Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebesnöter

Liebesnöter

Titel: Liebesnöter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
Vom Netzwerk:
legte seine Hände auf Ellas Schultern und begann sie leicht zu massieren. »Wir müssen das erst einmal verarbeiten. Auch den Schreck im Bootshaus.« Er fing an zu lachen. »Trotzdem war es komisch. Wir beide alleine in dieser Halle, und jeder denkt, er ist allein. Das war auch eine gute Szene.«
    »Du denkst überhaupt nur in Szenen«, beschwerte sich Ella.
    »Entschuldige, das gehört zu meinem Job.« Er massierte weiter, und Ella begann sich zu entspannen. Sie war tatsächlich durch und durch verkrampft, die Nackenmuskeln schmerzten, sie hatte vor Anspannung dauernd die Schultern hochgezogen, das spürte sie jetzt genau. Sie würde ihm einfach nicht alles sagen, beschloss sie. Also ihre Strategie haargenau so weiterführen, damit bekam seine Story einen Filmriss. Der Gedanke belustigte sie, und sie spürte, wie ihre gute Laune zurückkehrte.
    »Das war ja auch wirklich ein Hammer. Ich dachte, ich bin im Gruselkabinett.«
    Roger lachte.
    »Und dann dein Gesicht über dieser kleinen Flamme. Du hättest auch gut ein paar große Schrauben im Hals haben können, das hätte ich auch noch geglaubt.«
    »Aber da sind wir zurück beim Schwarz-Weiß-Film.«
    Ella nickte. »Ich habe Frankenstein jedenfalls gut in Erinnerung. Bei Frankenstein habe ich mich als Kind mehr gegruselt als heute bei den übelsten Horrorszenen.«
    »Die Kunst ist die Psychologie. Dass der Zuschauer spürt, dass etwas passiert. Eigentlich möchte er das Opfer unbedingt warnen, aber das Opfer läuft einfach weiter, geradewegs in sein Verderben.«
    Ella schüttelte sich. »Ich werde mir mal einen deiner Krimis anschauen«, sagte sie und stand nun ebenfalls auf. »Danke fürs Massieren! Aber jetzt habe ich Hunger.«
    »Kein Wunder!« Roger schaute auf die Uhr. »Schon reichlich nach neun.«
    »Dann dusche ich kurz«, erklärte Ella. »Und ich buche uns einen Tisch«, ergänzte Roger.
    »Aber heute lade ich dich ein«, entschied Ella.
    Es war ein kleines Restaurant unweit ihres Hotels. Die Aufmachung war marokkanisch und die Speisekarte auch, wie Ella gleich feststellte. Sie saßen an einem kleinen Tisch neben vielen anderen kleinen Tischen, und die Bank, auf der Ella saß, zog sich schmal an der Wand und den anderen Tischen entlang. Es war gemütlich. Die Lampe mit ihren vielen bunten Tüchern zauberte ein schmeichelhaftes Licht, und Ella wünschte sich einen marokkanischen Aperitif. »Du kennst dich doch bestimmt aus«, sagte sie zu Roger.
    »Klar, in Paris leben viele Marokkaner.«
    »Na, denn…« Ella lehnte sich zurück. Sie fühlte sich wieder besser. Frisch geduscht, in Jeans, T-Shirt und dem Jackett ihres schwarzen Hosenanzugs fand sie sich genau richtig.
    »Also, in Marokko gäbe es vorweg einen Minztee mit Safran. Dann als Vorspeise Datteln in Rinderspeck. Und als Hauptgericht könnte ich mir Lamm in der Tagine mit Pflaumen, Sesam, Couscous und karamellisierten Möhrchen vorstellen. Natürlich alles mit feinen orientalischen Gewürzen zubereitet. Was hältst du davon?«
    »Gibt es in Marokko auch Weine?«
    Roger lachte. »Bien sûr, ma chérie«, sagte er und besprach mit dem Kellner etwas so schnell auf Französisch, dass Ella nichts verstand.
    »Schon verrückt.« Ella griff über den Tisch nach seiner Hand. »Wie lange bin ich jetzt in Schweden? Es kommt mir schon vor wie eine halbe Ewigkeit.«
    »Vier Tage.« Er drückte ihre Hand. »Erst vier Tage. Aber vier Tage voller Glück!«
    »Sind alle Franzosen so?«
    »Wie? So?«
    »Ja, emotional. Können Dinge aussprechen, die andere Männer einfach nicht können.«
    »Du meinst deutsche Männer?«
    »Ja … vielleicht …« Ella dachte an Ben, der sich immer furchtbar schwertat, etwas Liebes zu sagen. Das war vielleicht noch als SMS oder übers Telefon möglich, aber sehr selten direkt ins Gesicht.
    »Kaiser Wilhelm hat es versaut … steifer Rücken, korrekte Haltung, keine Gefühle. Das habt ihr jetzt davon!«
    Ella musste lachen. »Ist aber schon eine Weile her, meinst du nicht?«
    Der Kellner kam mit einer Flasche Wein und einem Glas zurück und ließ Roger kosten. Der nickte zustimmend. »Hier haben wir es gut erwischt«, sagte er leise zu Ella. »Der Wein ist schon mal klasse, und was ich so an Speisen auf den anderen Tischen sehe, sieht auch gut aus.«
    »Unser Abend«, sagte Ella und musste ein bisschen zur Seite rücken, weil der Kellner einem schwergewichtigen Mann den Platz an ihrer Seite zuwies. Er musste sich zwischen den beiden kleinen Tischen hindurchquetschen und entschuldigte

Weitere Kostenlose Bücher