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Liebesschloesser

Liebesschloesser

Titel: Liebesschloesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karo Stein
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Kopf. „Was soll das denn?“
    „Und Sie haben wirklich alles versucht, dagegen anzukämpfen?“, fragt mich Frau Scholz mit strenger Stimme. Ich zucke regelrecht zusammen.
    „Ich … weiß nicht, was sie meinen!“, erwidere ich murrend. Dieses Thema habe ich bereits vor Jahren abgehakt. Ich werde mich vor niemandem mehr rechtfertigen.
    „Aber das ist doch nicht normal. Ein junger Mann sollte sich in ein nettes Mädchen verlieben. Sie sollten heiraten und Kinder kriegen. Wollen sie denn gar keine Kinder?“, jammert Frau Scholz.
    Ich zucke mit den Schultern. Wenn ich ihr jetzt erzähle, dass ich mit einem lesbischen Paar befreundet bin und wir tatsächlich schon mal über eine Samenspende nachgedacht haben, dann kriegt sie womöglich einen Herzinfarkt. Also schweige ich lieber.
    „Vielleicht ist so was auch nur eine Phase?“, sinniert Frau Scholz weiter. „Wie lange glauben sie denn schon, schwul zu sein?“
    „Schon immer eigentlich!“, erwidere ich patzig. Solche Diskussionen gehen mir auf die Nerven.
    „Und was ist mit den Mädchen?“
    „Was soll mit denen sein?“
    Frau Scholz seufzt und meine Oma guckt mich mahnend an, denn ihr ist mein unfreundlicher Tonfall nicht entgangen. Ich fahre mir mit den Händen durch die Haare und hole tief Luft.
    „Also, gut. Ich interessiere mich nicht für Frauen. Das habe ich noch nie. Ich habe auch keinerlei Ambitionen, es zu versuchen, denn ich bin ganz zufrieden so, wie es ist. Ihr Urenkel ist schwul. Na und? Es ist nicht so, als wenn er eine Wahl gehabt hätte. Ein Outing ist nicht leicht, und wenn man sich seiner Familie anvertraut, dann ist das ein großer Schritt, der auch als solcher betrachtet werden sollte. Sie sollten ihn also unterstützen, ihm helfen, damit er sich nicht so allein fühlt!“ Ich bin selbst von meinen Worten beeindruckt, allerdings ist mir der Ausbruch auch ein wenig peinlich.
    Eine Weile ist es still im Zimmer und ich überlege schon, ob ich mich vielleicht entschuldigen sollte.
    „Genau darum geht es!“, bricht meine Oma das Schweigen. Eine erstaunliche Freude liegt in ihrer Stimme. Das unheimliche Gefühl verstärkt sich noch mehr. „Wir brauchen deine Hilfe, oder besser gesagt, der Junge braucht sie. Er braucht jemanden, der ihm zeigt, wie das so läuft zwischen euch … also du weißt schon!“
    „Nein, ich habe keine Ahnung, wovon du redest!“, wende ich ein, aber Oma lächelt nur verschmitzt.
    „Der Jonas ist wirklich niedlich. Du solltest ihn unbedingt kennenlernen …“
    „Oma!“, rufe ich verzweifelt. Das Letzte, was ich will, ist ein Blind Date … organisiert von meiner Oma. Das klingt nicht nur verrückt, sondern auch, als wenn ich es dringend nötig hätte.  
    Aber noch ehe ich einen weiteren Einwand anbringen kann, ist das Thema beendet. Oma erzählt vom Ausflug am Wochenende und über den Häkelkurs, an dem sie teilnimmt. Auch Frau Scholz scheint plötzlich wie verändert. Ich erfahre, dass Frau Meyer einen Pfleger angespuckt hat und dass Herr Hartmann mit seinem Rollator Frau Scholz in die Hacken gefahren ist. Sie hat davon immer noch große Schmerzen, obwohl es schon drei Tage her ist.
    Wir spielen ein paar Runden Rommé und dann verabschiede ich mich von den beiden. Sie lächeln mich merkwürdig an, sodass ich ein ganz flaues Gefühl im Magen bekomme.
    ***
     
    Die nächste Woche vergeht wie im Flug. Erst als ich das Foyer betrete, kommt mir das seltsame Gespräch in den Sinn. Sofort macht sich ein flaues Gefühl in meinem Magen breit. Aber ich versuche es abzuschütteln, renne die Stufen nach oben und klopfe an die Tür. Als ich eintrete, sitzen die beiden Damen am Tisch und spielen Karten … zusammen mit einem jungen Mann. Mein Herz fängt an zu rasen und ich bin versucht, gar nicht erst hinein zu gehen.
    „Flo, schön, dass du da bist!“, ruft meine Oma begeistert und kommt auf mich zu.
    „Hallo Oma!“, antworte ich mechanisch, während ich zum Tisch starre.
    „Wir haben heute Besuch“, kichert sie und deutet auf den jungen Mann. Der Besuch wird bis über beide Ohren rot, was mich zum Grinsen bringt. Verdammt, er ist niedlich!
    „Das ist mein Urenkel Jonas“, mischt sich Frau Scholz ein, der ich gerade die Hand reiche. Ich schließe kurz die Augen, atme tief durch.
    „Hallo Jonas!“ Ich halte ihm ebenfalls die Hand entgegen. Zögernd ergreift er sie. Sie zittert und ist ein wenig schwitzig. Er sieht mich nur kurz an, sodass ich seine Augenfarbe gar nicht genau erkennen kann. Auf jeden Fall waren

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