Liebesvisitation (German Edition)
man roten Lippenstift von Gläsern bekommt. Das was du meinst ist mein Lipgloss. Aber als ich vor zwei Wochen ‘ne rissige Lippe hatte, hab ich mir Lipgloss mit Kirschgeschmack gekauft, doch den leck ich immer ab.“
„Ich glaube, hier wird es heute einige Überrschungen geben“, murmelte Albert Judith zu.
„Lass das Fleisch nicht anbrennen“, mahne Markus seinen Freund.
„Ich hab noch nie was anbrennen lassen“, beschwerte sich Thomas.
„Ja, im Bügeln bist du gut.“
„Moment mal, ja? Wer fängt denn immer an und ist heiß wie Stufe 3?“
„Darf ich mal den Ring sehen?“, wandte sich Markus nun wieder Judith und Albert zu. Judith reichte ihm das Goldstück.
„Wie bist du an ihre Ringgröße gekommen?“, interessierte sich Markus weiter.
„Mit einer Rohrzange, als sie geschlafen hat.“
Judith staunte nicht schlecht. „Du hast hoffentlich im Schlaf kein Rohr verlegt.“
„Wenn du das verschlafen hättest, müsste ich mir mehr Gedanken um das Fleischliche machen, als Thomas jetzt.“
„Seit wann ist Albert so kokett?“, fragte Susanne, die neben Thomas am Grill stand und auf ein Steak wartete.
„Ich würde sagen, er war schon immer so. Er hatte nur das Mädchen nicht gefunden, der er es zeigen konnte.“
„Ich arbeite mal ein Steak ab“, sagte Frank mürrisch.
Bei ihm wurde nicht gegessen, bei ihm wurden die Sachen abgearbeitet.
Da hieß es dann nicht: „Ich hab den Kasten Bier leer getrunken“, sondern „Ich habe den Kasten Bier abgearbeitet.“
Wie sich herausstellte, war Franks Freundin Veganerin . Alle sagten Franks Freundin. Einen Namen hatten sie bisher nicht herausgefunden.
Sie sagte: „Ich mag Tiere lieber als Menschen.“
„Wie die SS-Leute im Dritten Reich“, sinnierte Markus.
„Tiere sind unkomplizierter als Menschen“, ergänzte das Mädchen.
„Außer die Flussforellen. Da braucht man Stunden um die auszuweiden“, gluckste Thomas mit Markus.
„Wo wohnst du?“, fragte Judith das unbekannte Mädchen.
„Bei ihm.“ Sie deutete auf Frank.
„Ihr wohnt schon zusammen?“
„Ja, das ist jetzt mein zuhause.“
„Es gibt einen Unterschied zwischen ‚zuhause‘ und ‚Daheim‘“, sinnierte Markus. „‚zuhause‘ ist, wo man wohnt, ‚Daheim‘, wo man sich daheim fühlt. Optimalerweise ist das zuhause auch das Heim.“
Thomas tätschelte Markus‘ Hand.
„Wenn du kein Fleisch, kein Fisch, keinen Joghurt, keinen Quark isst, keine Milch trinkst, keinen Käse isst, was isst du dann so?“, wollte Judith wissen.
„Ich esse nicht viel“, sagte das Mädchen nur.
„Ich glaube, dass man immer auf das Lust hat, was der Körper gerade braucht. Und je breiter die Auswahl der Dinge ist, die man kennt, desto genauer kann der Körper auf das Lust haben, wo am meisten von dem drin ist, was man braucht.
Wenn man nur Pommes, Hamburger und Cola kennt, hat der Körper eben immer dann Lust auf Hamburger, wenn er Vitamin B braucht, weil er genau weiß, dass in dem Salatblatt auf dem Burger Vitamin B enthalten ist. Man muss eben eine breite Auswahl an Nahrungsmitteln kennen, damit der Körper das Lebensmittel anzeigen kann, das am ehesten dem entspricht, was der Körper gerade braucht.“
„Schön gesagt, Judith“, lobte Christian. „Was ist mit Cola? Trinkst du auch keine Cola?“
„Cola“, sagte das Mädchen abfällig. „Weißt du, was passiert, wenn man Fleisch in ein Glas mit Cola tut und es über Nacht stehen lässt?“
„Hast du schon mal versucht, ein Stück Fleisch in einem Glas Mineralwasser zu versenken? Das sieht nach einer Nacht wahrscheinlich genau so aus“, entgegnete Christian. „Gut gekaut ist halb verdaut, und wenn man Cola trinkt, wird das Fleisch noch schneller verdaut. Ich werde lieber nur 80 und lebe glücklich, als dass ich 100 werde und an einem Stück Vollkornbrot knabbere. Nichts gegen Vollkornbrot, aber zwischendurch darf es auch mal Pommes sein. Die Seele will ja auch ein bisschen Spaß.“
„Die Seele?! Glaubst du an Gott?“, wunderte sich das Mädchen.
„Ja. Du nicht?“
„Nein.“
„Dann kannst du sowas wie ‚Liebe‘ ja nicht kennen und die Künste nicht erklären. Denn für die Evolution ist Entertainment nicht von nutzen, und doch kann es uns erfreuen.“
„Wenn es Gott wirklich gibt, muss das Leben einen Sinn haben. Und was sollte das bitteschön sein?“
„Vielleicht existiert man ja einfach, um Spaß zu haben.“
Das Mädchen schnaubte verächtlich.
„Naja, wäre das nicht die
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