Liebling der Götter
ein – übers Leben und über Enttäuschungen und auch darüber, sich mit der Realität abzufinden; und nicht zu vergessen, daß letzten Endes der einzig wirklich sinnvolle Weg, mit Leuten klarzukommen, darin liegt, ihnen anständig die Fresse zu polieren. O ja, für einen Grünschnabel macht er sich prächtig.«
»Mal was anderes, Geli. Eigentlich wollte ich dich nicht damit belästigen, aber der Adler sagt, daß sich eine ganz gewisse Person mit einer anderen ganz gewissen Person getroffen hat, und …«
Gelos runzelte die Stirn; Telepathie an sich ist schon ohne kindische Geheimniskrämerei schwer genug zu verstehen. »Was denkst du da?«
»J-U-P-I-T-E-R«, buchstabierte Prometheus in gedachtem Flüsterton, »hat sich mit P-H-Y-L-L …«
»Schon gut. Ich glaube, ich weiß jetzt, worauf du hinauswillst. Irgendwelche Probleme?«
»Vielleicht. Weißt du, wir haben uns ausschließlich auf die Tatsache konzentriert, daß Jupit … daß Du-weißt-schon-wer der Vater von dem Jungen ist, und dabei womöglich die andere Seite der Gleichung ein wenig vernachlässigt.«
»Findest du? Ich halte sie eigentlich für eine ganz nette Frau, aber wenn du …«
»Ich will damit nur sagen, daß …« Plötzlich unterbrach Prometheus seine Gedanken. »Au Mist! Da kommt jemand. Ich melde mich lieber später zurück. Tschüs.«
Ein langer Schatten breitete sich vor Prometheus’ Gesicht aus, und irgendwo über ihm sprach eine Stimme.
»Verräter!« sagte die Stimme.
Prometheus drehte den Hals so weit herum, bis er ein Paar goldene Sandalen sehen konnte, auf denen das Monogramm PA aufgestickt war, das, wie er wußte, für Phöbus Apollo stand. Die Buchstaben waren das Relikt eines folgenschweren Sponsorenvertrags zwischen einer großen, international operierenden Sportausrüstungsfirma und dem fotogensten männlichen Olympier – folgenschwer deshalb, weil Jupiter etwas entschieden dagegen gehabt hatte, daß einer seiner Familienangehörigen als ganzseitiger Vierfarbdruck auf der letzten Seite der Sonntagsbeilagen aufgetaucht war, und seinen ganzen Zorn gegen die betreffende Firma gerichtet hatte, indem sämtliche Mitarbeiter von ihm in Eidechsen verwandelt worden waren.
»Hallo, Apo«, begrüßte ihn Prometheus. »Ich böte dir ja gern etwas zu trinken an, aber im Augenblick bin ich leider etwas zu sehr an die Arbeit gefesselt. Vielleicht schaust du später noch mal vorbei.«
»Verräter«, wiederholte Apollo; allerdings weniger aus einer tiefen Überzeugung heraus, sondern vielmehr deshalb, weil ihm die Situation peinlich war und ihm einfach nichts Besseres einfiel. Völlig inoffiziell und auch nur außerhalb der Reichweite von Jupiters mentalem Radarnetz hatte er die Prometheus zuteil gewordene Behandlung schon immer nicht nur als ungerecht, sondern auch als völlig unklug erachtet. Im Gegensatz zu den anderen Göttern war Prometheus sehr gescheit – wenn nicht sogar weise –, und bestimmt war es nur eine Frage der Zeit, bis er durch einen genialen Einfall dem Ansehen der Götter einen derartigen Schlag versetzen würde, daß sie danach bereits Probleme damit haben könnten, auf Kinderfesten Zaubertricks vorführen zu dürfen.
»Findest du das wirklich?« erkundigte sich Prometheus mit ruhiger Stimme.
»Ja.«
»Oje, das tut mir leid, Apo. Aber ich tue nur das, was ich für richtig halte.«
»Ich nicht.«
»Du mußt schon entschuldigen, aber ich hatte völlig vergessen, daß du ein Gott bist und dir um solche Dinge keine Gedanken machen mußt.«
»Willst du damit irgend etwas andeuten?«
Prometheus kicherte. »Ich deute grundsätzlich nichts an, jedenfalls heutzutage nicht mehr. Als ich jünger war, habe ich hin und wieder irgendwelche Andeutungen gemacht, aber in meinem Alter reicht es mir, mich auf direkte Unterstellungen zu beschränken, und deshalb sage ich gewöhnlich das, was ich mir denke.«
»Soll das etwa heißen …?«
»Das heißt, daß du als Gott tun und lassen kannst, was du willst, da du keinerlei Bestrafung zu fürchten hast. Göttliche Allmacht nennt man das doch, oder?«
Apollo gab sich Mühe, möglichst ernst dreinzublicken, wobei in seinen Augen hellblaue Flammen funkelten. »Richtig, göttliche Allmacht.«
»Wieso kannst du dir dann eigentlich keinen neuen Wagen leisten?« erkundigte sich Prometheus neugierig.
Diese Frage traf Apollo völlig überraschend, als hätte er gerade ein hartgekochtes Ei geköpft, in dem ein Küken sitzt, das ihn fröhlich piepsend anblickt. »Was hast du eben
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