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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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können. Nicht gefährlich für die Sowjetunion, o nein, die Gefahr war mit seinem Tod beseitigt; aber man soll nicht glauben, wie schwer der Leichnam auf der Seele Karpuschins lastete und welche Gefahr er bedeutete.
    Major James Bradcock – das war ganz klar in einer Tagesmeldung festgehalten, von dem damaligen Oberst Karpuschin in Moskau abgezeichnet – hatte mit einem planmäßigen Flugzeug Moskau verlassen. Zwei Agenten des KGB hatten ihn unauffällig bis zur Maschine begleitet. Seitdem war kein amerikanischer Spion mehr in Rußland abgesetzt worden. Alle Kontaktmänner schwiegen. Franz Heller blieb verschwunden. Vielleicht verfaulte er schon irgendwo in der Taiga, oder die Wölfe hatten ihn im Winter in Fetzen zerrissen.
    Aber nun lag da ein Toter im Krankenhaus von Oleneksskaja Kultbasa, und die Ärztin Katharina Kirstaskaja behauptete, es sei Bradcock. Ein Geständnis gab sie sogar ab, die Närrin! Gab man diese Aussage zu den Akten, dann legte man gleichzeitig schriftlich nieder, daß der Generalmajor Karpuschin ein Idiot war.
    »Schwesterchen«, sagte Karpuschin mild, beugte sich vor und zog ein Leinentuch über das starre Gesicht. Er war sonst nicht so zart besaitet, aber es sprach sich leichter, wenn man einem Irrtum nicht immer in die Augen sehen muß. »Wir müssen uns darauf einigen, daß dieser Tote Fjodor Borodinowitsch Awdej ist und kein anderer. Ich weiß, Ihr Schmerz ist groß, aber warum sollen wir die Dinge komplizieren, wenn es sich anders leichter leben läßt?«
    »Ich möchte aber nicht mehr leben, Genosse General«, sagte die Kirstaskaja dumpf.
    »Aha!« Karpuschin nickte schwer. »Gestatten Sie, Schwesterchen, die Bemerkung, daß dies Ihre Privatangelegenheit ist. Was hat der Staat damit zu tun? Wenn es Ihnen Spaß macht, dann hängen Sie sich auf oder vergiften Sie sich oder ersinnen sich sonst eine Methode, sich umzubringen … aber belästigen Sie nicht die Obrigkeit mit Geständnissen, die keiner hören will.«
    »Ich denke …«
    Karpuschin unterbrach sie mit einer heftigen Handbewegung. Er kam sich vor wie auf einer eisbedeckten Insel, allein und ausgesetzt, ohne Kleider und mit dem nackten Hintern auf dem Eis festgefroren. Eine wahrhaft unangenehme Situation.
    »Mein Täubchen, bitte nicht denken! Es gibt im Leben Minuten, da ein Gehirn geniale Taten vollbringen kann, indem es nicht denkt. Eine solche Stunde ist jetzt angebrochen. Hier liegt unser armer Genosse Awdej, von einem Baum erschlagen, und wir wollen ihn würdig begraben, wie es einem guten Kommunisten zusteht …«
    »Genosse General«, stammelte die Kirstaskaja. »Das ist Betrug!«
    »Man nennt Notwendigkeiten nicht Betrug, Schwesterchen«, tadelte Karpuschin. »Nur Sie und ich wissen, daß Awdej wirklich der amerikanische Major Bradcock ist! Wenn wir unser Wissen weitergeben, wem nützt es etwas? Nur Schwierigkeiten bekommen wir. Er ist tot … Also soll man ihn auch schweigen lassen.« Karpuschin sah durch seinen blitzenden Kneifer die Kirstaskaja streng an. »Sie haben doch noch keinem etwas vorgesungen, Schwesterchen? Es weiß doch keiner, wer dieser Awdej ist?«
    »Doch, Genosse General!«
    »Der Teufel hat in die Suppe gespuckt!« schrie Karpuschin ohne Achtung vor dem Toten. »Wer ist es?«
    »Seine Freunde und Feinde, die, die ihn getötet haben! Darum rief ich Sie ja an, Genosse General. Pawel Konstantinowitsch Semjonow und Ludmilla Semjonowa wissen es!«
    »Oh!« sagte Karpuschin nur und faltete die Hände. Dieser Schlag traf seinen Nerv. »Sie sind hier?« fragte er ungläubig.
    »Sie haben bei mir gewohnt. Ludmilla als Assistentin, Pawel als Hausmeister. Nun sind sie weg mit unseren beiden Pferdchen.«
    »Weg sind sie! Weg!« Karpuschin wiederholte es, und er steigerte sich, bis er brüllte und ohne Ehrfurcht vor dem Toten gegen den Bettpfosten schlug. »Wissen Sie, was das bedeutet, Katharina Kirstaskaja? Sie haben den gefährlichsten Mann beherbergt und laufenlassen! Er ist der große graue Wolf, den ich fast ein Jahr lang jage …«
    »Semjonow?«
    »Heller heißt er! Franz Heller, und er ist ein Deutscher. Und seine Frau, dieses Aas, ist die ehemalige Kommissarin und Kapitän der Roten Armee Ludmilla Barakowa aus Krasnojarsk. Ich hätte sie erschossen, ohne ein Wort zu sagen!« Karpuschin schwitzte vor Erregung. Glühend rot war sein Gesicht, und sein Kneifer beschlug sich schon wieder.
    »Ein Deutscher«, stotterte die Kirstaskaja. »Das habe ich nicht gewußt, Genosse General.«
    »Wie kann ein halbwegs

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