Liebhaberstück Xenia (German Edition)
die Fackel mit beiden Händen in die H öhe gerissen hatte, verbeugte ich mich. Ich bekam Applaus, worüber ich mich sehr freute. Und ich hatte mich nicht mal blamiert!
Nur Thorsten Hartmann klatschte nicht, sondern starrte mich nur abschä tzend an.
Egal!
Ich griff nach dem Mikrophon, holte ein paar Mal tief Luft, denn ich war recht außer Atem, sah in den Augenwinkeln Colin hinter der Tür hervorlugen und sagte: „Vielen Dank! Aber was jetzt kommt, schlägt alles! Der nächste Tanz stellt den Bräutigam dar und trägt den Titel Stahl . Und wer könnte einem Mann wie Mick besser gerecht werden als der Weltmeister des irischen Stepptanzes höchstpersönlich, Colin O’Fliery!“
Rasch trat ich zurück, die Musik ertönte und Colin sprang in die Raummitte. Er tanzte einen Schwerttanz zu einem schnellen Reel aus Lord of the Dance , und der Parkettboden erbebte unter dem furiosen Rhythmus seiner Steppschritte. Wenn auch nicht geschärft, so war es doch ein echtes Schwert, das er dabei schwang, es virtuos herumwirbelte, ganz der keltische Krieger, und sich dabei der Musik bemächtigte auf diese unnachahmlich irische Weise.
Ewig schade, dass ich gezwungen war, mich von dem Anblick loszureißen! Ich drückte schnell Robert , der soeben mit seinem Freund angekommen war und nun fasziniert Colin bestaunte, die Fackel in die Hand und wechselte hastig meine Gymnastikschuhe gegen Steppschuhe aus. Weil ich die für die nächste Nummer brauchte.
Robert hatte sich glamourös aufgestylt, mit schwarzem Lederfrack und mintgrüner Rüschenbluse, wohingegen sein Freund erstaunlich unschwul aussah. Eher wie ein derber LKW-Fahrer in Kordhosen und braunschwarz kariertem Baumwollhemd.
Schon war auch Colins Tanz zu Ende. Er verbeugte sich mit flüssiger Routine und erntete ei nen frenetischen Applaus, in den auch ich begeistert einstimmte. Nun war mir mit einem Mal wieder bewusst, warum ich mich in ihn verliebt hatte.
Wieder ergriff ich das Mikrophon und kündigte an: „Und jetzt kommt die Hochzeit von Freya und Mick, die Vereinigung von Feuer und Stahl .“ Sogleich nahm ich Robert die Fackel ab, drückte ihm stattdessen das Mikro in die Hand und trat zu Colin auf die Tanzfläche.
Geehrt, mit ihm vor Publikum tanzen zu dürfen, step pte ich mit ihm diese wundervolle Hornpipe. Ich wirbelte die Fackel herum und er das Schwert, bis sich Fackel und Schwert trafen und trennten und sich zum Schluss in inniger Umarmung verbanden.
Ich achtete auf das, was er mir beim Üben eingebläut hatte, nämlich die ganze Tanzfläche auszunutzen, wenn ich mich von ihm fortbewegte, und nicht wieder ständig an sein Schwert anzustoßen, wenn wir uns umeinander drehten.
Natürlich vertanzte ich mich genau an der Stelle, die mir immer Schwierigkeiten gemacht hatte, doch Colin, ganz der Vollprofi, der er war, überspielte gekonnt diesen La psus, indem er mich kurz herumwirbelte und mir binnen eines Augenblicks zurück in den Rhythmus half. Das Publikum – da war ich mir sicher – hatte nichts gemerkt.
Der Tanz endete damit, dass Colin und ich Schwert und Fackel aneinandergeschmiegt in die Höhe stießen und uns eng umschlungen küssten. Es war wundervoll. Als der Applaus losbrandete, trat ich gleich zur Seite und löschte schnell die Fackel in dem mit Sand gefüllten Eimer, den zu organisieren Colin so vorausschauend gewesen war. So hatte ich die Hände frei, um ihm begeistert zuklatschen zu können.
Das Publikum verlangte zu Recht eine Zugabe.
Colin hatte selbstverständlich damit gerechnet, ließ die Vorhänge hochziehen und das nächste Lied abspielen. Dazu tanzte er – diesmal ohne Schwert und ohne mich - eine meisterhaft komplizierte Version des „King of the Fairies“ aus seiner aktuellen Show und anschließend noch einen rasanten Reel. Danach demonstrierte er ein paar einfache Schritte eines „Ceili“, eines traditionellen irischen Gesellschaftstanzes, holte Freya auf die Tanzfläche und brachte ihr die Schrittfolge bei. Und ich machte, wie abgesprochen, das Gleiche mit Mick. Als die beiden den Tanz beherrschten, schickte Colin sie hinaus, um ihre Eltern zu holen. Er selbst forderte dann Freyas Mutter auf.
Ich ging auf Thorsten Hartmann zu.
Er hob überrascht die Augenbrauen.
Doch mit, wie ich hoffte, überlegener Miene schritt ich an ihm vorbei zu dem kleinen Mädchen neben ihm, lächelte es aufmunternd an, nahm seine Hand und brachte es zur Tanzfläche. Die Kleine begriff die Schritte schneller als die meisten Erwachsenen. Ich
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