Liebessklavin
ein Blitz. Abermals hatte Simon sie getestet, ausgelotet, wie weit sie gehen würde. Sie schnurrte vergnügt selbsthöhnisch und erst jetzt spürte sie die Schwere ihres Körpers und wie erschöpft sie war.
K APITEL 9: S CHWERELOS
Erica blinzelte in den hellen Raum und streckte sich. Muskeln schmerzten, von denen sie zuvor nicht einmal gewusst hatte. Dennoch breitete sich Zufriedenheit in ihr aus. In der Hoffnung, Simon schlief neben ihr, griff sie in das leere Kissen und erkannte, dass sie allein war. Noch dazu, ohne ans Bett gefesselt zu sein, und ebenfalls musste er in der Nacht die Augenbinde abgenommen haben. Ein liebevoller Gruß in Form einer roten Rose lag auf der leeren Seite des brokatüberspannten Bettes. Die zarte Blüte glitt durch ihre Finger, der Geruch drang zu ihrer Nase und Erica seufzte.
Sie schlüpfte aus dem Bett und nach einer kurzen Orientierung fand sie im Flur die Tür zum Bad. Das heiße Wasser tat ihr gut, entspannte den Muskelkater und ließ sie richtig wach werden. Nachdem sie, in den flauschigen weißen Bademantel gehüllt, auf den Gang zurückkehrte, drangen aus der Entfernung Stimmen zu ihr herüber. Je näher sie kam, desto deutlicher hörte sie die Männer sprechen.
„Sie ist ein Genie, hat einen exquisiten Geschmack an Farben und Stoffen. Du sagst, was du dir in etwa vorstellst, und sie verwandelt das Haus in einen Traum. Wirklich, du solltest dir das „Private Room“ einmal ansehen. Du wirst begeistert sein.“ Simon nahm einen Schluck Kaffee und Master Stuart kratzte sich nachdenklich am Kinnbart.
„So, wie du von ihr schwärmst, hab ich wohl keine andere Wahl, als sie darum zu bitten, mein Haus auszustatten.“
Erica blieb still in dem Mauerbogen zur Terrasse stehen, auf der die beiden, vertieft in ihre Unterhaltung über Ericas Inneneinrichtungskünste, beim Frühstück saßen.
Master Stuart wirkte anders auf sie. Sein Ausdruck war warm und offenherzig, seine Stimme klang weich. Irgendwie wirkte er nett! Oder bildete sie sich das nur ein?
„Ich kann sehr gut nachvollziehen, was dich an ihr so fesselt. Alles, was du mir über dieses Geschöpf erzählt hast, hat sich bewahrheitet. Du bist ein verdammter Glückspilz, mein Freund. Zumal Liebe dem gesamten Spiel eine besondere Würze verleiht. Ich beneide dich, Simon.“ Master Stuart beugte sich über den Tisch, griff nach einem der Brötchen aus dem Korb in der Mitte des Glastisches und hob den Zeigefinger, als er warnend auf seinen Freund zeigte. „Behandele sie gut, sonst probier ich meine neue Peitschenkollektion noch an dir aus.“
Simon lachte herzhaft.
„Ich meine es ernst, Simon.“ Er nickte, faltete die Hände ineinander und wirkte plötzlich sehr nachdenklich. „Du denkst an Lydia, nicht wahr?“
Erica horchte auf, als der Master diesen Frauennamen erwähnte und Simons Gesicht seltsame Züge annahm. Er sah für einen kurzen Moment zornig aus, fasste sich und nickte. Ihr ging ein Stich durchs Herz.
„Simon.“ Master Stuart legte tief ausatmend die Brötchenhälfte auf den Teller,stützte die Ellbogen auf den Tisch und sah seinem Freund eindringlich ins Gesicht, wobei die feine Narbe über dem Auge sich vertiefte und deutlicher vortrat. „Lydia hat sich nun mal gegen dich, gegen eine Ehe und ein Leben mit dir entschieden. Dass sie dich vor dem Altar stehen ließ, war nicht die feine englische Art. Aber besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Du weißt, ich hatte recht mit meiner Einschätzung, was sie betrifft. Du hättest ihr nie das geben können, was sie sich vorgestellt hat. Ihre Neigungen sind extrem. Jetzt hat sie das, was sie wollte. Ob sie damit glücklich ist, stell ich mal dahin.“
Ehe? Ein Leben mit Simon? Erica hatte das Gefühl, ihr entgleisten die Gesichtszüge. Als sie merkte, dass ihre Lippen offenstanden und ein Schrei ihrer Kehle entweichen wollte, hielt sie sich die Hände vor den Mund. Noch immer hatten die Freunde sie nicht bemerkt.
„Du liebst Erica, also hör auf, dir um Lydia den Kopf zu zerbrechen. Sie ist es nicht wert, dass du weiter darüber grübelst. Denk daran, wohin sie gegangen ist. Du weißt, für welches Leben sie sich entschieden hat.“
Simon rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht und stöhnte. „Du hast ja recht, aber ich begreife nicht, warum ausgerechnet der Lord. Sie ist intelligent, war so selbstbewusst und eine starke Persönlichkeit. Eine begnadete Künstlerin. Erinnerst du dich an das Bild, das sie von dir gemalt
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