Liebhaberstück Xenia (German Edition)
einem kleinen Park wurde ich dann fündig, holte die Schaufel aus dem Auto und quälte damit fluchend ein Loch in den vor Trockenheit wie zementierten Boden. Zum Glück war niemand hier außer ein paar jugendlichen Fixern, die selber nicht gesehen werden wollten und eilig von dannen zogen.
Noch während ich grub, fragte ich mich, wozu ich mich e igentlich hier so abmühte. Denn wahrscheinlich hätte es für die Wirkung des Rituals genügt, dass Manuela glaubte, dass ich die Eier vergraben würde.
Doch dann drängte sich das Bild meiner Großmutter ungebeten in mein Bewusstsein. „Vergiss nie, dass deine Gedanken die Heilung auf den Weg bringen“, hatte sie stets gepredigt. „Aber nur, wenn sie ehrlich sind.“
Großmutter war immer der Meinung gewesen, dass M agie funktionierte. Dass Gedanken allein schon durch ihre Energie die Dinge veränderten.
Mehr noch als ihre häufig so verblüffenden Heilerfolge hatte mich schließlich ein Buch über Albert Einsteins Relativitätstheorie überrascht, bei der Energie und Materie nur durch ein Istgleich-Zeichen voneinander getrennt sind. Wenn man in dieser Formel die Energie veränderte, veränderte sich automatisch die Materie. Und weil Gedanken Energieimpulse sind, können Änderungen der Gedanken Änderungen der Materie bewirken.
Groß mutter hatte sich noch nicht mal gefreut über meine Eröffnung, dass Einstein ihre Ansicht bestätigt hatte. Sie hatte nur beiläufig genickt.
Also grub und grub ich, legte die Eier in das heroisch dem Boden abgerungene Loch und füllte die Erde wieder darüber. Erst dann machte ich mich auf den Heimweg.
Irgendwann um drei Uhr nachts fiel ich ins Bett. Mir blieben noch satte drei Stunden Schlaf, dann würde ich aufstehen und meinen Sohn für die Schule fertig machen müssen.
Und nachmittags hatte ich dann eine Telefonsession abz uhalten in dem Network-Marketing-Geschäft, das ich nebenberuflich aufbaute. Da das Telefonieren vor Leuten nach wie vor nicht gerade meine Spezialität war, wäre es geschickt gewesen, wenn ich zumindest fit und ausgeruht sein würde. Es war höchste Zeit, dass ich endlich einschlief.
Nur blöderweise war ich plötzlich wieder hellwach.
„Worum geht es im Network-Marketing?“ Auffordernd blickte ich in die Runde von Micks kleiner, aber wachsender Gruppe von Geschäftspartnern und tat so, als wäre ich hochmotiviert, voller Esprit und putzmunter.
Obwohl ich mich weit davon entfernt fühlte.
Während die anderen über meine Frage nachgrübelten und merklich hofften, dass ich keinen von ihnen zur Antwort aufforderte, schweifte mein Blick durch Micks gemütlich chaotisches Wohnzimmer, bei dem die Boxwettkampfpokale in den staubigen Regalen und die einsame schmutzige Socke über der Couchlehne die unverkennbar männliche Note der Einrichtung erkennen ließen.
„Es geht darum, Produkte zu verhökern und ein paar Le ute zu suchen, die das auch tun!“, rief Mick vergnügt.
Nie, nie, nie, nie widersprechen! – So hieß eine der wichtigsten Grundregeln der erfahrenen Führungskräfte in unserem Geschäft. Immer nicken und lächeln, auch wenn Geschäftspartner oder Interessenten den größten Mist erzählen!
„Oder, um es mit anderen Worten zu formulieren“, schaffte ich nickend und lächelnd die Grätsche, „es geht darum, Leute zu finden, die unsere hervorragenden Produkte als Kunden schätzen oder darin eine Geschäftsmöglichkeit sehen. An den Kunden verdienen wir die Gewinnspanne von dreißig Prozent. Und bei den Leuten, die auf unsere Empfehlung hin ins Geschäft kommen, werden wir am Umsatz beteiligt.“
Zuversichtlich schaute ich in die skeptischen Gesichter. „Das Wichtigste habt ihr schon getan! Ihr habt eine N amensliste geschrieben mit allen Leuten drauf, die ihr kennt und schätzt. Jetzt geht es darum, die Listen durchzutelefonieren. Nein, nicht um zu fragen, ob die Leute das Geschäft wollen oder nicht, sondern nur um Termine zu buchen, wo wir ihnen das Geschäftskonzept präsentieren können. Dann kriegen sie Infomaterial, und dann erst beim Nachtermin entscheiden sie, ob sie die Produkte und/oder das Geschäft oder gar nichts wollen.“
Ich lächelte Mick an. „Wobei es Micks Spezialität ist, die Leute schon bei der Konzeptpräsentation ins Geschäft zu bringen.“ Damit verschaffte ich ihm geschickt bei den anderen Respekt, die ja allesamt seine Geschäftspartner waren.
„Telefonie ren ist für mich das Schlimmste“, gab Nicole Pfeifer zu. Sie war eine große Schlanke Anfang
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