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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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finde.«
    »Jedenfalls denke ich darüber nicht viel nach … über Moral, meine ich«, rechtfertigte sich Jason.
    »Ach so?«
    »Ich brauche das nicht für meinen Job. Weißt du, ich bin eher ein Arbeiter. Ich frage nicht, warum oder wieso ich was machen muß.«
    »Also bist du eher so etwas wie ein bezahlter Schläger?« erkundigte sich der Riese freiheraus.
    »Genau. So, wie ich die Sache sehe, ist da irgendwo jemand, der genau weiß, wo der Hase langläuft. Warum sollte ich also aufmucken?«
    »Sehr schön«, freute sich Prometheus. »Ich bin nämlich auch einer, der genau weiß, wo der Hase langläuft, und ich kann in harter Süßigkeitenwährung zahlen. Was hältst du davon?«
    Jason runzelte die Stirn. »Wie? Willst du damit sagen, ich soll von dir Befehle annehmen anstatt von ihm?«
    »Du sagst es. Genau das.«
    »Ich glaube nicht, daß ihm das gefällt. Und du weißt ja, was mit Leuten passiert, die …«
    Prometheus lachte und rasselte mit den Ketten, bis der ganze Berg bebte. »O ja! Ich habe sogar eine ziemlich genaue Vorstellung davon. Schade, aber was soll’s? Jedenfalls tut es mir aufrichtig leid, falls ich dich belästigt haben sollte. Die Kekse sind drei Schritte in Richtung Osten unter einem Dornbusch. Der Adler wird sie dir zeigen.«
    Prima! freute sich Jason, während er die Schachtel aufriß und sich den ersten Keks zum Mund führte.
    Prima …
    Nein, nicht du schon wieder! Hau ab!
    Sicher …
    Ich habe gesagt, hau ab! Klar? Ich kann dich jetzt wirklich nicht gebrauchen.
    Ganz genau …
    Also gut, ich geb’s auf. Was willst du von mir?
    Nichts …
    Na prima, wenn du mir sonst nichts zu sagen hast, kannst du ja wieder verduften und mich endlich in …
    In …
    Jason stand langsam auf, leerte den Mund und sah zum Riesen hinüber. »Entschuldige mal, aber …«
    Prometheus drehte sich zum erstenmal mit dem Kopf zu ihm herum – stellen Sie sich vor, Helgoland erhebt sich ein Stück aus dem Meer und rollt auf die Seite – und starrte Jason direkt an, der zum erstenmal in die beiden runden blauen Augen des Riesen sah. Jason schluckte und würgte die letzten Krümel hinunter.
    »Was ist denn?« fragte Prometheus mit sanfter Stimme.
    »Na ja, ich glaube nicht, daß ich irgend etwas tun könnte, ohne daß er das mitbekommt. Oder was meinst du?«
    Prometheus lachte und sagte: »Du irrst. Und ob es da etwas gibt!«

 
     
    Obwohl mittlerweile mehr als fünf Jahre vergangen waren, seit Sergeant Smith dieses absurde Erlebnis gehabt hatte, hatte er sich noch immer nicht davon erholt, und seine Vorgesetzten auf dem Polizeirevier an der Axe Cross waren schon längst zu der Überzeugung gelangt, daß er sich auf unabsehbare Zeit allenfalls noch für den Dienst auf der Revierwache eignete. Diese Maßnahme hatte nach ihrem Dafürhalten allerdings auch etwas Gutes: Ältere Mitbürger, die hin und wieder behaupteten, fliegende Untertassen gesehen zu haben, fanden in dem Sergeant einen verständnisvollen Ansprechpartner.
    Sich einen Menschen vorzustellen, der noch weniger Erwartungen an das Leben stellte als dieser Sergeant, fällt schwer. Seine ersten Dienstjahre hatte er fast ausschließlich mit der Observierung von Schlägereien vor Imbißbuden, Eckkneipen oder ähnlich anheimelnden Begegnungsstätten verbracht, um anschließend die schwerer verletzten Teilnehmer zu verhaften, was ihm seine letzten Illusionen geraubt haben dürfte. Dennoch blieb die Tatsache bestehen, daß er noch immer behauptete, dieses merkwürdige Etwas gesehen zu haben, und seither hatte er an dieser Geschichte genauso unerschütterlich festgehalten wie ein Vernehmungsbeamter, der dem Gericht das leicht lädierte Aussehen des Angeklagten damit erklärt, der Beschuldigte sei während des Verhörs wiederholt aufgesprungen und mit dem Kopf mit voller Wucht gegen die Wand gelaufen.
    Jedenfalls beharrte Sergeant Smith unnachgiebig darauf, daß alles an einem Donnerstag geschehen sei, und zwar gegen dreiundzwanzig Uhr fünfzehn, mitten auf der Pool Street, direkt gegenüber der Bushaltestelle. Dieser Typ sei wie aus dem Nichts aufgetaucht, habe Zeter und Mordio geschrien und etwas bei sich getragen, was der Sergeant, der nur über einen begrenzten Wortschatz verfügte, als ein ›verdammt großes Schwert‹ bezeichnete. Natürlich habe er, Sergeant Smith, sich sofort hinter die Bushaltestelle zurückgezogen – »weil man von dort aus einen besseren Überblick hat« – und ganz deutlich beobachtet, wie der Mann über die Pool Street bis zum

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