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Liebesnöter

Liebesnöter

Titel: Liebesnöter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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Und wieder flammte das Feuerzeug auf.
    Ella stand im Dunkeln, beide Hände hinter sich gegen den Bootsrumpf gepresst. Atemlos schaute sie nach vorn in die Finsternis. Die Flamme zuckte und warf ein unruhiges Schattenspiel auf das fremde Gesicht.
    Ella rührte sich nicht. Sie erkannte nur ein kräftiges Kinn, das von unten her beleuchtet wurde.
    Es war ein Mann. Und mit einem Schlag, es war mehr eine Eingebung als ein wirkliches Erkennen: »Roger?«
    »Ella? Autsch!« Die Flamme erlosch. »Ella?«, hörte sie noch einmal. »Was zum Teufel machst du hier?«
    »Was zum Teufel machst du hier?«, rief sie. Ja, was machte Roger hier?
    »Ich suche dich!«
    »Du tust was?«
    »Ja, du nimmst die Adresse und haust einfach ab!«
    »Ich habe nach einem Schal für dich gesucht!«
    »Ja, klar. In einem abgelegenen Bootshaus!«
    Das Feuerzeug flammte wieder auf, Roger hielt es suchend vor sich. »Wo steckst du denn?«
    Ella trat mutig einige Schritte vor.
    »Mon dieu! Hast du mir einen Schreck eingejagt«, sagte Roger und griff nach ihrem Arm.
    »Ich dir ?« Jetzt war Ella wirklich erstaunt. »Wieso denn ich dir?«
    »Na, du bist gut. Ich suche in diesem abartigen Unwetter alles nach dir ab, und dann steht hier plötzlich ein Wesen in stockfinsterer Dunkelheit vor mir. So etwas nennt man eine Erscheinung, und das hat man nur kurz vor seinem Tod. Oder gleich danach!«
    Ella musste vor Erleichterung lachen. Jetzt fiel alle Anspannung von ihr ab, und sie hätte nur noch lachen können.
    »Na, gut«, sagte sie generös. »Du lebst noch. Ich übrigens auch. Und zur Abwechslung bist du nun in mein Zimmer eingedrungen – und nicht ich in deins.«
    Er nahm sie in den Arm. »Vor zwei Stunden ungefähr habe ich angefangen, mir Sorgen zu machen. An dein Handy bist du nicht ran. Und dann war es mir plötzlich klar – die Adresse. Das hat dir keine Ruhe gelassen. Und ich bekam Angst um dich.«
    »Um mich? Wie schön.«
    »Ich fand es weniger schön. Was weiß ich, was dich hier erwartet? Du suchst den Mörder deiner Schwester, und das Ganze ist leider kein Krimi, bei dem ich das Happy End gestalten könnte. Das hier ist die harte Realität.«
    »Gut«, beruhigte Ella ihn. »Aber es ist ja nichts passiert.«
    »Dann lass uns gehen. Das Taxi wartet draußen.«
    Sie gingen nebeneinander zum Tor. Roger hatte Ella bei der Hand genommen, aber trotzdem war es auch zu zweit nicht leicht, in der totalen Finsternis den Weg zum Ausgang zu finden. Ella stolperte über eine der Schienen, aber schließlich hatten sie das Tor vor sich.
    »Hier gibt es sicherlich auch irgendwo einen Lichtschalter«, sagte Ella.
    »Ich habe keinen gefunden. Ich habe nur etwas gehört und bin dem Geräusch nach.«
    Ella nickte und drückte das Tor auf. Der kurze Sturm war vorüber, jetzt herrschte Windstille, und es regnete leicht. Durch die Dämmerung leuchteten die Autoscheinwerfer des Taxis milchig herüber. Ella fand den Anblick überaus tröstlich.
    »Dort hinten ist das Haus«, klärte sie Roger auf und wies schräg nach hinten. »Wenn man neben dem Bootshaus steht, sieht man es.«
    »Hast du etwas herausbekommen?«
    Ja, hatte sie etwas herausbekommen? Jetzt musste sie sich entscheiden. Nahm sie ihn mit in dieses Boot, oder versuchte sie es weiterhin allein? Dieses Mal hatte er sie eingeholt. Und sie freute sich darüber, denn sie hätte nicht gewusst, wie sie nach Hause gekommen wäre.
    Aber war es richtig, ihn einzuweihen?
    Sie konnte sich so schnell nicht entscheiden. »Willst du noch hin, zu diesem Haus?«, fragte sie ihn.
    »Er wird nicht da sein.«
    »Nein, ist er nicht.« Ella lächelte ihm zu. »Da haben sich Jugendliche breitgemacht. Ich habe mit zwei von ihnen gesprochen.«
    »Und konnten sie dir etwas sagen?«
    Ella nickte. »Sie haben weder Bargeld noch Kreditkarten gefunden.«
    So, dachte sie. Das musste vorerst reichen. Das war doch schon reichlich Fleisch an seinen Knochen.
    »Das ist in der Tat seltsam.« Er sah sie an. »Aber vielleicht waren sie auch nicht die Ersten im Haus.«
    An diese Möglichkeit hatte Ella überhaupt nicht gedacht. Wenn da schon vorher geklaut wurde, konnte Moritz durchaus tot sein. Aber würde Steffi in so einem Fall in New York herumzigeunern? War sie überhaupt in New York, oder würde sie demnächst hier auftauchen?
    Ach Quatsch, dachte sie. Moritz ist vor drei Monaten verschwunden, sie hätte längst hier sein müssen.
    »Was ist los?« Roger hatte sie beobachtet.
    Ella holte Luft. »Ich habe an der Ertrinkungsvariante

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