Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
verschlossen, als Dirk sich zu ihm ans Bett
setzte und behutsam über seine Stirn strich. Langsam öffnete Neal
seine Augen. Sofort fing er an zu lächeln.
„Da bist du ja endlich. Ich habe schon gewartet.“
„Es tut mir leid“, sprach Dirk liebevoll. „Ich konnte nicht eher.“
Neal seufzte. „Ich habe dich ganz schön vermisst.“
„Ich dich auch.“ Dirk schloss ihn in die Arme. „Es war so schön,
als du bei mir gewohnt hattest.“ Er ließ ihn wieder los und blickte
ihn an. „Du siehst nicht gut aus, mein Schatz.“
Neal ließ die Schultern hängen und berichtete, dass er eine
Lungenentzündung hatte. Sofort weiteten sich Dirks Augen.
„Wieso das denn? Es ging dir doch so gut bei mir.“
Neal hob ahnungslos die Schultern. „Der Arzt sagt, ich hätte
früher was unternehmen müssen. Nun muss ich Antibiotika
schlucken. Das lange Liegen im Schnee war wohl doch zu viel.“
Er rümpfte die Nase und hustete dann heftig. Erschöpft schloss er
die Augen, doch besitzergreifend fasste er nach Dirks Hand.
„Ich bin so froh, dass du hier bist.“
„Ist doch klar.“
Als Dirk die Treppe wieder herunter kam, stieß er erneut auf Herrn
Anderson.
„Sie wollen schon los?“
„Ja, das Abi! Ich muss noch lernen.“
„Natürlich!“ Peter Anderson sah Dirk aufrichtig an. „Es freut
mich sehr, dass Sie Neal besucht haben. Er hat doch sonst
niemanden, der sich mit ihm trifft.“
„Ist doch selbstverständlich!“ Dirk lächelte.
Mit einer Schüssel voll Wasser und mehreren Handtüchern, betrat
Herr Anderson das Zimmer seines Sohnes.
„So, nun mache ich dir Wadenwickel. Das soll helfen, hat der Arzt
gesagt.“
Behutsam legte er die Sachen ab, doch schon im nächsten Moment
versteinerte sich seine Miene. Neal lag schwer atmend im Bett.
Sein Brustkorb hob und senkte sich viel zu schnell. Seine Augen
waren starr aufgerissen. Schweiß rann von seiner Stirn.
„Neal?“ Peter Anderson klang augenblicklich besorgt. „Was hast
du denn?“
Sein Sohn antwortete jedoch nicht. Er japste nach Luft und seine
Hände krallten sich in der Bettdecke fest. Hektisch sah er sich um.
„Dirk? Dirk! ?“
„Dirk ist schon gegangen“, antwortete sein Vater.
„Dirk? – Bist du es?“ Neal wirkte verstört.
„Nein, ich bin’s! Dein Vater! Erkennst du mich denn nicht?“
Allmählich beschlich Herrn Anderson ein ungutes Gefühl. „Was
hast du denn?“
Neal spürte die kühle Hand seines Vaters auf der Stirn.
„Du glühst ja. Und warum hast du nichts an? Neal? Antworte!“
„Mir ist so warm, Dad! So warm.“ Er wälzte sich im Bett. „Ich
musste mich ausziehen, ich musste.“ Erneut rang er nach Luft.
Eine weitere Hustenattacke überkam ihn. Er griff sich an den Hals.
Sein Vater hielt ihn ganz fest und streichelte behutsam seinen
Rücken. Doch der Husten hörte nicht auf. Kraftlos sank Neal zur
Seite weg, dort hustete er in die Kissen.
„Das hört sich ja schlimm an!“ Peter Anderson schüttelte den
Kopf. Nach einiger Zeit legte sich der Husten, und Neal konnte
tief durchatmen. Mit glasigen Augen sah er wieder auf.
„Ist es besser?“
„Ich weiß nicht.“ Neals Stimme war kaum hörbar. Er drehte sich
um. An seinem Mundwinkel und auf dem Kissen wurden rote
Flecken sichtbar. Herr Anderson erschrak.
„Oh my God, that’s blood!“
Er konnte die Augen kaum öffnen. Verschwommen sah er eine
Gestalt, die schon wieder eine neue Infusion anschloss.
„Hat sich jemand ... erkundigt – nach mir?“, fragte er heiser.
„Ihre Familie war hier“, berichtete die Frau in Weiß. Neal seufzte.
Er hatte die letzten Stunden geschlafen. Und was alles vorgefallen
war, daran konnte er sich wirklich nicht mehr erinnern.
„Wollen Sie sich nun umziehen, oder waschen?“ Die junge Frau
blickte ihn freundlich an, doch Neals Blick verdunkelte sich.
„Bemühen Sie sich nicht. Ich bin schwul. Habe einen Freund ...“
„Bitte? Ich wollte lediglich fragen, ob Sie ...“
„Er ist groß, schlank, blond ... und gut aussehend.“ Neal schloss
erneut die Augen.
„Ich habe ihm lediglich meine Hilfe angeboten. Er scheint da ein
Problem mit zu haben.“
Die Schwester machte Notizen in den Pflegebericht. Ihre Kollegin
runzelte die Stirn.
„Ist sicher auch nicht leicht in dem Alter schon feststellen zu
müssen, dass man homosexuell ist.“
In dem Moment kam ein junger Mann um die Ecke. Er war groß,
schlank, blond und gut aussehend und lehnte sich auch sogleich an
den Empfangstresen der Station.
„Ich wollte zu
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