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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Supermarkt gelaufen und plötzlich stehengeblieben sei, weil er sich irgendeiner Art Riesenreptil gegenübergesehen habe, das von ihm sofort angegriffen worden sei. Im Verlauf des Kampfs seien der Mann und diese merkwürdige Bestie von etwas gepackt worden, das sich aus dem Nichts materialisiert habe – laut Sergeant Smith von einer ›verdammt großen Hand‹. Dann seien sie in die Luft gehoben und auf dem Parkplatz des Weinlokals Bunch of Grapes abgesetzt worden, woraufhin der Asphalt des Parkplatzes in einem unheimlichen grellrosafarbenen Licht zu glühen begonnen habe. Als die Kombattanten den Asphalt berührt hätten, seien große schwarze Buchstaben auf dem Parkplatzbelag erschienen und hätten die Aussage DREIFACHE TREFFERZAHL FÜR AUSSERGEWÖHNLICHE HELDENTAT gebildet.
    Danach habe der Mann dem Reptil den Kopf abgeschlagen, und er, Sergeant Smith, sei in Ohnmacht gefallen.
    Eine nachfolgende Untersuchung des Tatorts dieses angeblichen Vorfalls förderte lediglich drei Autoschlüssel und ein halb vertilgtes Dönerkebab zutage, und bei der einzigen Person, die außer Sergeant Smith behauptete, etwas Ungewöhnliches gesehen zu haben, handelte es sich um einen Stammgast des Weinlokals, für den es allerdings eine Selbstverständlichkeit war, ungewöhnliche Dinge zu sehen. Die Tatsache, daß etwa ein Jahr später ein Großgrundbesitzer aus dem Norden des Landes das Lokal übernommen und es in George and Dragon umbenannt hatte, war von allen als purer Zufall abgetan worden.
    Zufälligerweise dachte Sergeant Smith einmal nicht über diesen schicksalhaften Vorfall nach, als eine Frau die Revierwache betrat, die eine vermißte Person melden wollte.
    »Ich hätte Sie nicht belästigt«, sagte sie, wobei sie sich verstohlen nach hinten umblickte, »aber mein … ehm, mein Mann macht sich immer sehr schnell Sorgen, müssen Sie wissen.«
    »Ach, was Sie nicht sagen«, murmelte der Sergeant und holte bereits im selben Atemzug ein Formular hervor. »Wer wird denn vermißt?«
    »Mein Sohn«, antwortete die Frau.
    »Name?«
    Die Frau dachte kurz nach, dann sagte sie: »Welcher? Meiner oder seiner?«
    »Dann sagen Sie mir doch erst mal Ihren Namen«, schlug der Sergeant vor.
    »Derry. Phyllis Eva Derry.«
     
    »Also gut!« übertönte eine Stimme das wilde Durcheinander. »Jetzt laßt uns endlich Nägel mit Köpfen machen und Ordnung in das Chaos bringen.«
    Die anderen Götter verstanden diese Worte als Aufforderung, sich endlich hinsetzen zu dürfen, und dann redeten wieder alle wild durcheinander. Jupiter schlug mit dem dicken Ende eines Donnerkeils auf den Altar und räusperte sich mit einer Lautstärke, als wären die Alpen auf ein Schlagzeugfell gefallen.
    »Zuerst« – das Wort hallte in der absoluten Stille wider –, »zuerst«, wiederholte Jupiter, diesmal schon sehr viel leiser, »sollten wir feststellen, wer ihn als letztes gesehen hat.«
    Apollo stand ängstlich auf und hielt mit zittrigen Fingern einen Zettel hoch. »Ich habe versucht, seine letzten Taten zu rekonstruieren«, sagte er. »Soweit ich herausfinden konnte, hat ihn sein Fahrer bis zur Hütte der Hexe gebracht. Dort hat er das Schwert von … von …« Apollo warf einen Blick auf seine Notizen. »… von Glykerion mitgenommen und damit der erymanthischen … ehm … Hydra den Kopf abgeschlagen. Dann ist er weitermarschiert, um sein Schicksal zu suchen.« Er hielt verunsichert inne.
    »Und dann?« hakte Jupiter ungeduldig nach. »Danach ist er ja wohl der Straße der Tugend gefolgt, oder?«
    »Nun ja, eigentlich nicht so ganz«, murmelte Apollo verlegen.
    Jupiter runzelte die Stirn, wobei sich die buschigen Augenbrauen zu einem dichten Regenwald verbanden. »Wie meinst du das?«
    »Genaugenommen hat er das nicht getan … ganz und gar nicht sogar«, stammelte Apollo.
    »Willst du etwa damit sagen, er ist der Straße von Luxus gefolgt?« bohrte Jupiter nach. Die anderen Götter hatten das Gefühl, daß sich der alte Narr unter diesen Umständen erstaunlich gut im Griff hatte, trotzdem kamen sie nicht umhin festzustellen, daß es unten auf der Erde heftig zu regnen begonnen hatte. »Ich nehme an, das hat etwas mit dieser neumodischen Scheiße vom freien Willen zu tun, auf die alle immer so scharf sind. Trotzdem werden wir …«
    »Er ist der Straße mit dem Hinweis Umleitung gefolgt«, unterbrach ihn Apollo mit leiser Stimme.
    »Wie bitte?«
    »Umleitung«, flüsterte Apollo.
    Für eine ganze Weile herrschte eine solch intensive Stille, daß die

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