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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hergerichtet. Einen Vorteil allerdings hatte man: Es gab genug Platz für das Gepäck.
    »Ich glaube nicht«, erwiderte Semjonow. Noch einmal gab er Tschigirin die Hand, und Ludmilla küßte den Schuster auf die Stirn.
    »Grüß mir Jurij, Oleg Petrowitsch«, sagte sie dabei. »Es war eine schöne Zeit bei euch …«
    »Gott mit euch!« rief Tschigirin, als der Zug anruckte und sich langsam in Bewegung setzte. Er lief neben dem Waggon her. Und erst als sich die anderen Fahrgäste beschwerten, daß es zöge, schob Semjonow die Tür zu und winkte noch einmal zu Oleg Petrowitsch hinaus. Mit ausgebreiteten Armen stand der Schuster im hohen Schnee, als wolle er sie noch einmal an seine mächtige Brust drücken, den Zug, Ludmilla, Semjonow.
    »Es gibt noch Menschen«, sagte Semjonow und setzte sich schwer neben Ludmilla, nahm ihre Hand in die seine und blickte auf die geschlossene Tür. »Wirklich, es gibt noch Menschen.«
    Den Winter über blieb Major James Bradcock in Moskau in der Amerikanischen Botschaft. Der Plan, nach Osten zu fahren und in Sibirien unterzutauchen, wurde verschoben. Kontaktmänner berichteten von verstärkter Tätigkeit aller Agenten des KGB. Man war im Hauptquartier der Staatssicherheitspolizei nervös geworden, nachdem Oberst Matweij Nikiforowitsch Karpuschin von heute auf morgen abgelöst, seines Postens enthoben und verschwunden war. Nur unter der Hand sprach man darüber, daß er sich in der Lubjanka befinden sollte, aber das war eine Falschmeldung. Karpuschin erfreute sich noch bester Gesundheit, nur lebte er nicht mehr in Moskau. Vielmehr hatte Marschall Malinowskij durchgesetzt, daß Karpuschin unter Beförderung zum Generalmajor Kommandant der Garnison von Jakutsk wurde und damit Kommandeur des gesamten nördlichen jakutischen Gebietes. Und während Ludmilla und Semjonow nach dem klugen Plan Tschigirins nach Norden fuhren, hinein in die Unendlichkeit der jakutischen Taiga und des Stromlands von Lena, Wiljuj und Olenek, saß Karpuschin bereits in Jakutsk und baute ein Netz von Agenten in allen größeren Orten und Faktoreien auf.
    Die Jagd nach Franz Heller, der sich Semjonow nannte, war zu seiner einzigen Lebensaufgabe geworden.
    Das alles war unbekannt in Moskau, in den Dienststellen von KGB und GRU, ja sogar General Chimkassy erfuhr nichts davon und trauerte ehrlich, aber geheim, um seinen Freund und Gegner Karpuschin. Auch der amerikanische Geheimdienst CIA wußte es nicht, auch für ihn war Karpuschin ein toter Mann, der still von der Bildfläche verschwunden war wie schon so viele vor ihm.
    »Unseren Heller können wir abschreiben!« sagte CIA-Rußlandchef Hadley zu Major Bradcock. »Wer weiß, wo er bereits verfault. Sobald die Schneeschmelze beginnt, sausen Sie los, James. Es ist alles vorbereitet. Flugkarte nach Krasnojarsk, Eisenbahnfahrt nach Tura. Von dort gehen Materialzüge nach Norden. Sie werden es schon schaffen, alter Junge.«
    Bradcock nickte. Er hatte in den vergangenen Wochen alles gelernt, was ein jakutischer Fellhändler wissen muß. Er konnte Güteklassen der Felle bestimmen, wußte die Preise, sprach ein jakutisch gefärbtes Russisch und übte sich jeden Tag mehrere Stunden lang im blitzschnellen Schießen.
    Als in Moskaus Straßen der Schnee schmolz und Väterchen Schlamm das Land ringsumher unbegehbar machte, flog Major Bradcock nach Krasnojarsk. Ein russischer Reisender wie tausend andere. Er hatte weder einen Sender noch Spezialkarten bei sich, nur eine Mikrokamera und eine gut geölte Smith & Wesson-Pistole.
    Zwei Tage nach Ludmilla und Semjonow traf er in Tura ein. Mit dem dritten Zug nach Semjonows Zug fuhr auch er nach Norden, um in Etappen den Olenek zu erreichen.
    Nur achtundvierzig Stunden trennten Bradcock und Semjonow voneinander. Und in Jakutsk saß Karpuschin wie eine Spinne im Netz und wartete auf die einfliegenden Motten.
    So klein ist die Welt, selbst in Sibirien.
    Wer einmal mit einem russischen Güterzug durch Sibirien gerattert ist, der hat ein Abenteuer hinter sich, das nicht so leicht zu übertreffen ist.
    Ludmilla und Semjonow hockten zwischen Hühnern und Schweinen, Karnickeln und Hunden in den mit Stroh ausgelegten Waggons, nahmen teil am nächtlichen ungenierten Familienleben der anderen Waggoninsassen und teilten mit allen ihre Mahlzeit, denn man war ja, solange man gemeinsam durch die Taiga fuhr, eine einzige große Familie.
    Es war eine ziemlich einsame Strecke zwischen den beiden Holzfällerdörfern Schatzilski und Mulatschka. Sie

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