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Liebesnöter

Liebesnöter

Titel: Liebesnöter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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Zähnen klappern. Die alte Dame nickte ihr lächelnd zu und deutete auf den eisernen Bullerofen in der Schiffsmitte.
    Ella lächelte zurück und zuckte bedauernd mit den Schultern.
    »Siehst du, es geht auch ohne Worte«, sagte sie zu Roger.
    »Für manche Gefühle gibt es keine Worte.« Er roch spielerisch in ihrem Haar. Ella spürte eine Gänsehaut über den Rücken ziehen. Was war es? Die Kälte? Sicher nicht. Angst? Nein, bestimmt nicht. Erregung? Sie dachte darüber nach. Er hatte recht. Für manches gab es keine Worte.
    »Für den Geruch deines Haares, beispielsweise, und was es in mir auslöst«, fuhr er fort.
    »Was löst es denn in dir aus?«
    »Ein Gefühl, das ich nicht beschreiben kann. Ich weiß auch nicht, woher es kommt. Ist es eine Erinnerung? Hat schon mal jemand wie du gerochen? War es meine Mutter? War es meine erste große Liebe? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es etwas in mir auslöst.«
    Ella lächelte. Mein Gott, er war ein ganz normaler Mann. Einer mit Gefühlen. Kein Grund, vor ihm Angst zu haben.
    Die alte Dame stand auf, und Ella schaute hinaus. Tatsächlich, sie würden gleich am Steg anlegen. Heute hatte sie die Überfahrt nicht genießen können. Ella dachte an die erste Fahrt und den schönen Blick auf die Buchten und die kleinen Sandstrände zurück, aber heute sahen sogar die roten Holzhäuschen grau aus.
    »Na denn«, sagte Roger und stand ebenfalls auf. »Je suis très curieux!«
    »Curieux?«, wiederholte Ella, während ihr Roger seine Hand anbot. »Kurios? Du bist sehr kurios?«
    »Nein.« Roger lachte. »Curieux heißt neugierig. Ich bin sehr neugierig.« Er lachte noch immer. »Zwischendurch bin ich vielleicht auch kurios. Aber im Moment eher neugierig.«
    Ella musste auch lachen. »Okay. Da habe ich wohl seit der Schulzeit was verlernt.«
    Oben an der Treppe stand der Kapitän und wartete auf sie.
    »Wollen Sie heute noch zurück?«, fragte er und schob seine Wollmütze etwas nach hinten.
    »Das haben wir vor.« Roger furchte die Stirn. »Warum?«
    Der Kapitän deutete nach oben, wo sich die Wolken immer dunkler zusammenbrauten.
    »Wenn Sturm kommt, muss ich den Fährbetrieb einstellen.«
    Roger sah kurz zum Himmel, dann wieder zum Kapitän. »Und wann ist das Ihrer Meinung nach?«
    Der Mann zuckte mit den Achseln und wischte sich mit dem Handrücken kurz über den Mund. »Kann in einer Stunde sein, kann in einer halben Stunde sein.«
    »Dreißig Minuten?« Ella schüttelte den Kopf. »Roger, das schaffen wir nicht. Und er hat recht, es frischt gewaltig auf. Schau dir nur mal die Bäume an.« Selbst vom Steg aus war gut zu erkennen, dass die Wipfel der Bäume heftig schwankten.
    »Jetzt sind wir hier, jetzt gehen wir auch hin.« Rogers Stimme klang fast ein bisschen aggressiv.
    »Zu Inger Larsson?« Der Kapitän verschränkte die Arme.
    »Und wenn?«, gab Roger zu Antwort.
    Sie sahen sich kurz an. Feindselig, wie Ella fand.
    »Sie ist nicht da.«
    »Sie ist nicht da?«, entfuhr es Ella. Das wäre überhaupt die beste Lösung, dachte sie.
    »Davon überzeuge ich mich lieber selbst«, beharrte Roger und wandte sich zum Gehen.
    »Selbst auf die Gefahr hin, dass wir nachher nicht mehr zurückkommen?« Ella zog ihn am Ärmel. »Da mache ich nicht mit, du hörst doch, dass sie nicht da ist.«
    Roger warf ihr einen kurzen Blick von der Seite zu. Ein heftiger Windstoß fuhr durch seine Haare. Er strich mit der flachen Hand glättend darüber, dann drehte er sich zu Ella um. »Ich glaube ihm das nicht. Weder, dass er den Fährbetrieb einstellt, noch, dass Inger Larsson nicht da ist.«
    »Warum sollte er uns denn anlügen?« Sie warf an ihm vorbei einen Blick auf den Kapitän. Der kaute auf seinem Kautabak herum und gab ihren Blick düster zurück.
    »Lass uns gehen!« Roger griff nach ihrer Hand.
    »Und wenn ich nicht mitkomme?«
    »Dann klappere ich hier auf dieser gottverdammten Insel jedes einzelne Haus ab, bis ich sie gefunden habe.«
    Ella starrte ihn an. »Und das tust du alles nur für einen Film?«
    »Ganz genau! Für einen Film!«
    »Ich fahr zurück!« Ella ging ein paar Schritte rückwärts, auf die Fähre zu.
    »Und warum das jetzt?«
    »Weil ich das sichere Gefühl habe, dass da etwas nicht stimmt!«
    »Und was soll das deiner Meinung nach sein?«
    Ella sah sich nach dem Kapitän um. Er stand mit verschränkten Armen breitbeinig auf der Mole.
    »Ich kann es nicht sagen. Du bist mir … zu fanatisch … für einen Film.«
    »Beim Film arbeiten nur Fanatiker. Das ist

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