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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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noch mitgeteilt, daß die Betamax-Welt das Zeit-Raum-Kontinuum gar nicht verließ. Durch die beim Verlassen der Erdatmosphäre entstehende Reibung geriet sie in Brand und verkam zu einem Kometen; aufgrund ihrer einzigartigen Entstehung verhielt sie sich jedoch nicht ganz so wie normale Kometen; das heißt, sie vereinigte die Gleichmäßigkeit der Flugbahn, die für sämtliche Kometen charakteristisch ist, mit der allen göttlichen oder halbgöttlichen Kunstprodukten anhaftenden Sturheit. Folglich kreiste sie für alle Ewigkeit durch die Galaxis und tauchte mit unbarmherziger Regelmäßigkeit immer genau dann auf, wenn man sie am wenigsten erwartete.
    Auf alle Fälle hörte sie auf, eine Betamax-Welt zu sein, und das war auch gut so. Denn kaum hatte sie Jasons Hand verlassen, als sich der Himmel verdunkelte und sich die Sonne blitzschnell in den Schutz einer dichten Wolkenwand zurückzog, zwischen der sie nur hervorlugte, um die Speerspitzen der Vorhut eines gewaltigen göttlichen Heeres bedeutsam funkeln zu lassen, das sich rasch der Planetenoberfläche näherte.
     
    Seit sich die Götter zurückgezogen haben und auf die Sonne übergesiedelt sind, hat es auf der Original-Erde immer wieder religiöse Erweckungen gegeben. Über die Gründe ist sich niemand ganz im klaren. Der einen Auffassung zufolge hat die Menschheit das dringende Bedürfnis, an etwas zu glauben, vorzugsweise an etwas so schreiend Unsinniges, daß dem allein blindes, bedingungsloses Vertrauen gerecht wird – beispielsweise jene Überzeugung, die im späten neunzehnten Jahrhundert aufkam und auch zu Jason Derrys Zeit noch weitverbreitet war, wonach Menschen in Wirklichkeit gar nicht erschaffen worden sind, sondern auf irgendwelche unergründliche Weise die Nachkommen haarloser, mutierender Affen darstellen. Die andere Auffassung besagt, daß im Sommer nie etwas Besonderes im Fernsehen läuft.
    Doch zu keiner Zeit hat es eine derart plötzliche und weitverbreitete religiöse Erweckung gegeben wie diejenige, die Apollos erste weltweit ausgestrahlte Sendung zur Folge hatte. Vielleicht lag es einfach an seinem anziehenden Charisma – schließlich sah Apollo wie ein junger griechischer Gott [12] aus, hatte ein besonders gewinnendes Lächeln und eine Art, in die Kamera zu blicken, als wäre es die einzige wahre Kamera, nach der er alle die Jahre gesucht hatte –, oder vielleicht einfach daran, daß seine Äußerungen zufällig der Wahrheit entsprachen. Jedenfalls hatte er kaum das Studio verlassen und die Schritte nach draußen auf den Parkplatz gelenkt, um seinen zweirädrigen Pferdewagen abzuholen, als alle Welt plötzlich zu dem Schluß kam, erleuchtet worden zu sein. Diejenigen, die die Sendung gesehen hatten, machten sich sofort daran, allen anderen, bei denen das nicht der Fall gewesen war, davon zu berichten. Da es sich bei ihnen letztlich nur um Menschen handelte, drohten sie den Unwissenden, sie bei lebendigem Leibe zu verbrennen, wenn sie sich ihnen nicht anschlössen. Tatsächlich griff die Erweckung in einem derartigen Tempo um sich, daß es eine halbe Stunde nach der Sendung nicht nur einen Hohenpriester von Durham gab, sondern dieser auch schon im Fernsehen um Geldspenden bat.
    Ein weiterer Aspekt dieser Erweckung, durch den sie sich von allen vorhergegangenen unterschied, war die Tatsache, daß die Götter trotz der weltweit einsetzenden Verehrung und des Glaubens, mit denen man ihnen nun überall begegnete, äußerst unbeliebt waren. Apollo hatte kein Blatt vor den Mund genommen. In aller Deutlichkeit hatte er klargestellt, daß die Götter keine Kuscheltierchen zum Liebhaben waren.
    Religiöse Protestgruppen hat es natürlich schon früher gegeben – so fällt einem automatisch dazu die Vereinigung gewerbetreibender Stukkateure gegen Kreuzigung ein, die sich im ersten Bürgerkrieg der Puritanischen Revolution in England kurzer Berühmtheit erfreute –, aber keine der neuen Gruppierungen hatte die ausdrückliche Absicht, die Götter durch Glauben in Vergessenheit geraten zu lassen. Das war Apollos Verdienst, der einfach behauptet hatte, es sei vom Schicksal bestimmt, daß die Götter ihr angestrebtes Ziel nicht erreichen könnten, wenn die Menschheit aufrichtig an sie glaubte. Es gebe einen Orakelspruch in genau diesem Wortlaut, hatte er gesagt. Das entsprach selbstverständlich voll und ganz der Wahrheit; als Gott der Weissagungen hatte er persönlich dafür gesorgt.
    Gerade als er das geflügelte Pferd wieder vor den Wagen gespannt

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