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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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ich …«
    »Wohingegen du mittlerweile gar keinen Grund mehr hast, das Bett zu verlassen, stimmt’s? Du könntest den ganzen Tag lang schlafen, ohne daß irgend jemand etwas merken oder sich gar dran stören würde. Wenn man sich so was unter einem ewigwährenden Leben vorstellt, dann …«
    »Prometheus!«
    »Ach, ich habe ja völlig vergessen, daß du möglicherweise gar nicht dazu kommst, zur Sonne zu fahren oder die inständigen Bitten von Städten zu erhören, weil du für den großen J. kleine Botengänge erledigen mußt. Und natürlich auch für Minerva; ich nehme an, sie hält dich ganz schön auf Trab, wie?«
    »Das ist doch …«
    »Schon merkwürdig, wie sie dich herumkommandieren kann, obwohl genaugenommen du derjenige bist, der … Na ja, eigentlich geht mich das ja nichts an. Du mußt schon entschuldigen, aber ich habe nur noch selten Gelegenheit, mich mal mit jemandem zu unterhalten, höchstens mal mit dem Adler. Hast du den Adler eigentlich schon mal kennengelernt? Nettes Mädchen – er ist nämlich eine Sie, mußt du wissen. Ehrlich gesagt, sogar mehr eine Sie als ein Adler.«
    Apollo fragte Prometheus unwillkürlich, was er eigentlich damit genau sagen wolle.
    »Hast du das nicht gewußt?« antwortete der Titan. »Ich dachte immer, man hat es dir längst erzählt – wie komisch. Ja, der Adler ist in Wirklichkeit überhaupt kein Adl er , nicht mal eine Adl sie .«
    »Was ist er dann?«
    »Sie«, korrigierte ihn Prometheus. »In Wahrheit ist sie eine Waldnymphe namens Rosselenkerin. Ein hübscher Name, findest du nicht? Jupiter hat sie zur Strafe in einen Adler verwandelt.«
    »Und weshalb?«
    »Wegen Unfreundlichkeit«, antwortete Prometheus. »Jupiter mag es nun mal lieber, wenn seine Waldnymphen immer hübsch freundlich sind. Im Gegensatz zu Juno, ihr gefällt es, wenn Jupiters Waldnymphen schön giftig sind. Deshalb gibt es heutzutage ja auch kaum noch welche, da Jupiter sie verzaubert, wenn sie nicht artig sind, und Juno sie verzaubert, wenn sie’s doch sind. Doch steht es mir nicht zu, mich über die moralischen Grundsätze meiner Vorgesetzten zu äußern. Aber welchen Botengang mußt du denn diesmal für sie erledigen?«
    Apollo suchte verzweifelt nach den passenden Worten und stieß schließlich auf eine Redewendung, mit der Minerva ihn ausgestattet hatte. »Ich bin ausgesandt worden, um einen Verräter zu bestrafen.«
    »Ach, wirklich?«
    »Ja.«
    »Jemanden, den ich kenne?«
    »Ja.«
    »Verrätst du mir den Namen, oder handelt es sich dabei um ein Geheimnis?«
    Apollo knirschte entsetzlich mit den Zähnen. »Na, dann rat doch mal.«
    »O nein, so was tue ich nicht. Was Raten angeht, bin ich ein hoffnungsloser Fall. Erinnerst du dich noch an diese Ratespiele, die wir beide immer zusammen gemacht haben, als du noch ein Kind warst?«
    Apollo erinnerte sich sehr gut daran; er hatte das Pech gehabt, eins von diesen etwas pummeligen, ewig quengelnden Kindern gewesen zu sein, die sofort in Tränen ausbrechen, wenn sie mal getadelt werden. Jedenfalls war der Titan der einzige Erwachsene gewesen, der sich hin und wieder mit ihm abgegeben hatte. »Nein«, log er.
    »Ach, wirklich nicht? Na, macht nichts. Genauso sagt man ja auch, daß Allwissenheit noch lange nicht davor schützt, hin und wieder einen Geburtstag zu vergessen, nicht wahr?«
    Apollo fiel plötzlich ein, daß Prometheus’ heute Geburtstag hatte; seinen fünf Millionen und fünften. Nun sind Götter diesbezüglich sehr empfindlich, und das Phänomen, das die Sterblichen als die Milchstraße kennen, ist in Wirklichkeit die Reflexion im Raum-Zeit-Kontinuum der sieben Millionen Kerzen auf Jupiters Geburtstagstorte. Deshalb war es nicht verwunderlich, daß Apollos durchaus weichem Herzen dadurch ein Stich versetzt wurde, insbesondere als er aus den Winkeln seiner allwissenden Augen heraus eine auf einem nahen Felsen stehende Milchflasche entdeckte, in der ein Löwenzahn steckte. Daneben befand sich eine schlichte Postkarte, auf der mit Buntstiften Härzlichen Glügwunsch zum Geburztag Proletäus. Von deinem Atlär gekritzelt stand. Aus einem himmelblauen Auge rann sogar eine Träne, bis die Hitze seines Blicks sie zu einer winzigen Salzablagerung verdunsten ließ.
    »Also gut, ich …«, stammelte er, wobei er den Kloß im Hals kaum unterdrücken konnte, »… ich, also wenn du es unbedingt wissen willst, ich bin auf die Erde geschickt worden, um dich zu bestrafen.«
    »Ach ja? Warum denn das?«
    »Wegen Umsturzanstachelung von

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