Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
wieso siehst du so schrecklich
aus?
Neal senkte den Kopf. „Habt ihr gestritten?“
„Auch.“ Er seufzte.
„Erzähl’ es mir. Sonst können wir Dirk nicht helfen.“
Neal nickte. Erschöpft nahm er auf dem Sofa Platz.
„Wir waren auf dem Dachboden. Ich wollte da eigentlich nicht
hin, da wurde Dirk böse. Er hat mich an einen Stuhl gefesselt.“
Frau Martens schien entsetzt. Fest drückte sie ihren Sohn an sich.
„Das kann ich gar nicht glauben!“
„Es war aber so“, gestand Neal. „Er hat mich oben alleine
gelassen, mit zugeklebtem Mund.“ Er schluckte. Sein Verhalten
zeigte Frau Martens deutlich, dass er nicht log. „Er hat mich ein
paar Stunden dort sitzen lassen. Als er wieder kam, war es schon
dunkel. Wir haben erneut gestritten. Als wir runter gingen, hat er
mich von der Treppe gestoßen!“
„Wie?“, entwich es Frau Martens erbost. „So etwas würde Dirk
niemals tun!“
„Sehen Sie meine Nase an? Würde ich sie mir selbst blutig
schlagen?“
Verzweifelt sah Neal seinen Freund an. „Er hat mich auf den
Friedhof gebracht. Als ich wieder zu mir kam und ihn hier zur
Rede stellte, ist er einfach verstummt.“
Frau Martens schüttelte den Kopf. Sie fing fast an zu weinen.
„Dirk!“, sagte sie dann ermahnend. „Ist das alles wahr?
Antworte!“
Ihr Sohn reagierte nicht. Zielstrebig stand sie auf. Aus dem
Schlafzimmer holte sie Tabletten. Dann kniete sie sich vor Dirk
nieder.
„Du nimmst jetzt deine Medikamente!“ Es klang äußerst ernst.
Neal holte ein Glas Wasser.
„Mach’ den Mund auf!“
Mit einem Mal blinzelten Dirks Augen. Wie in Zeitlupe bewegten
sich seine Lippen, dann öffnete sich sein Mund einen Spalt. Eine
enorme Erleichterung machte sich bei Frau Martens breit, als ihr
Sohn die Tabletten mit einem Schluck Wasser einnahm. Dennoch
sah sie ihn prüfend an.
„Hast du die Tabletten regelmäßig eingenommen, so, wie der Arzt
es wollte?“
Dirk schwieg, doch sein starrer Blick war verschwunden.
Inzwischen sah er seine Mutter genau an.
„Hast du sie regelmäßig genommen?“
Sein Gesicht verzog sich. Er begann zu zittern. Ganz langsam, fast
kaum erkennbar, schüttelte er den Kopf.
„Du weißt, wie wichtig das ist! Warum hast du das getan?“ Frau
Martens wurde hysterisch. Ihr Gesicht zeigte Verzweiflung.
„Ich weiß nicht!“, schrie Dirk plötzlich zurück. Es kam so
überraschend, dass Neal erschrak. „Ich weiß es nicht! Ich weiß
nicht!“ Dirk fing an zu jammern. Dann starrte er ängstlich zur Tür.
„Was ist das?“, fragte er in Furcht.
„Was?“
Nun schritt Neal ein. Er trat näher. „Er sieht wieder etwas.“
„Das soll weggehen!“ Dirk verdeckte sein Gesicht mit den
Händen.
„Das ist nichts!“ Frau Martens war angespannt. Fragend sah sie
Neal an.
„Heute Nachmittag hat er auch schon mal was gesehen, was nicht
da war“, berichtete der aufgeregt.
Frau Martens nickte. Sie wirkte inzwischen gefasster.
„Es nützt nichts.“ Sie seufzte tief und griff dann nach dem
Telefon. „Ein Arzt muss kommen.“
Der Arzt traf schon nach einigen Minuten ein. Dirk war
uneinsichtig. Er hatte geschrien und um sich geschlagen. Neal
erkannte seinen Freund nicht wieder. Der Arzt spritzte Dirk etwas
zur Beruhigung, dann wurde er mit dem Krankenwagen
weggebracht.
Mit einem Mal herrschte eine Totenstille in der Wohnung.
Erschöpft fuhr sich Frau Martens über das Gesicht, dann sah sie
Neal an. Dieser stand schockiert in der Ecke, sein Leib zitterte. In
seinen Augen spiegelte sich eine Mischung aus Angst und Trauer
wider.
„Ich hätte dir das ganze gerne erspart“, sagte Dirks Mutter.
Neal wagte nicht auszusprechen, was er die ganze Zeit schon
vermutet hatte.
„Ist es dasselbe, wie damals? Als Dirk diese Katze getötet hatte?
Ist er wieder ... krank?“
Frau Martens nickte. Ein erneuter Schauer durchfuhr Neals Leib.
„Du musst deine Sachen ausziehen“, sagte sie. „Und dann duschst
du und nimmst dir frische Sachen aus Dirks Schrank.“
„Sie sind so nett zu mir.“
Dankbar sah Neal Dirks Mutter an. Diese strich ihm sanft über die
Wange.
„Hätte ich geahnt, was Dirk hinter meinem Rücken mit dir
anstellt.“ Sie schüttelte den Kopf.
„Es ist doch nicht Ihre Schuld“, erwiderte Neal. „Ich hätte doch
früher merken müssen, dass mit ihm etwas nicht stimmt.“
Sie begleitete Neal ins Badezimmer. Dort zog er sich zögernd aus.
Seine Cordhose war mit Erde und Sand beschmutzt, ebenso seine
Hände und Fingernägel. Seine Handgelenke
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