Typhus?«
    »Aber nein, Ludmilla Semjonowa. In sechs Monaten werden Sie diesen Typhus in einer Wiege schaukeln. Sie bekommen ein Kind, mein Täubchen …«
    Ludmilla spürte, wie ihr Herz aussetzte. Dann atmete sie wieder und schloß die Augen.
    »Ein Kind«, flüsterte sie. »O mein armer Pawluscha … Was sollen wir jetzt mit einem Kind …?« Sie setzte sich auf die Ofenbank, drückte beide Hände gegen ihren Leib und lehnte den Kopf an die Wand. »Sie wissen nicht, Dr. Pluchin, was dieses Kind für uns bedeutet …«

9
    Dr. Pluchin war gewohnt, nicht viele Fragen zu stellen. In den sechs Tagen, in denen Semjonow und seine hübsche kleine Frau bei ihm wohnten, hatte er mancherlei beobachtet, ohne etwas zu sagen. Er hatte zum Beispiel die Scheu Semjonows bemerkt, sich allzuoft in der Öffentlichkeit zu zeigen. Er spaltete lieber Holz, heizte die Öfen und räumte den Abstellschuppen auf, als daß er Dr. Pluchin auf seinen Gängen zu den Kranken begleitete, schon gar nicht in das Holzfällerlager. Ging er aus, so war es erst bei Einbruch der Dunkelheit, und auch dann umkreiste er nur das Anwesen Pluchins oder saß hinter dem Haus, zwischen Stall und Schuppen auf einer Bank, eingehüllt in einige Decken, und genoß die frische, kalte Luft.
    Man sucht ihn, dachte Dr. Pluchin. Er ist auf der Flucht, da gibt es gar keinen Zweifel. Von da an betrachtete er Semjonow genauer. Er tippte ganz richtig auf die leidige Politik, und da gehörte seine ganze Sympathie der schönen Ludmilla und dem ernsten, verschlossenen Semjonow.
    Boris Antonowitsch Pluchin war nicht in Mulatschka geboren. Mein Gott, schon der Gedanke war absurd. Vielmehr kam er in Petersburg zur Welt, vor 63 Jahren, als der Zar noch im Winterpalais residierte.
    1917 wurde die Familie Pluchin zerrissen. Übrig blieb als einziger der Familie Boris Antonowitsch. Er wurde Arzt, weigerte sich, der Kommunistischen Partei beizutreten, nannte Stalin einmal ein nationales Unglück, wurde verhaftet, zu Zwangsarbeit verurteilt, nach Workuta geschafft, betreute dort als Lagerarzt die Verbannten, wurde nach zehn Jahren begnadigt mit der Auflage, in Sibirien zu bleiben, bekam eine Stelle als Arzt in Mulatschka und lebte nun hier seit zwölf Jahren am Rand der Taiga – ein alter, knurrender Mann, der vom Leben nichts anderes mehr erhoffte als einen sanften Tod.
    Zunächst ließ er Ludmilla auf der Bank sitzen und sich ausweinen. Er wusch sich die Hände, warf die Instrumente in einen Topf mit kochendem Wasser, drehte sich eine Zigarette und ließ aus dem ständig summenden Samowar eine Tasse Tee volllaufen. Erst dann kam er zu Ludmilla zurück, nahm ihren Kopf zwischen beide Hände und hob ihr tränennasses Gesicht zu sich empor.
    »Ich werde es deinem Pawel Konstantinowitsch sagen«, brummte er, wischte die Tränen mit dem Handrücken aus Ludmillas Augenwinkeln und von den Wangen und tätschelte ihren nackten Rücken. »Denken kann ich mir, daß ihr kein Kind gebrauchen könnt.«
    »Es ist ein Unglück, Dr. Pluchin.« Ludmillas Kopf sank wieder auf die Brust. »Dabei bin ich so glücklich, Väterchen«, sagte sie leise.
    Dr. Pluchin rauchte nachdenklich seine Zigarette zu Ende. Auch jetzt fragte er nicht. Sie werden es von selbst erzählen, dachte er. Ab und zu schielte er zu Ludmilla, während sie sich ankleidete. Wer mag sie sein, dachte er. Sie ist kein Bauernmädchen, ebensowenig wie Semjonow ein Jäger und Fallensteller ist. Ihre Hände sind schmal und nicht rissig; und den Nägeln sieht man noch an, daß sie gepflegt wurden, mit Schere und Feile, vielleicht sogar mit Lack.
    Eine Stunde später kam Semjonow zurück. Er hatte zwei Hühner erstanden und war sehr aufgeregt. Dr. Pluchin sah ihn am Herd mit

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