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Liebesnöter

Liebesnöter

Titel: Liebesnöter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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natürlich gleich aufgefallen.« Sie ging zum Herd und griff nach dem Teekessel. Während sie Wasser einfüllte, streichelte Ella mit dem Zeigefinger über das Muster. Sie hätte die Platte nicht hergeben sollen, dachte sie zum wiederholten Male. »Sie war ein Geschenk.« Inger drehte das Gas an, setzte den Kessel auf und stellte drei Becher auf den Tisch. »Davon gibt es eine ganze Familie«, sagte sie. »Es sind besondere Stücke.«
    »Ja, das sind sie.«
    »Wohnen Sie hier ganz alleine?« Roger stand neben einem der Bauernschränke. »Zucker?«
    Inger nickte, und Roger öffnete den Schrank. Ella beobachtete ihn, wie er gezielt nach der Zuckerdose griff. Er musste starke esoterische Fähigkeiten haben, dachte sie.
    Inger nahm eine Teedose aus dem Hängeschrank über dem Herd und drei Löffel aus einer Schublade, dann wartete sie neben dem Teekessel ab.
    »Weshalb interessiert es Sie?«
    »Nun, kein Hund, kein Gewehr neben dem Eingang, und nicht einmal die Haustür abgeschlossen, das ist doch ganz schön gewagt.«
    »Und ein Mann würde das ändern?« Ingers Stimme klang herausfordernd. Machte sie ihn an? Ella war sich nicht sicher. Unter dem warmen Umhang hatte sich eben eine andere Inger herausgeschält als die, die sie kannte. Wenn ihre Figur bisher in ihren Pluderhosen und weiten Malerhemden untergegangen war, so konnte man das heute nicht behaupten. Ihre Jeans saßen knackig am Po, und ihr tief ausgeschnittener schwarzer Pullover betonte ihren Busen. Heute sah sie überhaupt nicht nach der scheuen Malerin aus, von der alle Welt sprach.
    »Ich brauche keinen Mann«, erklärte da Inger mit entschiedener Stimme. »Alles, was man hat, bringt Unglück.«
    »Unglück?« Ella furchte die Stirn. »Wieso denn Unglück?«
    »Weil alles vergänglich ist. Nur die Gespenster bleiben. Die Gespenster der Vergangenheit.«
    Ella erinnerte sich plötzlich an Lindas Spruch. »Die Dame vom Antiquitätengeschäft sagte, Sie hätten eine Begabung für das Rätselhafte und Verborgene.« Sie überlegte. »Ja, und sie nannte Sie die Mystery-Queen.«
    »Ah?« Ingers helles Lachen war echt. »Sagt sie das?« Sie nahm die Teekanne aus dem Schrank. »Linda dichtet gern in alles etwas hinein. Was soll sie auch sonst tun, es kann ja recht langweilig sein, wenn die Saison vorbei ist und die Touristen ausbleiben.«
    »Aber Mystery-Queen, das gefällt mir gut!« Roger hatte sich rittlings auf einen Stuhl gesetzt und schenkte Ella einen beipflichenden Blick.
    »Gibt das jetzt eine Fernsehserie?«, wollte Inger wissen.
    »Nein, warum?«
    »Es klang so.«
    Ella betrachtete Roger, und es war offensichtlich, dass er nachdachte. »Obwohl«, sagte er dann, »der Gedanke ist gar nicht so übel. Hätten Sie denn ein paar konkrete Fälle, die ich verwerten könnte?«
    Der Teekessel pfiff, und Inger schwenkte die Teekanne mit heißem Wasser aus.
    »Wieso, was meinen Sie?«
    »Nun«, Roger machte eine weite Handbewegung, »die Klippe der Nebelfrauen klingt ja schon mystisch genug, und die blutige Vergangenheit tut ein Übriges. Aber gab es vielleicht etwas in jüngster Zeit …?«
    Inger stellte die Teekanne hart ab und drehte sich nach ihm um. Die Arme hinter sich auf die Arbeitsplatte gestützt, richtete sie ihren Blick auf ihn.
    »Wer sind Sie?«
    Ella war sich nicht sicher, ob Rogers Überraschung gespielt war.
    Er zuckte mit den Achseln.
    »Wer soll ich sein? Roger.«
    »Sind Sie ein Journalist? Kommen Sie deshalb? Wollen Sie Geld verdienen mit einer schmutzigen, einer traurigen Geschichte?«
    Ella hielt den Atem an. Roger schüttelte entschieden den Kopf. »Ich bin kein Journalist, wie kommen Sie denn auf diese Idee? Und warum sollte ich mit einer Geschichte Geld verdienen wollen? Mit welcher Geschichte?«
    Inger sagte nichts mehr, sondern drehte sich zur Arbeitsplatte zurück. Ella betrachte ihren Rücken. Zitterte sie? Lachte sie? Weinte sie?
    Schließlich stand Ella auf und ging zu ihr hin. Inger sah sie von der Seite an.
    »Wer ist er?«, wollte sie reglos wissen. »Weshalb haben Sie ihn mitgebracht?«
    »Inger«, Ella klopfte das Herz bis zum Hals und unbewusst ging sie zum Du über. »Inger, ich habe dir doch von Moritz erzählt. Die Klassenkameradin, die ihn in deinem Portrait in Frankfurt wiedererkannt hat.«
    »Und ich habe dir gesagt, dass ich keinen Moritz kenne.« Ihr Blick wanderte von Ella zu Roger und wieder zurück. »Was soll das also?«
    »Darf ich dir mal kurz ein Foto zeigen?«
    Inger rührte sich nicht, als Ella ihr Handy

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