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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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ihr seht ja, wo mich das hingeführt hat. Hört zu, es war wirklich nett von euch, vorbeigeschaut zu haben, aber vielleicht sollten wir ab jetzt lieber wieder getrennte Wege gehen und …«
    »Wir sind nur die Sprecher«, unterbrach ihn der Hund.
    »Die Beller.«
    »Die Sprecher der Gedanken in deinem Kopf«, korrigierte ihn der Hund. »Du hast uns gerufen, und da sind wir.«
    Jason öffnete den Mund und schloß ihn wieder, während er darauf wartete, daß durch das verstopfte Filterpapier seines Gehirns wenigstens ein paar Wörter hindurchtröpfelten. Etwas später fragte er: »Ihr seid was?«
    »Wir sprechen das laut aus, was der jeweilige Gedanke in deinem Kopf sagen würde, wenn er reden könnte«, klärte der Hund ihn auf.
    »Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Willst du damit sagen, daß ich tatsächlich diesen ganzen Schwachsinn denke?«
    »Nein.«
    Jason gab ein kaum hörbares Wimmern von sich. »O bitte, sei nicht so gemein! Ich werde mit solch einem Quatsch nur fertig, solange ich noch folgen kann. Ich habe das so verstanden, daß du mir gerade gesagt hast …«
    »Der Gedanke bist nicht du«, unterbrach ihn der Hund. »Der Gedanke bin ich. Bis vor kurzem habe ich zu dir in der Stille deines Verstandes gesprochen. Hier rede ich mit dir durch den Hund.«
    »Warum?«
    »Warum nicht?«
    Erneut trat ein langes Schweigen ein.
    »Was ist mit dir?« erkundigte sich der Hund schließlich. »Eben bist du doch noch ganz gut in Fahrt gewesen.«
    Halt’s Maul! fluchte Jason im stillen. Genug ist genug.
    Er nahm eine sorgfältige Berechnung der Position vom hinteren Ende des Hundes vor und trat kräftig zu. Es ertönte ein dreifaches Jaulen, und Jason selbst verspürte einen stechenden Schmerz im Hinterkopf, was ihm allerdings ziemlich egal war, denn er fühlte sich jetzt sehr viel besser.
    »Aua!« schrie der Hund.
    »Geschieht dir ganz recht«, sagte er. »Das mußte ja so kommen.«
    »Kannst du denn nicht mal einen Spaß verstehen?« jaulte der Hund.
    »Nein!«
    Der Hund knurrte bedrohlich – und war da nicht ein ganz schwacher Atem, den Jason im Nacken verspürte?
    »Würde es dir etwas ausmachen, das noch mal zu wiederholen?« wollte einer der Hundeköpfe wissen.
    »Warum sollte ich?«
    »Weil das unter diesen Umständen nicht gerade das Gescheiteste war, was du in deinem Leben gesagt hast. Das ist alles«, fauchte ein anderer Kopf.
    »Na und?« knurrte Jason zurück. »Wenn du mich fragst, hilft einem der Verstand manchmal auch nicht mehr weiter, und in solch einer Situation ziehe ich sinnlose Gewalt vor.«
    »Um Himmels willen, red nicht so laut!« flüsterten alle drei Stimmen (allerdings nicht gleichzeitig). »Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, Drohungen auszustoßen.«
    Jason schüttelte den Kopf. »Das ist mir doch schnuppe. Ich habe die Schnauze voll und will nach Hause. Wenn das nicht möglich ist, erwarte ich eine Erklärung. Die letzte Möglichkeit, auf die ich zurückgreifen möchte, ist ein zu Hackfleisch verarbeiteter Hund. Aber vielleicht können wir das ja auch friedlich miteinander regeln, wenn wir uns Mühe geben.«
    »Du willst eine Erklärung?«
    »Ja.«
    »Dann sollst du sie haben.«
    Jason wurde plötzlich völlig still, als hätte jemand bei ihm den Stecker herausgezogen. »Hast du etwas gesagt?« fragte er den Hund.
    »Nein«, flüsterten drei höchst aufgeregte Hundeköpfe.
    »Irgend jemand hat aber was gesagt.«
    »Das wissen wir.«
    »Und wer?«
    »Wau.«
    »Wau?«
    Dann nahm Jason ein merkwürdiges Gefühl im Hinterkopf wahr, das er nicht als Gefühlsregung empfand, sondern vielmehr als ein schweres Gewicht, das im Halbkreis hin- und herschwang und den Kopf jedesmal mit sich nahm.
    »Komm hierher!« befahl die Dunkelheit. Doch ein winziger Funke Mut sprühte zwischen den wenigen Berührungspunkten, die von Jasons Persönlichkeit übriggeblieben waren, und er blieb dort stehen, wo er war. Todesangst, das Ungewisse, die Finsternis und der Teufel waren das eine, schlechte Manieren etwas anderes.
    »Nur wenn du das Licht anmachst«, antwortete er schließlich.
    Die Dunkelheit lachte. »Bist du dir sicher?«
    »Klar.«
    Und es ward Licht.

 
     
    Auf dem Weg nach oben wurde Vergil von einem langhaarigen alten Mann mit langen Fingernägeln angehalten, den er sofort erkannte. Er erschauderte und gab sich alle Mühe, wie jemand anderes auszusehen.
    »Entschuldigung, aber ist Ihnen vielleicht ein Hund begegnet?« erkundigte sich Pluto höflich bei ihm.
    »Schon oft sogar«, antwortete Vergil.

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