Liebhaberstück Xenia (German Edition)
begrüßte sie im Vorbeigehen. Andere, eine Familie mit Kindern und ein paar weitere Paare, kannte ich nicht. Unter ihnen musste irgendwo eine Cousine von Mick sein, der Rest waren vermutlich Micks Boxkumpels mit Anhang.
„He, Upline, wo willst du denn hin ?“ Mick packte mich bei den Schultern und schob mich von Colin weg zum Brautwagen. „Du bist doch Trauzeuge. Also musst du auch mit uns fahren!“ Ganz der Hartmann, der auch er war, drängte er mich zur Beifahrertür, öffnete sie und schob mich hinein.
Sein Bruder saß bereits am Lenkrad, das sich auf der rechten Seite des Autos befand, das Brautpaar nahm hinten Platz. Dann fuhren wir im Convoy nach Stromness zum Standesamt. Trotz Rechtsverkehr lenkte Hartmann den Wagen souverän durch die Stadt.
Die Augen starr auf die wippenden Rosenköpfe gerichtet, die Mr. Casey auf der Motorhaube in einem großzügigen Gesteck angebracht hatte, versuchte ich, mich nicht so unangemessen weiblich zu fühlen wie jedes Mal, wenn ich neben Thorsten Hartmann im Auto saß.
Von Mick erfuhr ich, dass er der zweite Trauzeuge war.
Hätte ich mir ja denken können!
Im Rathaus spürte ich seinen Blick während der gesamten Zeremonie auf mir. Und der schottische Standesbeamte ließ sich ausgiebig Zeit, um auf eine besonders salbungsvolle Art beschönigende Unwahrheiten über die Ehe zum Besten zu geben.
N ach der Trauung, unzähligen Gratulationen und Gruppenaufstellungen für den Fotografen suchte ich Colin und fand ihn erst im Cottage Inn wieder, im Gespräch mit einem Mitglied der zweiköpfigen schottischen Folkband über die Musikeinspielung für unsere Tanzeinlage.
Oh, mein Gott! Ich muss ja dann tanzen!
Al s das Brautpaar den Saal des Cottage Inn betrat, drehte sich Freya sogleich dem Kuchenbüffet zu und rief entzückt aus: „Oh, Xeni, du hast an eine Hochzeitstorte gedacht!“
Natürlich hatte ich das.
Und ich hatte noch eins draufgesetzt und dem Konditor aus Kirkwall auch das Design aufgetragen. Um die dreistöckige Kalorienhochburg wand sich eine aus Marzipan kreierte Girlande aus roten Rosen, gelbem Ginster und grünem Efeu, den Bestandteilen des Brautstraußes. Mrs. Sinclair hatte Recht behalten, dieser Konditor aus Kirkwall war sein Geld wert.
Wie viel Geld, das würde ich allerdings erst noch erfa hren.
Mrs. Kettletoft , die mit ihrem Mann das Cottage Inn betrieb, begrüßte jeden Gast persönlich. Sie war eine kleine, sehr dicke, freundliche Frau um die fünfzig, die in ihrem pastellgelben Kleid und der weißen, blümchenbestickten Schürze selber ein bisschen aussah wie eine Torte.
Da die Tischordnung so festgelegt war, dass links und rechts des Brautpaares die Familienmitglieder an der langen Festtafel saßen, war Thorsten Hartmann dorthin verbannt, während ich mich mit Colin ungestört an einen der kleineren Tische setzen konnte. Zu den Sinclairs, die ich natürlich auch eingeladen hatte.
Colin hatte, wie er mir sagte, die Tische he ute Morgen extra seitlich platzieren lassen, um in der Mitte des Raums genug Tanzfläche zu haben.
Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, wie sich der Doktor brav zwischen seiner Mutter und einem kleinen Mädchen niederließ. Neben dem Mädchen saß ein Junge und daneben eine Frau und deren Mann. Also war das die Hartmann-Cousine mit Familie. Der Doktor beugte sich mit einem freundlichen Lächeln zu dem kleinen Mädchen herab und raunte ihr etwas zu.
Wie nett er sein konnte zu einem weiblichen Wesen, das nicht in sein Beuteprofil passte!
Dann sagte Hartmann etwas zu seiner Mu tter.
Selbst bei meinem natürlich nur zufällig umherschweifenden Blick fiel mir die Frostigkeit auf, mit der Frau Hartmann ihm antwortete, während sie mit dem Lächeln der stolzen Mutter auf alles reagierte, was Mick an Kommentaren von sich gab.
S icher, Mick war heute der Star des Tages, aber trotzdem!
Wo war mir d ieses Verhalten schon mal aufgefallen? Ah, ja, bei diesem Produkt-Meeting in Micks Wohnung.
Thorsten Hartmann war zwar ein Ekel, was Frauen anging, aber das dürfte doch seiner Mutter nichts ausmachen! War er nicht als erfolgreicher Arzt vielmehr das, was sich jede Mutter wünschte? Doch wer wusste, mit welcher Beleidigung er seine Mutter vergrätzt hatte! Das konnte er ja ganz prima.
Und was ging mich das überhaupt an!
Colin war da, wir hatten nur eine Woche Zeit, und die würde ich mir nicht durch Gedanken an Thorsten Hartmann verderben lassen!
Unmittelbar nach dem Kaffeetrinken schoss der Fotograf fleißig weitere
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