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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Täubchen zu sagen. Ein Vögelchen, ein zahmes, nimmt man in die Hand, in die hohle Hand, und wärmt es, wenn es friert, und streichelt seine Federn und spricht mit ihm: Ei, mein Täubchen, mein weißes Engelchen, wie deine Äuglein glänzen. Komm, gib Väterchen ein Küßchen …«
    »Kommen Sie sich nicht reichlich blöd vor, Fjodor Borodinowitsch?«
    »Ehrlich gestanden – ja.« Bradcock drehte sich auf die Seite. Das Gesicht der Kirstaskaja war nahe über ihm, ein herbes Gesicht mit dunkelblauen, glänzenden Augen und blonden Locken, und der halbgeöffnete Mund besaß volle, sinnliche Lippen. Ihre Brüste waren da, stark und rund, und ein Duft von medizinischer Seife vermischt mit einem Parfüm aus Rosenwasser. Bradcock spürte ein Hämmern in der Brust, und ein angenehmer elektrischer Strom rann ihm von den Haarwurzeln bis zu den Zehenspitzen. Er senkte den Blick und betrachtete ihren Schoß, die Schenkel, die sich unter dem Sommerrock abzeichneten, die stämmigen, gesunden Beine mit jener gelblichen Bräune, wie sie sonst nur Kreolen haben. Er sah, wie ihre Zehen unruhig in den astrahanischen, bestickten Pantoffeln spielten, wie Krallen einer Katze, der man Lederschützer über die Pranken geschoben hat.
    »Sie sind wunderbar, Katharina«, sagte Bradcock leise. »Wenn es einen Zauber Sibiriens gibt … in Ihnen ist er eingefangen.«
    Die Kirstaskaja schwieg, nur ihre Augen wurden dunkler. Man soll nicht denken, sagte sie sich. Nein, man soll nicht immer denken. Nicht alles im Leben ist logisch, am allerwenigsten das Gefühl einer Frau. Ein Bär sammelt Honig, ein Fuchs jagt das Huhn, ein Wolf fällt in die Herde, ein Adler stößt aus dem Blau des Himmels auf die Beute. Sie alle handeln so, wie die Natur es ihnen eingab. Ist der Mensch nicht auch ein Stück Natur, so wild wie die Stürme aus dem Norden, so hart wie das Eis auf der Lena, so weich und schmeichelnd wie die blühenden Moose im Frühling? Warum wehren wir uns mit Logik gegen unsere Natur, Fjojo? Oh, sind wir dumme Kinder …
    Sie beugte sich vor, knöpfte das Hemd Bradcocks über der Brust auf und zog es ihm über den Kopf. Nun lag er nackt da, nur bedeckt mit einer dünnen Wolldecke. Die Fingerkuppen der Kirstaskaja glitten über seine Haut, über die Haarwellen, die seinen Oberkörper bedeckten, sie glitten vom Hals bis zum Nabel und zurück unter die Achseln und hinauf bis zu den Ohren. Bradcock dehnte sich unter diesen Händen. Er schämte sich nicht, erregt zu sein.
    Mit einem Ruck sprang die Kirstaskaja auf und ging zur Tür. Sie schloß sie ab, steckte den Schlüssel in die Tasche und zog sich dann aus. Nur wenig hatte sie an, eine Bluse, einen Rock, die Unterwäsche aus Nylon … Als sie sie in die Ecke warf, war's eine Handvoll, mehr nicht. Als stände sie unter den Strahlen einer glühenden Sonne, dehnte sie sich, und Bradcock hielt den Atem an, als er ihren braungelben Körper sah, glänzend im Deckenlicht, ein herrlicher, voller, starker Körper, ein Urbild von Gesundheit und Fruchtbarkeit.
    »Fjojo«, sagte sie gedehnt und dunkel. »O Fjojo …«
    Er nickte, wollte ›O Kathy!‹ sagen, schluckte es aber noch rechtzeitig hinunter und breitete die Arme aus.
    Dann kam sie über ihn, heiß und rücksichtslos, ein glatter, bebender Körper, von einem Laut begleitet, der wie das Stöhnen eines Abendwindes im Schilf klang.
    In der Nacht – die Kirstaskaja schlief traumlos und satt von Glück an der Wand in Bradcocks Bett – verließ Bradcock Zimmer neun, um hinüber zum Bad zu gehen. Fast zur gleichen Zeit öffnete sich ein paar Meter weiter eine andere Tür, und ein Mann in Hose, aber mit nacktem Oberkörper, betrat den dunklen Flur. Durch das kleine Fenster am Ende des Ganges fiel so viel Mondlicht, daß man die Umrisse erkennen konnte. Bradcock blieb stehen und ließ den anderen herankommen. Zwei Meter trennten sie, als Bradcock sagte:
    »Wenn du es nötiger hast, Genosse, so geh zuerst. Mir eilt es nicht so sehr …«
    Semjonow blieb stehen. Wenn man einen Schlag vor den Kopf bekommt, dann brummt es im Gehirn, die Welt dreht sich, man wird schwindelig und fühlt sich leicht wie eine Feder. Hier war es anders. Die Stimme, der Tonfall der russischen Worte, das Profil, vom Mondlicht weich aus der Dunkelheit gehoben, erzeugten bei Semjonow eine Kälte, die größer war als in jeder Taiganacht. Ein paar Sekunden schwieg er, dann sagte er mit hohler Stimme:
    »James! Verdammt noch mal!«
    Er sagte es auf englisch. Bradcock erging es in

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